Kapitel 17

27 5 6
                                    


Sie stürmen in dunkelgrauen Uniformen auf mich zu, immer schneller, erbarmungslos.

Ich bleibe stehen und warte, denn ich weiß, der Tod rückt näher, immer schneller, erbarmungslos

Sie heben Waffen, schwarz wie der Tod und Bumm, Bumm ...

Ich richte mich auf lausche meinem Herzschlag nach. Für wen schlägt es?

„Alice", ertönt mein Name, ich weiß nicht wer ihn sagt, aber es klingt in wie ein Gebet. Liebevoll. Mein Herz schmerzt. Ich blicke an mich herab und entdecke helles Blut auf dunklem Grau, das sich immer weiter ausbreitet - tödlich rote Flammen auf dem tristen Alltag der Angst.

Bumm, Bumm... zerreißt mein Herzschlag ein letztes Mal die Stille.

Und während es Schwarz um mich herum wird, spüre ich eine federleichte Berührung an meinen Lippen, die leise meinen Namen flüstert.


Das Erste, was ich vernehme sind leise, geschäftige Stimmen und ein beruhigend gleichmäßiges Piepen, das aus allen Richtungen zu kommen scheint.

Das Erste, woran ich denke ist, dass ich nicht tot bin. Ich fühle mich gut und ausgeschlafen. Dann fällt mir ein, dass meine Schwester tot ist.

Und plötzlich bricht alles auf mich ein, die ganze Flut an Erinnerungen und Gefühlen kehrt zurück.

Das Piepsen beschleunigt sich ein wenig, es macht mich nervös.

„Ist alles in Ordnung mit ihr?", ertönt eine besorgte Stimme. Ich bewege mich nicht. Versuche gleichmäßig zu atmen. Ich habe Angst davor die Augen aufzuschlagen, Angst davor ein neues Leben anzunehmen. Mich selbst zu verlieren...

Irgendetwas raschelt neben mir, es kommt näher. Ich kann es nicht sehen, aber ich spüre es dicht neben mir.

Der Drang wird immer stärker, schließlich öffne ich die Augen. Es ist ein Mann in weißen Klamotten, der an einem Beutel herum nestelt, welcher neben meinem Bett hängt. Über mir taucht grelles Licht das Zimmer in stumpfe Farbe. Ich muss kurz blinzeln. Das Licht erinnert mich an die Trakte, aber niemand dort hätte jemals weiß getragen.

Ich weiß auch warum – für einen Ort wie ihn wäre es zu rein

... zu unschuldig gewesen.

„Godric, sieht nur", erklingt eine melodische Stimme und plötzlich schieben sich zwei Gesichter in mein Blickfeld. Sie wirken warm und weich. Ihre Blicke sind besorgt und sanft, als wäre ich das Kostbarste auf der Welt.

„Mama, Papa?", höre mich selbst flüstern und bin verwirrt, wie liebevoll diese Worte aus meinem Mund klingen. Niemals sollten meine Lippen diese Worte so liebkosen. Sie sind der Gegner, sie haben mich weggegeben.

„Ja mein Schatz, wir sind hier. Wie geht es dir?", tönt es tief und beruhigend neben mir und eine große, feste Hand drückt meine.

Ich erinnere mich wieder an den Plan. Ich sollte eigentlich alles vergessen haben und mich erst nach und nach erinnern. Ich bin ein miserabler Spion.

„Wo bin ich?", frage ich vermeintlich verwirrt und versuche mich aufzurichten. Ein höllischer Schmerz schießt durch meine Brust. Das schmerzverzogene Gesicht muss ich nicht spielen.

Entsetzt blicke ich in den Ausschnitt meines Oberteils. Eine hässliche Wunde zieht sich über mein Brustbein und pocht empfindlich bei dieser leichten Bewegung. „Was...", bringe ich nur hervor.

Da haben sie wohl vergessen eine Kleinigkeit zu erwähnen...

Mit Tränen in den Augen lasse ich mich zurück ins Kissen sinken und versuche nicht an das abscheuliche klaffende Ding zu denken, das mich für den Rest meines Lebens an diesen Moment erinnern wird.

Spares - Sag mir wer ich binWhere stories live. Discover now