Kapitel 11

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Die warmen Sonnenstrahlen, die durch die ungewohnt riesigen Fensterscheiben drangen, kitzelten am nächsten Morgen meine Nase und weckten mich somit sanft auf. Zögerlich öffnete ich meine, noch immer schläfrigen Lider. Eine Weile lag ich nur da, in dem völlig fremden und doch gemütlichen Bett, und starrte an die Decke.

Obwohl ich mehr als genug Schlaf hatte, fühlte ich mich immer noch erschöpft. Erschöpft von all den Ereignissen der letzten Tage, die mich aus meinem Alltag gerissen hatten. Erschöpft von dem Durcheinander in meinem Kopf, das mich zu jeder Zeit quälte. Erschöpft von den undefinierbaren Gefühlen, die ich selbst bei bestem Willen nicht ordnen konnte.

Plötzlich vernahm ich wie leise Schritte den Raum betraten und feminine Stimmen zu tuscheln begannen. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen, als ich unter ihnen die angenehme Stimme Amelias erkannte.

Seufzend setzte ich mich auf und streckte meinen Körper durch. Meine drei Zofen, die ich nun an meinem Bettende sehen konnte, verstummten just in dem Moment, in dem sie bemerkten, dass ich wach war.

"Guten Morgen." grüßte ich, immer noch lächelnd.

"Guten Morgen, Lady Mariella." erwiderten alle drei synchron, was mir ein wenig komisch erschien, doch ich nahm es so hin.

"Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würden wir Sie jetzt für das Frühstück vorbereiten?"

Ach ja - das Frühstück, bei dem ich dem Prinzen eigentlich hätte das erste Mal begegnen sollen. Eigentlich.

Da ich wusste, dass mir keine Wahl blieb, biss ich mir bloß nervös auf die Unterlippe und nickte. Ohne auch nur eine Sekunde länger zu warten, machten die drei sich an die Arbeit. Mit liebevoll strahlenden Augen führten sie mich in das gewaltige Badezimmer, welches mir die Sprach verschlug. Die weißen Fliesen zusammen mit dem edlen Holz verliehen ihm ein luxuriöses Aussehen und die langen, ganz und gar sauberen Spiegel, die mein verschlafenes Ich zeigten, trugen wunderbar zu dem Allgemeinbild bei.

Doch ich konnte nicht lange staunen, denn ich spürte wie Gabriella vorsichtig mein Nachtgewand versuchte auszuziehen. Erschrocken zuckte ich zusammen. Ich war es nicht gewohnt ausgezogen zu werden, geschweige denn vor anderen Menschen völlig entblößt dazustehen.

"K-kann ich mich - äh - alleine waschen?" brachte ich, leicht stotternd hervor.

"Oh - oh, selbstverständlich." auch Gabriella schien jetzt peinlich berührt. "Geben Sie uns einfach Bescheid, sobald Sie fertig sind. Die Tücher finden sie in dem Schrank - zweite Schublade von oben." mit diesen Worten verschwand sie aus der Tür, Amelia und Lucia folgten ihr schweigend.

Während ich das angenehm warme Wasser der Dusche auf meine Haut niederprasseln ließ, fragte ich mich wie es den anderen Mädchen erging - ließen sie sich waschen? Machte es ihnen gar nichts aus? Und was war mit Königin Lindara - ließ sie sich tatsächlich jeden Tag von anderen Frauen waschen? War das nicht etwas komisch?

Nach meiner Dusche trocknete Amelia meine Haare und flocht sie mir zu einer Krone, in die sie weiße Plastikblümchen steckte. Genauso weiß wie das kurze Kleid, das Gabriella für mich aussuchte. Genauso weiß wie die Unschuld. Lucia schminkte mich im Anschluss etwas und legte mir eine dezente, silberne Kette um den Hals. Dann war ich bereit für das Frühstück.

"Sie werden den Prinzen umhauen." flüsterte Amelia, die mich zur Zimmertür brachte und ihren Blick immer wieder begeistert über mich gleiten ließ. Ich konnte nur nicken.

Wenn sie wüsste, dass ich meine Chancen beim Prinzen ohnehin schon komplett verbaut hatte - ja, was würde sie dann sagen? Würde sie sich dann überhaupt noch solche Mühe mit mir geben? Wahrscheinlich nicht.

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