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"Wie bitte?" frage ich nochmal entsetzt nach.

"Ja...die Polizei hat uns das gesagt und ich dachte eigentlich Finn hätte es dir ausgerichtet. Er war in den letzten Tagen sowieso sehr komisch. Er hat nichtmal auf die Annäherungsversuche von Selena und Sophie reagiert. Und jetzt ist er irgendwie verschwunden." erzählt sie mir.

"Nein, ich wusste das nicht. Das ändert die Sache natürlich. Okay, ich will jetzt keine voreiligen Entscheidungen treffen, da ich ihre Gründe für das verheimlichen nicht kenne, aber ich möchte bitte trotzdem, dass sie nicht kommt bis ich wieder da bin und mit ihr geredet habe. Also beweg du bitte Tracy oder lass sie öfters auf die Weide."

"Natürlich mache ich das. Wo bist du denn und wann kommst du wieder?"

"Sagen wir mal so, ich bin im Urlaub. Und ich weiß nicht, wann ich wiederkomme, aber auf jeden Fall nicht vor Sonntag nächster Woche."

"Heute ist Samstag, das heißt du bleibst noch eine Woche, okay..aber Emma, am Sonntag ist doch das Herbstturnier. Du weißt, dass du da mit Gini teilnehmen musst, oder? Sonst fliegst du von der Schule! Dann müsstest du aber mit ihr trainieren, denn sie kann kein bisschen Springen. Außerdem ist die Direktorin überhaupt nicht begeistert davon, dass du schon wieder nicht da bist und die Hälfte des Schuljahres verpasst. Finn hat sich entschuldigen lassen, keine Ahnung warum, aber du.." plappert sie und ich unterbreche sie irgendwann seufzend.

"Okay Lina, erzähl mir das wenn ich wieder da bin. Ich überleg mir was wegen dem Turnier. Bis bald." sage ich dann nurnoch und lege auf.

Ich lege das Telefon wieder auf den Tisch und schaue auf die Uhr, die über der Tür hängt. 15 Uhr. So spät schon? Ich dachte eigentlich, dass es erst kurz nach Mittag ist, aber okay.

"Emma? Bist du da?" ruft plötzlich Avery nach mir, und da ich so in Gedanken war, erschrecke ich mich und drehe mich mit klopfendem Herzen zu ihr um.

"Da bist du ja. Ist alles in Ordnung? Hat es mit Finn zu tun, dass du abgehauen bist? Was ist passiert?"

"Ja, es ist alles in Ordung. Finn hat mich zwar aufgeregt und seine Freundin war dann auch noch der Höhepunkt, aber ich sorge mich eher um etwas anderes."

"Also erstmals denke ich nicht, dass Finn eine Freundin hat. Zumindest nicht hier. Er redet immer nur über ein Mädchen aus dem Internat, in das er verliebt ist. Vielleicht bist das ja du." kichert sie, ich verdrehe jedoch nur die Augen. "Und was sorgt dich sonst so?"

"Am nächsten Sonntag ist das große Herbstturnier im Internat und wenn ich nicht mit einem Spitzenspring-und Dressurpferd antrete, dann fliege ich von der Schule." erkläre ich ihr.

"Und was ist da jetzt ein Problem daran? Auf unserer Weide steht ein pechschwarzer Wallach, der nur darauf wartet wieder mit seiner Reiterin auf Turniere zu gehen." antwortet sie lachend und schiebt mich raus auf den Hof. "Und wir werden genau diesen Wallach jetzt für das Turnier vorbereiten."

Ich kann garnicht so schnell reagieren, wie wir schon am Weidetor stehen. Ohne zu wiedersprechen hole ich Champion, der sich schweren Herzens von seiner neuen Freundin, einer Schimmelstute, trennt und dann mit geschlossenen Augen hinter mir hertrottet. Avery holt ebenfalls ihre Beauty, oder Stormy, wie ich sie gerne nenne und gemeinsam führen wir sie zum Putzplatz. Dort angekommen hole ich mir den Putzkoffer und bürste meinem Wallach schnell über das glänzende, noch saubere Fell. Avery hat mehr zu tun, denn Beauty hat sich anscheinend in einer Schlammpfütze gewalzen und ist jetzt nicht mehr weiß, sondern dunkelbraun.

Ich lege Champion das neugekaufte, weiße Zaumzeug, den schwarzen Dressursattel und weiße Gamaschen an und hole mir meinen Reithelm und eine Springgerte. Als Avery auch endlich fertig ist, führen wir die Pferde auf den Springplatz, auf dem schon ein etwas anspruchsvollerer Parcours aufgebaut ist, und steigen dort auf.

Zuerst wärmen wir die Pferde mit einfachen Bahnfiguren und Wechseln auf und traben dann über ein paar Cavalettis. Champion arbeitet nach kurzer Zeit schon sehr gut mit, weshalb ich ihn angaloppieren lasse und auf ein kleines Kreuz zureite. Danach folgen zwei Oxer, ein Steilsprung und ein Wassergraben, bei dem Champion kurz zögert, aber doch abspringt. Zum Glück schaffen wir es durch den Parcours ohne das eine Stange fliegt, jedoch höre ich das Wasser beim Wassergraben kurz aufspritzen.

"Das war doch super!" ruft Avery uns begeistert zu, bevor sie selbst mit ihrer Stute durch den Parcours fegt. Auch sie schafft es, ohne das eine Stange fliegt, jedoch scheut Beauty beim zweiten Oxer und sie würde im echten Wettbewerb Zeit verlieren, da sie nochmal anreiten musste.

Avery und ich üben den Parcours noch einmal, bevor sie absteigt und die Hindernisse höher stellt. Ich reite wieder als erstes und galoppiere mein Pferd an. Champion macht kurz vor dem ersten Sprung einen Bocksprung, weshalb ich nochmal abwende und neu anreite. Wir ziehen wieder über die Hindernisse und es wird immer besser. Champion hat also in der Zeit, in der er nicht bei mir war, nichts verlernt. Vielleicht kann das mit dem Turnier am Sonntag ja doch was werden.

Nach mir reitet wieder Avery, welche jedoch nach dem dritten Anreiteversuch aufgibt, da sich Beauty weigert zu springen. "Ich glaube es ist ihr zu hoch. Wir reiten dann lieber doch am Strand entlang, als dass wir über knallbunte Stangen springen." antwortet sie schulterzuckend. Ich nicke nur verstehend.

Wir entscheiden uns dafür für heute Schluss zu machen, da Champion und Beauty schon ziemlich stark verschwitzt sind. Wieder oben angekommen steigen wir ab und bringen die Pferde mit Abschwitzdecke in die Box. Danach fetten wir noch die Sättel und Zaumzeuge ein und helfen dem Stallmeister beim Ausmisten der Boxen.

Am Ende des Tages fallen Avery und ich dann total erschöpft in mein Bett und schlafen dort fast sofort ein.

Reitinternat Sunshine 2-Pferde fliegen ohne FlügelWhere stories live. Discover now