Unerfreuliche Pläne

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Ach verdammt, Titus!
Wütend auf sich selbst flog der junge Mann immer weiter durch die Straßen Metro-Citys.
Was war das eben? Exakt. Erneut eine verpatzte Situation.
Schwungvoll nahm Titus eine Kurve und konnte dem offenen Fenster nur mit Mühe ausweichen.
Wenigstens lenkte das seine Gedanken kurzzeitig auf andere Wege, doch leider nicht auf Dauer.
Sophies Gesicht blitzte immer wieder in seinen Gedanken auf.
So richtig verhauen hatte er die Situation ja nicht, versuchte sich der schwarzhaarige Teenager zu beruhigen.
Immerhin hatte er es geschafft ihr zu sagen, dass er sie liebte..oder zumindest sowas ähnliches.
Aber der Kuss! Er hätte sich trauen sollen sie richtig zu küssen!
Idiot!
Was, wenn es das letzte Mal gewesen war, dass sich die beiden begegneten?
Dann wäre das ein lausiger Abschiedskuss gewesen.
Ihr hätte es bestimmt gefallen. Wem gefiel ein Kuss des super gut aussehenden Titus denn nicht?
Auch wenn ein Kuss auf die Stirn, laut der Internetseite, die er zurate gezogen hatte, bedeutete: Du bist mein.
Aber was, wenn sie das nicht wusste?
Peinlich genug, dass er das Internet in dieser Angelegenheit nutzen musste.
Doch leider war er in romantischer Hinsicht ein absoluter Anfänger.
Das hieß nicht, dass er noch keine intimeren Beziehungen mit Frauen eingegangen war.
Ja, er hatte schon mit Frauen geschlafen, hatte geküsst und massiert, aber noch nie hatte er so ein Gefühl verspürt wie bei Sophie. Noch nie hatte er so geliebt.
Es war anders als mit den anderen Frauen, die eigentlich nur seine körperlichen Bedürfnisse erfüllt hatten.
Bei Sophie wollte er alles richtig machen, er wollte ihr nicht nur sagen, sondern auch zeigen, wie viel sie ihm bedeutete.
Er wollte sie glücklich sehen und beschützen.
Er seufzte. Langsam wich die Wut dem Gefühl der Frustration.
Was, wenn er sie nicht beschützen konnte?
Wieso hatte er nicht besser auf die Fabrik achtgegeben, anstelle mit Sophie zu kämpfen und herumzualbern.
Nun war er fast erwachsen und schaffte es nicht vernünftig Verantwortung zu übernehmen.
Er war clever, intelligent, charismatisch und sehr gutaussehend, also sollte es doch eigentlich kein Problem sein die Aufträge ordentlich auszuführen, oder?
Doch sobald Sophie ins Spiel kam schien er zur Amöbe zu mutieren und riskierte zu viel um sie zu beeindrucken.
Ach, seine Sophie.
Titus landete auf dem Dach der Wetterstation und blickte über die Stadt.
Die Sonne senkte sich bereits und färbte die Wolken sanft orange.
Sophie würde es gefallen, dachte er und ertappte sich prompt dabei, dass er sie vermisste.
Ihre strahlend blauen Augen, ihre Zöpfe, die beim Gehen immer so süß mit wippten, und ihr bezauberndes Lachen. All das würde er die nächsten Wochen nicht mehr sehen und Schuld war er selbst.
Seufzend setzte er sich auf die Dachkannte und ließ seine Beine hinunter baumeln.
Er würde wohl noch ein wenig hier oben bleiben, denn so schnell wollte er nicht zu Madea und seinem Onkel zurück. Die Strafe konnte er sich noch früh genug abholen. Solange wollte er zumindest sein Leben außerhalb des Hausarrests genießen.
Hoffentlich gab Sophie auf sich Acht. Er könnte es nicht aushalten, wenn ihr etwas passierte, nur weil er zuhause fest saß und nicht auf sie aufpassen konnte.
