Kapitel 36

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Nach der Krönung hatte noch ein Festessen mit anschließenden Tanz im großen Saal stattgefunden. Doch weder Kanisha, noch Kijan hatten die Tanzfläche betreten. Die Feierlichkeiten hatten bis spät in die Nacht gedauert und als es schließlich vorbei gewesen war, hatte ich die Erleichterung deutlich Kijan und seiner Schwester angesehen. Kanisha war so müde gewesen, dass Kijan ihren Zofen sofort aufgetragen hatte, sie ins Bett zu bringen. Abgesehen von dem ganzen Drumherum, der stattgefunden hatte, war Trauern schon anstrengend genug.

Ich war gerade in meinen Gemächern angekommen und Anjuli hatte mich schon fast vollständig entkleidet, als es an der Haupttüre zu meinen Gemächern klopfte. Dayana eilte aus dem Ankleidezimmer und ging zur Tür.

»Es ist der Sultan. Er wünscht dich zu sehen. Soll ich ihn hereinlassen? Er hat noch einmal betont, dass er nur hereinkommt, wenn du es wünschst.«, berichtete Dayana als sie zurückkehrte.

Ich seufzte. Auch ich war müde, aber ich durfte ihn nicht immer von mir stoßen, wenn ich meinen Plan umsetzen wollte. »Na schön, lass ihn herein. Und sobald ihr mich für die Nachtruhe fertig gemacht habt, dürft ihr gehen.«, antwortete ich resigniert.

Dayana nickte und verließ den Raum wieder.

Ich hörte, wie sie ihm die Tür öffnete und ihm mitteilte, dass ich mich noch umzog und dass er so lange im Schlafzimmer warten könnte. Ich verdrehte die Augen. Typisch. Anstatt, dass sie ihn bat im kleinen Salon zu warten, verfrachtete sie Kijan gleich ins Schlafzimmer.

Dayana war der Ansicht, dass dem Sultan einen Thronfolger zu schenken, die einzige Absicherung war, mein Leben zu behalten, sollte ich auffliegen. Es ging ihr jedoch vorrangig nicht um mein Leben, wie sie mir kürzlich noch einmal ausdrücklich mitgeteilt hatte, sondern auch um das ihre und das der anderen Zofen. Immerhin würden sie auch gehängt werden, wenn alles ans Licht kommen würde.

Kaum hatte Lissa mir den himmelblauen, seidenen Morgenmantel über die Schultern gelegt, machten sich Shadias Zofen auch schon aus dem Staub. Dayana warf mir noch einen vielsagenden Blick zu und wackelte mit den Augenbrauen. Ich machte eine scheuchende Handbewegung, woraufhin sie grinste.



Ich atmete noch einmal tief ein und aus und setzte eine weniger griesgrämige Miene auf, bevor ich in mein Gemach ging. Als ich das von Kerzenlicht erhellte Zimmer betrat, bot sich mir ein ungewöhnliches Bild. Kijan, der sonst immer förmlich gekleidet war - abgesehen vor den wenigen Malen, in denen er nackt neben mir gelegen hatte - trug eine ebenfalls seidene Schlafanzughose und goldene Pantoffeln. Seine Haare waren zerzaust und erst jetzt fielen mir die dunklen Ringe unter seinen Augen auf. Er lag mit dem Rücken quer auf meinem Bett und starrte gedankenverloren an die Decke. Die definierten, achtreihigen Bauchmuskeln bewegten sich leicht beim Heben und Senken seines Brustkorbs unter der im Kerzenlicht bronzen schimmernden Haut.

Als er mich bemerkte, sprang er blitzschnell auf und wollte zu mir geeilt kommen. Scheinbar überlegte er es sich im letzten Moment anders und blieb abrupt, mit einigen Armlängen Abstand, vor mir stehen. Unsicher fuhr er sich durch die Haare, sodass diese noch mehr in allen Richtungen abstanden. Dabei rutschte der Ärmel seines lockeren Hemdes herunter und gab den Blick auf seine Armmuskeln frei.

Geflissentlich ignorierte ich dies, ging um ihn herum und setzte mich auf die Bettkante. »Also, was gibt es?«, fragte ich ohne ihn anzublicken, während ich eine der Kerzen auf dem Nachttisch löschte.

Ich bemerkte sein Zögern, doch dann setzte er sich schließlich an meine Seite. »Nun... Ich... möchte heute Nacht nicht alleine sein.«, flüsterte er und sah auf seine Hände. Ich merkte deutlich, dass es ihm einiges an Überwindung kostete und er sich nicht gerne so verletzlich zeigte. Mir war auch klar, dass er es nicht im sexuellen Sinne meinte.

Atlas - Die Geschichte einer Diebin, die Prinzessin wurde *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt