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Tyler

Ich hatte seit unserem Aufbruch nichts gesagt. Josh saß am Steuer seines alten Wagens, das Radio säuselte vor sich hin. Die Sonne verschwand langsam hinter den Dächern, Regen prasselte auf das Autodach. Mein Gesicht hatte ich von ihm abgewendet, horchte der leisen Melodie.

Die Worte des Arztes verfolgten mich. Es ist noch nichts verloren. Ja klar. Ich hatte mich gestern Abend über Lungenkrebs schlau gemacht. Die vorgeschlagene Chemotherapie würde in meinem Fall die Krankheit nur herauszögern.

Meine Augen verfolgten einen Regentropfen welcher an der kühlen Fensterscheibe nach unten wanderte. Wir bogen nach links ab. Die Sporthalle war noch ein paar Kilometer entfernt. Josh blickte mich kurz aus dem Augenwinkel heraus an. Anscheinend dachte auch er über etwas nach. Eine unangenehme Spannung war zwischen uns entstanden. Warum war es auf einmal so schweigsam und ruhig? Bei unserer Hinfahrt hatten wir uns Witze erzählt und dumme Geschichten preisgeben.

"Josh?" Meine Stimme wirkte wie Musik in seinen Ohren. Aufmerksam hob er den Kopf an, seine braunen Augen auf die Straße gerichtet. Als er mir mit einem Grinsen stumm antwortete sprach ich weiter. "Könntest du die Musik vielleicht lauter machen?"

Nicht ganz das was Josh sich wohl erhofft hatte. "Ehm, ja klar." Mit seinen rauen Fingern drehte er an dem Lautstärkeregler. "Ist das so okay?" "Ja. Danke." Die ruhige Stimme von Macklemore entwisch der alten Anlage. Als der Refrain des Liedes 'Same Love' einsetzte fing ich schlagartig an mitzusingen. Zunächst war ich noch ziemlich leise doch mit jedem Wort wurde meine Stimme lauter und kräftiger. Spürte wie ich Selbstsicherer wurde.

"Oh Tyler das war klasse!" Lobte mich der Fahrer, klatschte mir mit seiner rechten Hand auf meinen linken Oberschenkel. Sofort bekam ich eine Gänsehaut, eine Hitzewelle zog sich über mein, nun purpurrotes, Gesicht. Grinste ihn glücklich an. "Danke Josh."

Wir hielten auf einem der freien Parkplätze welche sich hinter der großen Halle befanden. Der schnurrende Motor verstummte als Josh den Schlüssel zog. "Singst du eigentlich oft?" Sollte ich es ihm erzählen? Schließlich wissen es eh schon alle. Nickte. "Ich schreibe auch eigene Songs. Wenn du willst kannst du ja mal vorbeikommen dann spiel ich dir ein paar meiner Werke vor." Gott warum hatte ich das gerade gesagt? Wie ein kleines Kind klatschte er aufgeregt in die Hände. Fingen im Chor an zu lachen. "Komm Jish, gehen wir mal rein und schauen was die anderen so machen."

"Jish?" Erst jetzt hatte er seinen Spitznamen wahrgenommen. Gemeinsam standen wir vor den verschlossenen Türen. Coach Lester sowie meine Teamkollegen würden erst in zehn Minuten kommen. Das Spiel begann sowieso erst in einer Stunde. "Ja. Wenn du mich Ty nennen darfst dann darf ich dich ja wohl Jish nennen", alberte ich herum, zerzauste daraufhin sein feuchtes, pinkfarbenes Haar. Ihm entwich ein glucksendes 'der Spitzname gefällt mir'. Als ich von ihm abließ atmete Josh tief ein. Mit seinem Fuß scherte er auf dem Boden hin und her. "Dieses Lied, Sam Love, hat es eine Bedeutung für dich?" Meine Hände wurden zu Fäusten, konnte ihn nicht anschauen. Mein Magen verkrampfte. "Josh, du solltest wissen das ich-"

"Tyler!" Mit voller Wucht rannte ein glücklicher Brendon auf mich zu, umarmte mich und brachte mich somit im richtig Moment zum schweigen. Verdrehte gespielt meine Augen. Äffte ihm nach. "Brendon!"
"Warum hast du mir nicht geschrieben das du heute spielst? Frank und Gerard hatten schon Angst ihren besten Teamkollegen nicht mit auf dem Feld zu haben." Josh hatte sich weiter nach links gestellt, tippte auf seinem Handy herum. "Ich hab's irgendwie nicht geschafft dir zu antworten, war den ganzen Tag beschäftigt. Tut mir leid." Brendons Augen glitten zu Josh anschließend wieder zu mir. Grinste mich verlegen an. "Bei ihm wäre ich auch eine ganze Weile beschäftigt."

Meine Pupillen verkleinerten sich. Das hatte er nicht wirklich gesagt. Meine Augen blickten ihn geschockt an. Ich wollte doch nichts von Josh. Ich durfte einfach nichts von ihm wollen. Ein Abschied wäre für uns beide am Ende noch unerträglicher. "Verdammt Brendon!" Mein gegenüber konnte sein Gelächter nichtmehr zurückhalten. Es klang als hätte er fünf Bier und sieben Shots intus. Verzweifelt blickte ich zu Josh. Er eilte ohne weiters zu uns, stellte sich neben Brendon, welcher nach Luft schnappte. Verdammt war das peinlich.

"Du wolltest mir noch was erzählen." Josh stand grinsend vor mir, ich ihm gegenüber, mit dem Rücken zur Wand. Die anderen waren schon in der Kabine und zogen sich um. Wir hatten noch 45 Minuten bis zum Anpfiff. Meine Finger streiften den kalten Stein. "Ach ja also ich- du solltest wissen, dass ich auf Typen stehe. Josh, ich bin schwul. Wenn du damit ein Problem hast dann sag es mir bitte jetzt."Seine Reaktion verwunderte mich.

Er hatte mich in den Arm genommen, löste sich langsam von mir. Hatte seinen ruhigen Herzschlag wahrgenommen, vernahm seinen Duft an mir. Gott roch das gut. Daran könnte ich mich gewöhnen. "Ich hab kein Problem damit. Ich find das klasse."

I will not kiss you-Joshler (German)Where stories live. Discover now