Dann würde er sich garantiert selbst die Schuld geben, das wusste er bereits jetzt.
Keine Sorge Titus, dachte er, es wird schon gut gehen, schließlich kann auch sie kämpfen.
Doch das ungute Bauchgefühl wollte ihn nicht los lassen.

Der Mond war schon lange aufgegangen, als sich der junge Mann letztendlich doch aufmachte zurück zu seinem Onkel zu fliegen.
Kaum hatte er die Haustüre erreicht wurde sie aufgerissen und eine strahlende junge Frau stand vor ihm.
„Tituslein!“ rief sie freudig und fiel ihm um den Hals.
Doch der angesprochene war in Schockstarre verfallen und bekam kein Wort heraus.
Was suchte sie hier?
Erst nach einiger Zeit fand er seine Sprache wieder. „Alice? Was zum Teufel machst du hier?!“
„Ach, Mausilein, ich weiß doch, dass du mich genauso vermisst hast wie ich dich!“ sagte sie nun und klimperte mit ihren Wimpern.
Nein, er hatte sie nicht vermisst. Er hatte sie sogar gekonnt aus seinen Gedanken verdrängt gehabt, bis heute.
Genervt fasste er sich an die Stirn. „Würde es dir etwas ausmachen zu gehen?“
„Aber dein Onkel hat mich doch zum Abendessen eingeladen! Hihi, bald werden wir heiraten! Ist das nicht toll?!“ Alice begann den Hochzeitswalzer zu summen und dazu zu tanzen.
Das konnte doch nicht wahr sein! Langsam begann die Wut erneut in ihm hoch zu kochen. Diesmal allerdings war er sauer auf seinen Onkel und nicht auf sich selbst.
Was dachte er sich dabei? Einfach über seinen Kopf hinweg zu entscheiden wen er heiraten sollte.
Und dabei hatte Titus gedacht ihm damals klipp und klar vermittelt zu haben, dass er es für eine scheiß Idee hielt.
„Alice, geh mir aus dem Weg!“ Zischte er bedrohlich leise und schob das verwirrte Mädchen zur Seite, ehe er ins Haus stürmte.
Sein Onkel saß wie üblich auf seinem großen Drehstuhl und ließ sich von Madea den Nacken massieren, als der Junge wütend die Türe aufriss und auf ihn zu marschierte.
„Oh, sieh mal einer an.“ Brummte Kralle nur ohne den Blick zu heben.
Madea dagegen sah ihn verachtend an. „Na, auch schon zurück? Ist ja mal wieder fantastisch gelaufen. Du solltest doch nur aufpassen, dass nichts geschieht. Aber selbst das ist wohl noch zu viel verlangt. Das hast du mal wieder spektakulär in den Sand gesetzt. Glaub bloß nicht, dass du die nächsten paar Monate auch nur einen Fuß vor die Haustüre setzen wirst. “
Ohne sie und ihre Worte zu beachten ging Titus langsam weiter auf seinen Onkel zu, ehe er direkt vor ihm stand.
Er brüllte nicht, er flüsterte, aber an seiner Tonlage und der Wortwahl ließ sich seine Stimmung unmöglich verkennen.
„Was soll der Mist, Onkel? Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass ich dieses Mädchen niemals, wirklich niemals, heiraten werde?
War es vor zwei Jahren nicht eigentlich schon geklärt? Und jetzt kommt sie mir entgegen gerannt und erzählt mir irgendwas von Hochzeit! Erklär mir das!“
Titus hatte sich so weit nach vorne gelehnt, dass seine Nase beinahe die von Kralle berührte.
Vor zwei Jahren wäre diese Situation so vermutlich nicht möglich gewesen, da hatte er noch zu viel Angst vor ihm gehabt. Doch die Angst wich immer mehr der Abscheu.
