Kapitel 4 Kirian

14 2 0
                                    

Ich keuchte auf, als ich endlich an der Rückseite des Gebäudes antraf. Überrascht blieb ich stehen, denn meinen Bruder hatte ich hier sicher nicht erwartet. Ich richtete mich etwas auf und unterdrückte den Drang nach Luft zu schnappen.

„War vorher jemand hier?"

Sein Bruder sah in verdutzt an. Forschend sah er ihm in die Augen. Bradian hatte schon immer gut lügen können, doch wenn man genauer darüber nachdachte, warum hätte er einen Jungen vor mir verleugnet? Er fuhr sich fahrig mit der Hand durch sein Haar, strich jene wilden Strähnen weg, die sein Gesicht umrandeten. Seit dem letzten Kampf kriegte er diesen Jungen nicht mehr aus seinen Gedanken. Es schien als würde er überall sein spöttisches Lachen hören oder seine Stimme leise flüstern hören. So hatte er auch vorher geglaubt, das freudlose aber auch hämische Lachen gehört zu haben. Seine Reaktionen erschreckten ihn selber. Wie verbissen suchte er nach Hinweisen, doch es scheint, als sei er wie ein Schatten. Bei dem Kampf habe niemand ihn gesehen oder bemerkt. Er war die erste Person gewesen, welche ohne mit der Wimper zu zucken wieder aus seinen Raben gekommen war und sich sogar der Knechtungsmagie entzogen hatte. Während ihn solch ein mächtiger Zauber auslaugte, hatte sie dasselbe Energielevel wie zuvor gehabt hatte. Welche Gabe hatte dieser Knabe, was für eine Macht? Wer war sein Meister oder war er trotz seines zartem Alters schon selber ein Meister? Ein nie enden wollender Strom an Fragen floss seit seiner letzten Begegnung durch seinen Kopf und liess sich nicht mehr beiseiteschieben. Und auch die Frage nach dem Köter, welcher das Zeichen einer Marionette hatte, war noch ungeklärt. Zuerst hatte er an den Knaben gedacht, doch dort, wo die Zeichen der anderen prangte, war das Zeichen nicht vertreten, es hatte ja auch keine grossen Verluste gegeben. Bradian holte mich wieder in die Realität zurück, welche ich in letzter Zeit so schnell entglitt.

„Wieso meinst du?"

„Ach ich dachte nur, ich hätte, was gehört und seit dem letzten Mal als du zu spät kamst, passe ich jetzt auf, dass du pünktlich kommst."

Der letzte Teil war glatt gelogen, doch zum Glück war ich ebenso gut darin wie er. Als er schliesslich nickte, atmete ich erleichtert auf. Als wir gingen, blickte ich noch einmal zurück. Ein kleiner Kunststein glitzerte in der Sonne.

Als ich dieses Mal in unseren Gemeinschaftsunterschlupf eintrat, fühlte es sich an, wie nach Hause zu kommen. Die Atmosphäre flutete auf mich zu und hüllte mich ein. Die Schönste Zeit hatte ich immer empfunden, wenn wir in einem Zelt zusammen gesessen hatten und einfach nur geredet hatten. Doch auch hier schien mich diese Unruhe, welcher dieser Fremde in mir verursacht hatte, nicht nach. Dieses Mal war nur Durask in dem Hauptzelt und er erklärte uns die Lage. Dieses Mal waren sich die Informanten sicher. Heute Abend würde es einen Grossangriff geben und auch die Köter würden ihre Besten von der Leine lassen. Es war natürlich wichtig so viele wie möglich vernichten oder zu knechten. Doch der zweite wichtige Teil war es den Marionettenmann zu erwischen, denn er schien eine Art Schlüssel für Antworten zu sein. Bloss Durask selber würde bei dem Hexer Sezal bleiben, damit alle die Befehle während den Kämpfen erhalten würde. Die anderen Oberhäupter würden sich in der Schlacht beweisen. Ich selber würde dieses Mal nach dem Marionettentypen suchen und ihn knechten, sobald ich ihn fand, da ich mich in diesem Gebiet spezialisiert hatte. Es zwickte mich in den Fingern, schon jetzt in das, schon längst der Natur gegebenen, Stadium zu fahren und die Gegend abzusuchen. Doch nicht nur wegen diesem Zeichen wollte ich dorthin stürmen. Die Besten werden kommen, das heisst auch dieser Junge wird dort sein? Werde ich eine Möglichkeit finden, ihn zu beobachten? Während die Zeit langsamer zu gehen scheint, eilen meine Gedanken schon voraus und wappnen sich, was ich heute sehen werde.

Gerade flog einer meiner Karten auf einen Köter, der seine Verteidigung vernachlässigte. Sauber glitt sie durch die Ferse und trennte die Achillesferse in zwei Stücke. Die anderen würden es jetzt einfach haben, ihn zu knechten und er würde auch nichts an seinem Wert verlieren durch diesen Angriff. Heute erfüllte Kampfgeschrei und Schmerzgeheul das Stadium, denn auch die Köter waren gut und so entbrannten heftige Kämpfe, welche viele Opfer nach sich zogen. Ich beobachtete, wie mein Bruder sich auf einen neuen Feind stürzte und wie die Elfen ihre Gestalt veränderten, bis sie optimal ihrer Gabe angepasst waren. Auch ich half bei den Kämpfen, darauf bedacht, keine Energie zu verschwenden. So froh ich auch war, dass die Schlacht endlich begonnen hatte, umso schlechter war ich drauf, da weder der Marionettenspieler aufgetaucht war, noch dieser Junge. Ich glitt noch einmal durch jeden Gang, durch jeden Raum auf der Suche nach einen der beiden. Schliesslich fand ich mich auf dem Dach wieder. Entnervt blickte ich in das weitläufige Gelände, welches man vom Nachthimmel unterscheiden konnte. Plötzlich vernahm ich etwas, auf das ich schon den ganzen Abend gewartet habe. Der Klang, der mich während der Schule immer genarrt hatte. Knapp noch vernehmbar erhob sich eine Stimme zu einem traurigen Gesang. Hektisch schaute ich mich um. Plötzlich war ich froh, dass Magier allgemein in der Dunkelheit sahen, doch auch wenn ich diese Gabe nicht besessen hätte, wäre mir die Gestalt zweihundert Meter vom Stadium aufgefallen. Ein Lagerfeuer liess der Person ihre Form erahnen und zwei leuchtende Augen erwarteten ihn und folgten jeder Bewegung, die er machte. Ich rannte los und schickte Durask eine Nachricht mit einer meiner Karten. Auch wenn ich so schnell wie möglich an das Feuer wollte, musste ich mich beherrschen, sonst würde ich nicht mehr kämpfen können. Der Nachteil, dass er ihn nicht knechten konnte und mit seinen Rabenkarten schaden, wurde durch den Vorteil, dass er dann wohl nicht gross angreifen konnte, wettgemacht. Die Köter hatten eine einzige Fähigkeit, deshalb waren sie unserem Volk auch unterlegen. Und der Knabe konnte sich zwar vor jeglichem Schaden schützen, doch wenn er mich angreift, dann mit Menschenkräften und ich hatte ja eine Art Rüstung an. Heute würde ich als Sieger aus dem Kampfe hervorgehen, möge er noch so stark sein.

Blinded: Rache von Feuer und WindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt