Epilog

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3.098 Wörter

Mit seiner Hand tätschelt Roy sanft meinen Bauch, während wir alle Viere – oder in seinem Fall Dreie – von uns gestreckt auf unserem Doppelbett liegen. Ich kann immer noch nicht fassen, dass das jetzt alles uns gehört. Unser Doppelbett, unser Bad, unsere Küche, unser Schlafzimmer. Unsere Wohnung! Wir haben endlich eine eigene Wohnung, in der jetzt zumindest schon mal ein Bett steht.

Alles andere ist noch in Kartons verstaut, die überall verteilt stehen und unsere wenigen Habseligkeiten beinhalten. Dazwischen liegen noch längere und größere Kartons für die Möbel, die wir noch aufbauen müssen.

Sechs Monate hat es gebraucht, bis Roy und ich inunsere Wohnung einziehen konnten. Nach zwei Monaten räumlicher Trennung haben wir beide den Entschluss gefasst, zusammenzuziehen. Zuerst war ich skeptisch, aber wir haben schließlich schon vier Monate in einem Wohnmobil und davor in einer WG zusammengelebt. Was kann an einer gemeinsamen Wohnung groß anders sein?

Alle vier Monate, die uns dann noch bis zum Wohnungeinzug blieben, habe ich dazu verwendet, meine Eltern darauf vorzubereiten, dass ich sehr weit wegziehen werde. Anfänglich waren meine Eltern eher minder begeistert. Sie fanden, dass weniger als ein Jahr Beziehung zu wenig sei, um so weit weg zusammenzuziehen. Wenn unsere Beziehung in die Brüche gehen würde, müsste ich mir zu Hause einen neuen Job suchen, genauso wie eine Wohnung, was alles Zeit in Anspruch nähme. Ich könnte also nicht von heute auf morgen zurück nach Hause kommen.

Zugegeben das hat auch mir zuerst Bedenken bereitet, aber ich bin mit Roy alle möglichen Ausgangssituationen durchgegangen, habe versucht, meine Sehnsucht nach ihm außenvorzulassen und schlussendlich haben wir eben beschlossen, dass wir diesen Schritt wagen werden. Mein Roadtrip hat schließlich ähnliche Risiken geborgen. Ich hätte einen Unfall bauen können, bei dem mein Wohnmobil komplett geschrottet wird, hätte nicht genügend Geld verdienen können und noch unzählige weitere Katastrophen. Das war auch das schlagende Argument für meine Eltern.

Drei Monate haben Roy und ich während der Diskussion mit meinen Eltern, seine waren das seltsamerweise sehr viel entspannter, gebraucht, um eine schöne, preiswerte Wohnung zu finden und wir haben uns dafür entschieden nach Tennessee, Brownsville zu ziehen, da dieser Ort ungefähr mittig zwischen unseren beiden Heimatstaaten liegt und wir somit zu unseren Eltern und Freunden die gleiche Entfernung haben. Und drei hat es auch gebraucht, sie zu renovieren. Gleichzeitig haben wir beide eisern gespart, um uns die für den Anfang notwendigen Möbel leisten zu können.

Zwischenzeitlich war es nicht leicht, sich darauf zu einigen, welches Zimmer welche Farbe haben wird, aber schlussendlich haben wir doch immer einen Kompromiss gefunden. Doch da diese Wohnung ohnehin nicht mehr Räume als Küche, Diele, Bad, Wohnzimmer und Schlafzimmer besitzt, gab es nur wenige Entscheidungen, die getroffen werden mussten. Im Vergleich zu unseren Wohnmobilräumlichkeiten bietet sie jedoch fast paradiesisch viel Platz.

Trotzdem haben Roy und ich uns in diesen sechs Monaten nur selten gesehen und zweitweilig war es echt hart, sich durch diese Zeit zu kämpfen. Aber wir haben es geschafft. Und darauf können wir stolz sein.

»Komm, lass uns ein wenig durch die Stadt spazieren, bevor wir hier weitermachen«, schlägt der Blondschopf neben mir vor und kneift mich einmal in die Seite, was mir ein kurzes Kreischen entlockt, ehe er sich flink erhebt, um sich vor einem Schlag von mir in Sicherheit zu bringen.

Empört springe ich auf, was Roy automatisch eine Verteidigungsstellung einnehmen lässt. »Das ist unfair – du hast zwei Hände.«. Lachend versucht er einen Rachefeldzug von mir noch zu verhindern, aber keine Chance.

»Das hättest du dir vorher überlegen sollen. Du hast anfangen«, sage ich noch, bevor ich mich auf ihn stürze und wir zu Boden gehen, weil Roy meinen Gewicht so schnell nicht standhalten kann.

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