Der Griff nach den Sternen

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Die Ländereien von Hogwarts waren von einem feinen Tau überzogen, der in dem einsamen Grau des Nebels zu glitzern schien, während die hohen Bäume des Verbotenen Waldes sich in der Dunkelheit zu der Melodie des Windes wiegten.

Harry Potter stand vor dem goldenen Tor des Schlosses und ließ seinen Blick über die Umgebung schweifen. Auf seiner Stirn lag, verborgen von den strubbeligen schwarzen Haaren, eine tiefe Sorgenfalte. Seufzend schlüpfte er aus seinen Schuhen und ließ sie mitsamt seiner Socken im Schatten der Schule stehen. Als er den ersten Schritt von den Steinen setzte, schloss er die Augen und begann sich zu entspannen. All seine Sinne konzentrierten sich auf die Natur und ihre Worte, die sie dem Gryffindor an diesem Abend zuflüsterte.

Das Gras war kühl und schlängelte sich um seine schmalen Knöchel. Hier und da schien es sich förmlich an ihn zu klammern, indem es sich um Harrys Zehen wickelte und dort feine Tropfen zurückließ. An vereinzelten Stellen wuchs weiches Moos, das sich von unten sanft an seine Füße schmiegte und ihm das Gefühl gab, auf Wolken zu laufen.

Mit jedem Atemzug nahm er Gerüche auf und ließ sie seine Nase ausfüllen. Er roch das feuchte Gras und Moos sowie den Regen, der am Tage noch vom Himmel kam und die Umgebung mit einem feinen Film aus Wasser überzogen hatte. Er roch die Pflanzen in den Gewächshäusern, die er am Morgen im Kräuterkundeunterricht noch mit frischer Erde versorgt hatte.

Die Ohren des Schwarzhaarigen waren gespitzt und er hörte ein Rascheln, wenn er seine Füße aus seinen Griffen des Grases befreite und einen Schritt vorwärts setzte. Er hörte die letzten Schüler, die noch munter ihr Abendessen in der Großen Halle verspeisten und seinen Atem, der gleichmäßig und entspannt seine Lungen verließ und sie kurz darauf erneut mit frischem Sauerstoff füllte.

Als Harry die Augen öffnete und seinen Blick zum Nachthimmel richtete, begrüßten ihn die hellen Sterne, die über das tiefe Schwarz tanzten und ihm ein Lächeln auf seine Lippen zauberten. Der Mond war rund und voll. Er spiegelte das gleißende Licht der Sonne, die bereits untergegangen war, wieder und schien sein Lächeln zu erwidern.

Doch mit dem Augenaufschlagen strömten all die Sorgen und Probleme zurück in das Gedankenfeld des Gryffindors, das er soeben versucht hatte leer zu räumen. So machtvoll wie der Mond auch scheinen mochte, Harrys Frage konnte er dennoch nicht beantworten.

Wer war Sirius Black und warum wurde dieser Mann in dem Zusammenhang mit seinem Namen erwähnt?

Ein schneller Blick auf die Uhr, die Harry immer um sein knochiges Handgelenk trug, zeigte ihm, dass er sich zum Astronomieturm begeben muss, um die letzten Unterrichtsstunden des Tages hinter sich zu bringen. Nachdem er am Schlosstor angekommen war, griff er nach seinen Socken, zog sie über seine noch nassen Füße und schlüpfte zurück in die Schuhe.

In der Eingangshalle war es angenehm warm und die Geräusche aus der Großen Halle waren abgeklungen. Das Abendessen war vorüber und Harry hatte erneut keine Nahrung zu sich genommen. Für einen kurzen Augenblick spielte er mit dem Gedanken, sich aus der Küche einen Apfel zu holen, doch verwarf ihn schnell wieder, als ihm einfiel, dass seine Schultasche noch immer im Schlafsaal lag. Mit schnellen Schritten kämpfte er sich die etlichen Stufen hinauf, nannte der fetten Dame das Passwort und eilte durch den in roten und goldenen Tönen gehaltenen Gemeinschaftsraum.

Mit der ledernen Tasche in der Hand verließ er den Turm der Löwen wieder und stürmte die Gänge entlang. Seine Schritte waren laut auf dem steinernen Boden zu hören und hallten durch das Schloss. Harry schlitterte um einige Ecken, nahm gelegentlich einen Geheimgang erreichte mit einem schweren Stechen in der Brust den Fuß der Treppe, die bis hinauf auf den Astronomieturm führte. Seine letzten Kräfte mobilisierend, nahm er eine Stufe nach der anderen und erreichte schließlich keuchend die große Fläche unter dem freien Sternenhimmel, auf der unterrichtet wurde.

Gerade als er sich neben Cedric niederließ, begann der neue Lehrer, der sich während des Festmahls als Professor Canopus vorgestellt hatte, zu sprechen. Seine Stimme hatte einen außerordentlich sanften Klang, dem die Schüler gebannt lauschten. Er erläuterte ihnen, wie der Astronomieunterricht in den folgenden Stunden ablaufen würde und forderte sie auf, sich jeweils zu zweit einem Teleskop zu zuordnen.

Harry hielt sich, völlig in Gedanken versunken, an Cedric, der ihnen eines der neueren Exemplare erkämpfte. Besorgt musterte dieser den Gryffindor. „Alles in Ordnung, Harry?", fragte er und strich ihm sanft über den Oberarm. Der Angesprochene nickte „Ja, ich komme klar.".

Der Hufflepuff lächelte. „Ich weiß. Siehst du dieses Sternbild dort oben? Das ist Orion, der Kämpfer."

Er näherte sich vorsichtig dem Gesicht des Schwarzhaarigen.

„Du bist auch ein Kämpfer."

Mit diesen Worten hauchte er Harry einen sanften Kuss auf den Mundwinkel. 


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Hallo ihr Lieben!

Ich melde mich auch endlich mal wieder. Es tut mir unglaublich leid, dass ihr so lange warten musstet. In den letzten drei Monaten ist eine Menge Mist in meinem Leben passiert und ich musste erstmal wieder alles sortieren, bevor ich mich auf das Schreiben konzentrieren konnte.

Ende März schreibe ich Abitur, deswegen kann ich nicht versprechen, ob ich vorher noch einmal etwas hochladen kann. Doch dann habe ich knapp ein halbes Jahr frei und werde mich wieder regelmäßig dieser Geschichte widmen können. :)

Was sagt ihr zu diesem Kapitel? Das Bild, das ihr hoffentlich oben seht, ist das Sternbild Orion. 

Ich freue mich immer über Rückmeldung und Votes :) 

Herzliche Grüße!

FighterWhere stories live. Discover now