Als er dafür gesorgt hatte, dass sein Onkel aus dem Eis frei kam war er sein Vorbild gewesen. Er hatte Geschichten gehört und wollte genauso böse werden wie sein Idol. Doch die meisten Geschichten entpuppten sich als vollkommen übertrieben, sodass der Glanz Kralles zu schwinden begann und sein widerlicher Kern zutage befördert wurde.
„Wie redest du mit mir.“ Polterte der sitzende Mann, erhob sich und baute sich vor seinem Neffen auf. „Ich bin dein Vormund! Du tust, was ich dir sage. Dieses Mädchen wird unsere Verbindungen mit MAD stärken, sie wird uns zu der Größe verhelfen, die wir alleine so schnell nicht erreichen.
Also schlag dir deine Flausen aus dem Kopf! Sobald du Achtzehn bist wird geheiratet! Außerdem wirst du keine bessere Frau finden, da bin ich mir sicher.“
Sein Gemüt hatte sich etwas abgekühlt, sodass er nicht mehr so laut sprach wie zu Anfang und sich wieder in den Stuhl setzte um seine Massage weiter zu genießen.
Titus atmete einmal tief durch.
„Wenn du wüsstest. Ich liebe eine andere und werde Alice nie im Leben heiraten. Sieh doch selbst zu wie du an Macht kommst und nutze nicht deinen Neffen für derartige Angelegenheiten. Sobald ich volljährig bin kannst du mir eh nichts mehr vorschreiben.“
Und ohne die Antwort der beiden Verdutzten abzuwarten drehte er sich um, ließ die Zwei stehen  und schloss sich in seinem Zimmer ein.

Nun saß er, wieder einmal, auf seinem Bett und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, was bei dem Durcheinander leichter schien als es tatsächlich war.
Alice. Er hatte sie kennen gelernt, bevor er Sophies Bekanntschaft machte.
Alice, das überdrehte Mädchen mit den platinblonden Locken und den giftgrünen Augen, hinter denen sich die absurdesten und bösesten Pläne tummelten.
Sie war hübsch, aber nur auf den ersten Blick. Hatte man erst einmal in den Abgrund hinter dieser engelsgleichen Fassade gesehen kam man nicht umher zu erschaudern.
Man konnte sie als jüngere Version Madeas beschreiben. Genauso brutal, abgebrüht und eiskalt kalkulierend. Und eine brillante Schauspielerin.
Titus hatte einige Wochen gebraucht um ihr wahres Ich zu erkennen und die Beziehung danach sofort beendet.
Ja, Alice war eine der Frauen, mit denen er etwas Beziehungsartiges gehabt hatte.
Aber was auch immer zwischen den beiden gewesen war, es hielt kaum einen halben Monat.
Zu Anfang hatte sie ihn beeindruckt. Dadurch, dass sie zwei Jahre älter war als er, hatte sie so viel mehr Erfahrung. Vor allem im Bett.
Er konnte nicht leugnen, dass sie ihm vieles beigebracht hatte, aber zurücksehnen tat er sich nicht.
Fast hätte er es geschafft die Erinnerung an sie zu verdrängen, aber sein Onkel hatte natürlich seine eigenen Pläne.
Alice war die Tochter eines sehr hochrangigen MAD Agenten. Er war ehemaliger KGB Agent gewesen, bevor er sich MAD anschloss und blitzschnell in der Rangfolge stieg.
Diese Verbindung wollte sein Onkel nutzen.
Nein, er würde das Mädchen niemals heiraten.
Da konnte sein Onkel ihm androhen was er wollte. Sein Herz gehörte Sophie und nur ihr.
Wenn er jemanden heiratete, dann sie.
Doch erst einmal musste er sich etwas einfallen lassen um den Plan seines Onkels zu durchkreuzen.
Schließlich waren es nur noch knapp drei Monate bis zu seinem Geburtstag, die Zeit würde eng werden.
Also los, Titus, denk nach.

Bis ans Ende der Welt (Inspector Gadget 2015)Where stories live. Discover now