22 | Wo bliebe denn das Abenteuer

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2.173 Wörter

»Nein. Nein! Nein, ich muss mir das alles erst ein wenig durch den Kopf gehen lassen.«

Das löscht meine Angst nicht entgültig aus, denn das ›Nein‹ heißt nicht, er ist bereit eine Fernbeziehung mit mir einzugehen. Aber für heute genügt mir der Gedanke, dass wir noch zusammen sind und jeglichen Gedanken an morgen verbiete ich mir vorerst.

Die restliche Rückfahrt ist still und bedrückend und als wir endlich zu Hause sind, steige ich ohne auf Roy zu warten aus dem Wagen und gehe zur Haustür. Ich möchte einfach nur noch in mein Bett.

In den letzten Wochen haben Roy und ich oft in seinem Bett geschlafen, ohne auch nur ein einziges Mal miteinander zu schlafen, obwohl wir teilweise hart an der Grenze waren, die Beherrschung zu verlieren.

Aber noch in der Nacht, in der Ryan sich mit Vaughn vertragen hat, habe ich ihr Gestöhne bis in Roys Zimmer gehört und die Blöße will ich mir vor den anderen nicht geben.

Auch wenn das nicht der entscheidende Grund war oder ist. Meinen ersten Sex habe ich quasi verschenkt, so wie meinen ersten Kuss. So wie eigentlich alles, als ich mit Michael zusammen war. Ich wollte einfach nicht, dass es mit Roy genauso ist.

Schließlich stand zu dem Zeitpunkt immer noch in den Sternen, was wir machen, wenn mein Wohnmobil wieder repariert ist. Und meine im Grunde genommen unbegründete Angst mit ihm zu schlafen und ihn nach meinem Roadtrip nie wieder zu sehen, siegte schließlich immer über die Lust.

Auch wenn ich danach jedes Mal leichte Enttäuschung in seinen Augen aufflackern sah. Aber er hat mich nie gedrängt, wofür ich ihm immer noch unglaublich dankbar bin, was mir nochmal zu deutlich zeigt, welches Glück ich mit ihm habe. Er ist nicht nur auf das eine aus. Und trotz meiner Ablehnung hinterfragt er meine Gefühle für ihn nicht, er lässt mir einfach meine Zeit.

Heute Abend gehe ich jedoch ohne ein Wort in mein Zimmer, schließe die Tür, ziehe mich um und verkrieche mich unter meiner Decke. Wenn er wirklich Schluss machen sollte, ist es besser, ich gewöhne mich schon mal wieder daran ein Bett für mich allein zu haben.

Auch die Stimmung am nächsten Morgen beim Frühstück ist bedrückt. Das ist mein letzter Samstag hier in Dallas.

»Wann hast du vor zu fahren?«, fragt Joan, durch die ich inzwischen auch angefangen habe, Passagen, die mir gefallen, in meinen Büchern zu markieren.

»Morgen Abend. Da ist nur wenig bis kein Berufsverkehr unterwegs und ich komme leichter aus der Stadt und auf die Autobahn«, antworte ich ihr und beiße von meinem Brot ab.

»Oh, schon?«

Eddies Art ist wohl das, was ich neben Roy am meisten vermissen werde. Ihre sarkastischen Sprüche und wie sie sich immer mit Ryan in die Haare bekommen hat.

Mit letzterm hatte ich aber, auch nachdem er wieder besser gelaunt war, nicht viel zu schaffen.

»Ja, leider. Aber Dallas ist bis jetzt die Stadt, in der ich mich am meisten aufgehalten habe und ich möchte meinen Roadtrip nun endlich fortsetzen.« Das entspricht nur zur Hälfte der Wahrheit. Auf der einen Seite möchte ich Dallas schon endlich verlassen, aber auf der anderen Seite muss ich dafür auch Roy zurücklassen, was meine Freude erheblich mindert.

Am Nachmittag sind nur noch Joan und Eddie zu Hause. Hillary ist zu ihrer Spätschicht im Krankenhaus aufgebrochen, Roy zu seiner Tankstelle und Ryan zu seiner Freundin.

Ich sitze oben in meinem Zimmer und packe die Geschenke, die ich inzwischen für alle besorgt und als Abschiedsgeschenke umfunktioniert habe, in buntes Präsentpapier.

Linkshänder küssen besser ✔Where stories live. Discover now