28.

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Tyler

Aufgelöst rollte ich in das, mir so bekannte, kleine Wohnzimmer. Es hatte mich Jahre lang nicht interessiert und jetzt bekam ich schon von dem ersten Anblick der Couch Tränen in den Augen. Ich kam mit dem Gedanken nicht mehr so lange wie erhofft zu leben, einfach nicht klar. Einfach loszulassen, auf Wiedersehen zu sagen. Für immer.

"Tyler Schatz, wo ist dein Freund?"

Marie hatte sich verwundert zu mir nach unten gebeugt, hielt mir das gewünschte Wasserglas unter die Nase. Schnappte es mir mit kalten, zitternden Fingern und nahm einen langen Schluck. Auf die Frage meiner Tante wollte ich nur ungern drauf eingehen. Blickte sie unglücklich an als sie es wagte sich nochmals zu wiederholen. Wendete mich ohne weiteres wieder von ihr ab.

"Was wollt ihr eigentlich mit meinem Zimmer machen, wenn ich nicht mehr da bin?" Versuchte das Thema zu wechseln. Meine Schwester zuckte traurig mit den Schultern, mein Vater blieb ruhig vor mir stehen. "Wir werden gar nichts damit machen. Tyler! Wie kommst du überhaupt auf so eine Frage?"

Meine trüben Augen wanderten langsam zu dem kleinen Wecker welcher neben meinem Bett stand. 23:28 Uhr. Rieb mir mit meinen Handflächen über meine brennenden Augenlider. Kleine Tränen kullerten auf das weiße, bequeme Kopfkissen. Biss mir wutentbrannt auf die Unterlippe. Warum hatte ich Josh nur weggeschickt? Den ganzen Mittag lang hatte ich mir in der Gegenwart meiner Familie nichts anmerken lassen doch jetzt, mit dem Einzug der Dunkelheit, schwappten meine Gefühle einfach über.

Drehte mich genervt auf meine linke Seite. Eigentlich sollte ich mich ausruhen und schlafen doch noch immer ging er mir nicht aus dem Kopf. Der Mond strahlte kräftig durch die dicke Fensterscheibe. Beobachtete die schwache Blume, welche seelenruhig in ihrem Topf verharrte. Ihr Kopf hing entkräftet und trostlos nach unten. Sie spiegelte meine Emotionen und Empfindungen ziemlich gut wieder. Spürte wie mir warme Tränen über die bleichen Wangen kullerten. Schluchzte laut auf.

Warum musste ich Josh unbedingt von mir wegstoßen? Warum hatte ich ihn nur weggeschickt? Presste meine Handflächen auf meine geröteten Augenlider.

Eine weitere Drehung. Dieses Mal  auf meinen Rücken. Setzte mich langsam auf. Fuhr erschrocken zusammen als ich einen leises Geräusch von meinem geschlossen Fenster aus wahrnahm. Kniff meine Augen verwirrt zusammen, legte meine bleiche Stirn in Falten.

Dort- ein erneutes leises knallen. Warf jemand etwas gegen die dünne Glasscheibe? Ließ mich vorsichtig in meinen Rollstuhl plumpsen. Die Räder waren eiskalt als ich meine feinen Fingerspitzen langsam über das Gummi streifen ließ.  Rollte mich mit vollem Körpereinsatz zu der Geräuschquelle. "Was zum-?!"

Öffnete das Fenster und lehnte mich leicht nach außen. Spürte wie ein kleiner Kieselstein gegen meine Stirn geschmissen wurde. Grinste in die dunkle Nacht hinein. Versuchte so leise wie möglich ein 'ich bin doch schon da' nach unten zu schreien. Eine dunkelgekleidete Person stand unter der grell leuchtenden Straßenlaterne. Hielt einen Blumenstrauß und Luftballons in den Händen. Wusste sofort wer was von mir wollte.

"Tyler!" "Josh? Was willst du denn um diese Uhrzeit noch von mir? Hat das nicht noch bis morgen Zeit?" Meine Stimme wirkte rau und harsch. Klang wütender als ich es eigentlich wollte. Sofort bereute ich meine Aussage. Wischte mir unauffällig die letzten Tränen von den nun geröteten Wangen.

"Ty es tut mir so unendlich Leid. Ich hätte dir das nicht vorbehalten sollen, schließlich geht es ja um dich und deine Gesundheit." Er stockte kurz. Erkannte wie er anfing durch den leichten, dennoch kalten, Wind zu zittern. "Du bist alles was ich hab. Du machst mein Leben zu etwas Besonderem und deshalb möchte ich dich nicht verlieren. Ich bitte dich nicht, dass du mir vergibst. Von mir aus können wir auch nur wieder so Freunde sein, ohne eine feste Beziehung. Ich möchte nur an deiner Seite sein, jeden Tag und jede Stunde mit dir verbringen."

Wusste nicht was ich sagen soll. Sekunden strichen vorbei, die Stille unangenehm und drückend. Der Blauhaarige wollte sich gerade abwenden da sammelte ich all meinen Mut, den ich um diese Uhrzeit noch besaß.

"Josh! Ich würde mich aber über eine feste Beziehung freuen." Seine Augen blitzten glücklich in der Dunkelheit auf. "Meinst du das wirklich?" Nickte schnell "Natürlich Josh! Und jetzt komm rein, oder du erkältest dich noch!"

I will not kiss you-Joshler (German)Onde histórias criam vida. Descubra agora