Kapitel 14

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Er ist bedeutsam. Und gefährlich.

... für mich, wie sich herausstellt.

„Wir haben nicht viele Wahlmöglichkeiten, es ist eine einmalige Chance, die sich uns eröffnet hat", fasst Forton das Gesagte nochmals zusammen.

Wir sitzen im Konferenzraum, er scheint seltsam leer mit so wenigen Menschen die sich am Tischende versammeln.

Menschen und Spares.

Ich weiß nicht mehr, ob eine Unterscheidung nun angebracht ist, ...oder nicht. Kommt wohl auf den Blickwinkel an, denke ich zynisch.

Iven ergreift das Wort, stürmisch, an meiner statt. Ich bin bedenklich still geblieben. „Das ist Wahnsinn. Und jeder hier weiß das!" Er macht eine ausschweifende Handbewegung, die sowohl ihn und mich, als auch Lydia, Joe und Forton mitsamt seinen zwei anwesenden Beratern umfasst.

Mehr braucht es nicht, um meinen Beitrag für die Organisation einzufordern.

„Ein Himmelsfahrtkommando, nicht durchdacht und voller Unwägbarkeiten. Niemand kann sagen wie sie damit verfahren werden", wiederholt Iven mit Nachdruck. „Mein Zwilling ist also schwer krank", versuche ich das Ganze zu rekonstruieren, während sechs irritierte Augenpaare auf mir ruhen. In meinem Kopf wummert es, zu viel gehört, zu wenig verstanden. „Wenn sie nicht operiert wird, stirbt sie. Wenn sie operiert wird, sterbe ich. Sie braucht ein neues Herz. Mein Herz." Es hat sich ein fragender Ton in meine Zusammenfassung geschlichen. Iven nickt stumm, qualvoll. Lydia verzieht genervt das Gesicht. Forton bleibt unbeweglich.

„Und ihr Herz ist so beschädigt, dass sie sehr bald ein neues Organ braucht. Ein Fremder als Spender bringt Risiken mit sich und hätte eine schwierigere Genesung zu Folge. Dann wäre klar, dass es Probleme mit dem Spare gab. Deswegen suchen die Protektoren verzweifelt nach mir. Die Schwierigkeiten in meinem Warehouse sind bis jetzt vertuscht worden und wenn sie mich nicht finden, fliegt alles auf."

„Ihre Familie ist sehr bedeutend, sehr wohlhabend, sehr einflussreich. Sie könnten das gesamte Prinzip der Spares in Frage stellen, zumindest befürchten sie das", erläutert Forton.

Joe, der in der letzen halben Stunde fast so stumm geblieben ist wie ich, meint nachdenklich: „Wieso lassen wir nicht zu, dass genau das passiert? Wenn ihre Tochter nicht geretten werden kann und sie beginnen am Handel der Organspender zu zweifeln, könnten wir eine sehr mächtige Familie als Unterstützung gewinnen."

Mir erscheint es fast, als wolle er eine vermittelnde Lösung finden – zwischen meinem Wohl und dem Interesse der Organisation.

Iven nickt langsam, diesmal optimistisch: „Das könnte klappen."

Natürlich ist es Lydia, die sich zu Wort meldet, um zu widersprechen: „Wir haben Unterstützung, diese eine Familie genügt nicht, egal wie einflussreich." Ihr Blick ist durchdringend: „Sie werden sich nicht öffentlich gegen das System stellen können. Sie können Geld spenden, aber das kriegen wir auch woanders her. Sie können im Untergrund Verbündete anwerben, wichtige Persönlichkeiten ins Vertrauen ziehen. Aber das können wir auch, das tun wir schon seit Jahren, dazu brauchen wir sie nicht. Wir riskieren hier unser Leben, das werden sie niemals tun. Sie werden nicht den Widerstand formieren... das tun letztendlich wir."

Sie hebt den Ton kaum merklich an, verleiht ihren Worten dadurch noch mehr Gewicht: „Sie werden nur ein kleiner Teil sein, nützlich, aber nicht unverzichtbar. Was wir aber wirklich brauchen sind Informationen. Bedeutende Informationen. Aus erster Hand, unverfälscht, von einer vertrauenswürdigen Quelle."

Fast bin ich schockiert. Sie hat mich als vertrauenswürdig bezeichnet.

Und ich bin getroffen. Sie hat Recht. Vielleicht will sie mich nur von hier loswerden, aber das ändert nichts an der Unleugbarkeit ihrer Worte. Sie hat Recht.

„Ich mach es", sage ich in die Stille hinein, die sich ausgebreitet hat.

Iven legt beschwörend seine Hand auf meine: „Tu das nicht. Du musst das nicht machen. Es ist gefährlich und niemand kann sagen, ob du uns tatsächlich die Informationen beschaffen kannst, von denen Lydia so beharrlich redet, geschweige denn, ob du überhaupt bis dorthin gelangst." Er wirft ihr einen vernichtenden Blick zu.

„Sie wird Glück brauchen, das bestreite ich gar nicht, aber es ist eine Möglichkeit, die wir ergreifen müssen", erwidert sie achselzuckend.

Forton richtet seinen durchdringenden Augen auf mich: „Bist du wirklich bereit das zu tun? Es wird dir viel abverlangen und wir können dich kaum unterstützen." Ich will schon etwas sehr sarkastisches antworten, schließlich hat Fortons Haltung während der Diskussion verdeutlicht, dass er es vorziehen würde mich zu schicken, doch dann besinne ich mich eines Besseren und nicke nur.

„Wir haben keinen Plan. Keine genauen Vorstellungen. Und vor allem keine Zeit", meint Iven beharrlich.

„Wir haben ungefähre Vorstellungen, wir werden einen Plan ausarbeiten und wir haben Zeit bis sie stirbt", meint Forton, er klingt hartherzig.

Dann wird mir bewusst, dass er damit nicht mich meint. Er meint sie ...meine Zwillingsschwester.

Nur,

das macht es nicht besser.

Spares - Sag mir wer ich binOù les histoires vivent. Découvrez maintenant