Kapitel 19

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Na toll. Das musste natürlich sein, dass er mich zum Tanz aufforderte.

Ich konnte nicht tanzen. Aber wo hätte ich es auch lernen können?

Abgesehen davon widersprach diese Art von Bewegung absolut meiner Natur. Ich war eine Kämpferin. Und das meinte ich nicht im poetischen Sinne. Ich konnte kämpfen, wie es kaum einer im Land konnte. Jede Waffe wurde zur Verlängerung meiner Arme und somit zu einem tödlichen Unterfangen für jeden meiner Gegner.

Zwar ähnelte mein Kampfstil dem eines Tanzes, doch es war immer noch ein brutaler und blutiger Tanz, der nichts mit den Bewegungen eines richtigen Tanzes zu tun hatte. Eleganz und Anmut waren einfach nicht meine Art.

>>Bekomme ich noch eine Antwort von dir oder muss ich dich entführen?<<, scherzte der Prinz und zwinkerte mir belustigt zu.

Ich ignorierte seinen Charme und konzentriert mich ganz auf mein kleines Problem. Schließlich kam ich zu dem Schluss, dass es kein Ausweg aus dieser Lage gab - jedenfalls keiner der mir einfiel - , weshalb ich widerwillig seine Hand ergriff und aufstand.

>>Na geht doch.<<, flüsterte Kijan mit einem charismatischen Lächeln, als ich nur wenige Zentimeter vor ihm stand.

So nah mit meinem Gesicht an seinem, fiel es mir nicht gerade leicht, mich seiner attraktiven Erscheinung und seinen Flirts zu entziehen.

Für einen Moment gehorchte mir mein Körper nicht und meine Mundwinkel wanderten ungewollt nach oben.

Kijan grinste noch breiter. >>Ah das ist es ja. Wirklich wunderschön. Du solltest öfter lächeln.<<, sagte er leise, sodass nur ich es hören konnte. Sanft nahm er eine meiner Haarsträhnen zwischen die Finger und betrachtete sie, während er sie langsam um sein Finger wickelte. Stumm beobachtete ich sein Gesicht und mein dummes, törichtes Herz konnte nicht anders als ein wenig schneller zu schlagen. Seine dunklen Augen wanderten von meiner Haarsträhne über mein Gesicht und sahen schließlich unverwandt in die meinen.

Langsam strich er die verirrte Haarsträhne wieder hinter mein Ohr und fuhr anschließend sacht mit dem Daumen über meine Wange.

Ich erstarrte und mein Lächeln verschwand augenblicklich. Doch nicht weil mein rationaler Verstand wieder die Kontrolle über mein Körper und meine Gefühle hatte - nein, die waren immer noch vollständig von ihm eingenommen - sondern weil ich eine Bewegung direkt hinter ihm ausmachte.

Einer der Bediensteten, die zu mehreren an den Wänden standen und auf ihre Anweisungen warteten, ließ seine Hand unter seinem Hemdsärmel wandern und blitzend kam die Klinge eines Dolches hervor. Niemand schien es zu bemerken.

Der Bedienstete zog ihn vollständig heraus und war dabei, die geringe Distanz, die ihm von dem Prinzen trennte, mit erhobenen Dolch zu überbrücken.

Sofort schalteten sich meine Kampfreflexe ein und ich drehte mich blitzschnell um. Ich packte das erstbeste Messer vom Esstisch, fuhr sofort wieder herum und schleuderte es gezielt auf den Angreifer.

Funkelnd drehte es um sich selbst, während es um Haaresbreite an Kijans Ohr vorbeiflog und sich schließlich mit der Klinge voran zwischen die Augen des Attentäters bohrte. Seine Augäpfel drehten sich nach oben und er fiel nach hinten.

Bevor auch nur der erste Angstschrei einer der adligen Frauen ertönte, lag der Mann auch schon tot am Boden.

Erst mehrere Sekunden später kamen die Wachen angestürmt. Eine Handvoll stellten sich schützend um die Königsfamilie, was - wie ich erst als man mich auch in den Schutzkreis drängte - auch mich mit einbeschloss.

Kanisha rannte zu Kijan und klammerte sich an seine Seite. Tränen liefen ihr über die Wangen, doch sie brachte kein Ton heraus. Offenbar hatte sie schon gelernt, in der Öffentlichkeit nicht zu stark ihre Gefühle zu zeigen.

Atlas - Die Geschichte einer Diebin, die Prinzessin wurde *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt