Kapitel 14

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Ein schreckliches Schweigen erfüllte den Raum, eines, das beinahe in den Ohren schmerzte. Ich wollte es durchbrechen, doch kein Wort schaffte es meine Lippen zu verlassen. Stattdessen durchstreifte ich mit meinem Blick die ruhigen Gänge der Bibliothek, versuchte dabei den Prinzen zu meiden. Dennoch spürte ich, dass seine Augen auf mich gerichtet waren.

"Ich bin der Prinz von Illéa." begann er ,nach einem tiefen Atemzug, endlich zu sprechen. Wie von selbst drehte sich mein Kopf nun in seine Richtung, sodass ich ihn direkt anschauen konnte.

"Erzähl' mir mal was Neues." murmelte ich. Glücklicherweise hörte er mich nicht - oder er ignorierte die Aussage einfach gekonnt.

"Ich trage unendlich viel Verantwortung. Irgendwann soll ich über dieses Land herrschen und es nicht bloß repräsentieren." er schluckte, schloss seine Augen für einen Moment und fuhr dann fort: "Und dafür brauche ich eine Frau an meiner Seite."

"Soll das hier jetzt ein Heiratsantrag werden, oder was?" sprudelte es aus mir heraus. Keine Sekunde später bereute ich meine Worte wieder. Mein Körper war viel zu angespannt, meine Nerven bestanden nur noch aus seidenen Fädchen. Ich wollte nur noch weg hier. Warum war ich überhaupt seinen Anweisungen gefolgt? Hätte ich sie ignoriert, wäre ich wahrscheinlich disqualifiziert worden und wäre jetzt wieder zu Hause. Bei Mum.

Prinz Aramis' melodisches Lachen riss mich aus den Gedanken: "Nein, nein!" er schüttelte amüsiert den Kopf. "Eigentlich wollte ich dir nur von der Selection erzählen."

"Glaubst du etwa, ich weiß nicht was das ist?" ich zog erwartungsvoll meine rechte Augenbraue hoch. Gleichzeitig war ich mir sicher ich benahm mich völlig inakzeptabel, aber den Prinzen schien es nicht zu stören.

"Ich meinte eher was mich betrifft. Weißt du, für mich ist das alles auch ganz schön beschissen. Mir werden 35 Mädchen zur Auswahl gestellt, aus denen ich die Richtige finden soll! 35 Mädchen, wo es doch tausende in Illéa gibt!" er schaute nun aus dem Fenster. Ich folgte seinem Blick mit meinem. Draußen war es zwar schon dunkel, allerdings zogen sich strahlende Lichterketten durch den Garten, sodass die Dunkelheit dort kaum Platz fand. "Und ich weiß, dass ich 34 von ihnen enttäuschen werde. Manchmal verfluche ich das Leben als Prinz richtig."

Aus dem Augenwinkel erkannte ich wie sein makelloses Gesicht von den Gartenlichtern beleuchtet wurde. In diesem Moment sah er so melancholisch aus, so verletzlich. Ganz anders als beim Bericht, ganz anders als bei unserem ersten Treffen.

"Prinz Aramis aber -"

"Nenn' mich doch bitte nur Aramis." schmunzelte er.

"Aramis - wieso erzählen Sie -"

"Du kannst mich auch duzen." fiel er mir erneut ins Wort. Etwas genervt von den Unterbrechungen rollte ich mit meinen Auen.

"Wieso erzählst du mir das alles?"

"Ich weiß es nicht." er zuckte mit den Schultern. "Du bist bis jetzt das einzige Mädchen, dessen Gesicht ich mit einem Namen verbinden kann."

"So ein Schwachsinn!" ich hätte ihm am liebsten eine Ohrfeige gegeben. Eine, die einen schönen, roten Handabdruck auf seinem Gesicht hinterlassen hätte. Er glaubte doch nicht allen Ernstes, dass ich ihm sowas abkaufen würde - vor allem nicht, nachdem ich ihn wild mit Chanel flirten gesehen habe.

"Bitte?"

"Ich weiß nicht aus welchem Buch oder Film du diesen Spruch hast, aber bei mir zieht der ganz bestimmt nicht."

Selection: Die HoffnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt