Kapitel 17

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Bonjour Maman!
Ich hoffe es geht dir gut? - Mich hat es mittlerweile nach Paris getrieben und ich kann dir versichern, schon jetzt bereue ich keine Sekunde. Ich werde dich weiterhin auf dem Laufenden halten. Mach dir keine Sorgen um mich - ich pass schon auf mich auf.
Tausend Küsse
Leon

Die Briefmarke aufgeklebt warf ich die Karte in den nächsten Briefkasten.
"Echt süß, dass du deiner Mutter eine Karte schreibst.", sagte Marie beiläufig als wir die Straße weiter entlang liefen. "Nicht dass ich das nicht gerne mache aber ich fühle mich schon fast verpflichtet, nachdem ich einfach so aus dem Nichts aufgebrochen bin und ihr nichts davon erzählt habe. Da ist es denke ich das Mindeste, dass sie weiß, dass es mir gut geht. Wie ist das eigentlich bei dir und deiner Familie? Waren sie sofort einverstanden von deiner Idee mit mir mit zu kommen?" Das Lächeln, welches fast immer in Maries Gesicht zu sehen war, wich plötzlich einer traurigen Mine. "Naja. So leicht war das nicht... Meine Mutter ist vor zwei Jahren gestorben. Sie hatte Krebs und nach ihrem Tod war es an mir den Haushalt und alles zu schmeißen, da mein Vater in der Hinsicht nicht sonderlich begabt ist. Dass ich jetzt so einfach verschwinde und ihn mit meinem kleinen Bruder alleine lasse war für ihn wahrscheinlich nicht die beste Nachricht aber meiner Meinung nach hilft es ihm vielleicht auch zurück auf die Beine zu kommen und die Beziehung zu Bastian wieder zu stärken." "Oh Gott Marie, das wusste ich nicht! Tut mir leid!" Ich blieb stehen und nahm sie in den Arm. Nachdem wir uns aus unserer Umarmung wieder gelöst hatten wischte sie sich eine kleine Träne aus dem Augenwinkel. "Ist schon in Ordnung. Woher hättest du das auch wissen sollen... Komm lass uns weiter gehen sonst verlieren wir so viel Zeit." Sie nahm meine Hand und ging mit einem flotten Schritt weiter den Gehweg entlang. Ein paar Straßenecken weiter stiegen wir in einen dieser Hop-On Hop-Off Busse, die die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt abfuhren. Wenn wir schon mal in Paris sind, haben wir beschlossen auch alles was geht mitzunehmen. Am Louvre stiegen wir aus um uns das bekannteste Werk des Künstlers Leonardo da Vinci, die "Mona Lisa", aus der Nähe anzuschauen.
"Wow. Das hier so viele Menschen sein würden hätte ich nicht gedacht" Überwältigt von den Menschenmassen nahm Marie erneut meine Hand um nicht unter den Andrängen verloren zu gehen. "Ja und schau mal da.", sagte ich während ich mit dem Kopf auf eine Reisegruppe deutete,"Wieder siehst du massenhaft Asiaten die mit ihren Selfie-Sticks und ihren Tablets durch die Gegend rennen." Marie lachte und eine Gruppe chinesischer Frauen kamen in dem Augenblick auf uns zu um uns zu fragen, ob wir ein Foto von ihnen schießen könnten.
Das Foto war schnell geknipst und wir bahnten uns unseren Weg zum Meisterwerk des italienischen Künstlers. "Schon irgendwie beeindruckend oder?", murmelte Marie vor sich hin ohne die Frage wirklich direkt gestellt zu haben.
Nachdem wir auch den restlichen Rundgang durchs Museum beendet hatten, fuhren wir mit  dem Touribus zur Sehenswürdigkeit die der Autobahn am nächsten war. Ab dort gingen wir zu Fuß weiter.
"Hoffentlich nimmt uns wer mit.", sagte ich während wir dem Straßenrand folgten und ich meinen Daumen auf die Fahrbahn hielt.
10 Minuten später begann ein von hinten an uns heranfahrendes Auto langsamer zu werden und blieb neben uns stehen. Die Fensterscheibe senkte sich und eine Dame Mitte 50 mit bereits leicht grauem Haar und dicker Brille war zu sehen. "Hallo ihr Zwei! Wohin darf es denn gehen?" Nicht abgeschreckt zwei Fremde mitzunehmen ließ sie uns in ihr Auto steigen, nachdem wir ihr unser ziemlich offenes Reiseziel nannten. Wir wollten in den Süden und zufälligerweise sie auch. "Wie heißt ihr eigentlich und was führt euch hier her?", fragte sie während sie den Blinker links setzte um sich wieder zurück in den Straßenverkehr einzuordnen. "Ich bin Leon und das hinter ihnen ist Marie. Wir machen einen kleinen Trip ins Ungewisse. Wir kommen aus Deutschland. Augsburg und Mainz um es genau zu nehmen." "Na dann freut mich euch kennen zu lernen. Mein Name ist Louanne also spart euch das "Sie". Ich komme aus Frankreich aber mein Mann Peter kommt zufälligerweise ebenfalls aus Deutschland und Freunde von uns die ebenfalls in Ansouis wohnen auch. Wenn ich euch bis dahin mitnehme, kann ich euch eventuell bekannt machen.", freudig erzählte sie uns noch weitere Anekdoten aus ihrer früheren Zeit während wir den Lavendelfeldern der Provence immer näher kamen und der Duft immer intensiver wurde.

Als wir in dem kleinen Dorf ankamen war es bereits dunkel geworden. Der kleine rote Peugeot flitze durch die engen Gassen des Dorfes und bog dann in eine Hofeinfahrt ein. "Es ist schon spät geworden. Wenn ihr möchtet könnt ihr gerne die Nacht bleiben, dann mach ich euch das Gästezimmer fertig.", bat Louanne uns freundlicherweise an als wir ausstiegen und unsere müden Glieder streckten. "Wir können uns auch ein Hotelzimmer nehmen. Ist kein Problem", entgegnete ich während ich meinen Rucksack wieder schulterte. Louanne grinste nur: "Da werdet ihr hier lange suchen. Für ein Hotel ist unser bescheidenes Dorf nicht groß genug." Sie schloss die Tür auf und knipste das Licht im Flur an. Marie folgte ihr mit leichtem Schritt und drehte sich im gehen zu mir um: "Da wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben."

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