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Am Zimmer Nr. 17 angekommen, erwartet uns schon laute Musik und das Jubeln der vielen Jugendlichen.
Ich klopfe dreimal laut und sehe einmal kurz zu Lina hinüber, die mir aufmunternd zulächelt. Eigentlich habe ich seit langer Zeit keine Lust mehr auf feiern, aber Lina zu liebe, mache ich alles. Sie ist wohl einfach die beste Freundin, die ich je hatte. Oder die Schwester, die ich nie hatte.

Wieso habe ich eigentlich keine Geschwister? Ich sollte mal meine Eltern danach fragen, und so alt sind sie ja noch nicht. Was nämlich nicht ist, kann ja noch werden.

Die sich öffnende Tür, unterbricht meine Gedanken. Ich schaue gerade aus und entdecke ein blondes Mädchen mit grauen Augen.

"Hallo, wer seid ihr?"
"Ich bin Emma und das ist Lina."
"Gemma und Lara, okay! Willkommen, kommt rein!" Sie tritt aus der Tür und verschwindet im Gang. Lina und ich kichern.
"Hey Lara, was machen wir als Erstes?" lache ich meiner besten Freundin entgegen als wir mitten im Raum stehen.

Lina kichert und will mir gerade antworten, als sie stockt und den Mund offen stehen lässt. Ich drehe mich blitzschnell um, was sich als großen Fehler herausstellt. Hinter mir steht nämlich Jayden in einem weißen T-shirt mit der großen, roten Aufschrift: Emma Summer, ich liebe dich! Bitte verzeih mir! Außerdem hat er noch einen riesigen Strauch voller Rosen in der linken Hand und ein Mikrofon in der rechten. Das bedeutet nichts Gutes.

Und schon legt er los.
"Emma. Ich weiß, dass ich dich mit Cara betrogen habe, war scheiße von mir, aber du musst mir glauben. Ich liebe dich seit dem ersten Moment und ich will dich zurück. Bitte verzeih mir!" Er kommt mit jedem Wort immer näher an mich ran und ich weiche immer weiter zurück, bis mich die Tür daran hindert weiter rückwärts zu gehen. Jayden grinst siegreich und überreicht mir den Rosenstrauch. Ich nehme ihn gefälscht dankend an und werfe ihn kurz darauf auf den Boden.

"Ich verzeihe dir....nicht! Wie oft soll ich es dir noch sagen!!! Ich liebe dich nicht mehr, okay? Bitte lass mich endlich in Ruhe." Mit diesen Worten verschwinde ich durch seine Arme hindurch ins Esszimmer, zumindendest denke ich, dass dies das Esszimmer ist. Ja, die Zimmer zier oben haben eine komplette Wohnung. Das können sich hier aber auch nur die Reichen leisten. Ich meine, meine Eltern sind auch nicht arm, also bisher nicht, aber die, die hier wohnen sind eine andere Klasse. Okay, ich gebe zu, ich schweife schon wieder ab.

Schnell hole ich mir einen Becher mit irgendeiner blauen Flüssigkeit und kippe mir den Inhalt in einem in den Mund. Danach folgt noch einer. Und danach noch einer. Am Ende habe ich sogar sieben Becher mit diesem Getränk, warscheinlich irgendein Alkohol, getrunken. Jetzt ist mir ziemlich schwindelig und übel, also entscheide ich mich schnell an die frische Luft zu gehen.

Als ich Richtung Stall gehen will, hält mich plötzlich eine Hand an meinem Handgelenk fest. Ich drehe mich um und erblicke Jayden. Nicht schon wieder!
"Was willst du, Jayden? Ich habe gesagt, dass du mich in Ruhe lassen sollst." schreie ich ihn diesmal an, denn meine Nerven sind am Ende.
"Emmaaa! Isch liebe disch doch! Verzeih mir doch endlisch!" lacht er traurig und kommt immer näher.
"Jayden, du bist betrunken. Bitte lass mich in Ruhe."

Er schüttelt nur mit dem Kopf und will mir den Reißverschluss meines Jumpsuits aufmachen, als er plötzlich weggestoßen wird. Verwirrt schaue ich mich um und sehe einen großen, gut gebauten Jungen mit blonden Haaren und grünen Augen, der Jayden am Boden zusammenschlägt.
"Mädchen vergewaltigen ist jetzt nicht mehr im Trend, Junge. Lass das Mädchen in Ruhe!" meint der Blonde.

"Danke!" sage ich plötzlich und unterbreche meinen Retter mitten in seinem Schlag. Er dreht sich zu mir um und lächelt mir aufmunternd zu.

"Geht's dir gut?"
"Ja, danke. Ich bin Emma und du?"
"Finn. Wenn der Typ hier, dich nochmal anfasst, sag mir sofort Bescheid."
"Warum hast du mir geholfen?"
"Meine kleine Schwester ist von ihrem Freund vergewaltigt worden. Seitdem muss ich immer eingreifen, wenn ich sowas wie das hier sehe. Ist er dein Freund?"
"Nein, aber leider mein Ex-Freund. Er will einfach nicht kapieren, dass ich ihm nicht verzeihe, dass er mich mit seiner anderen Ex-Freundin betrogen hat. Klingt kompliziert, ich weiß. Gehst du hier zur Schule, Finn?"
"Ja, seit heute." Er grinst und führt mich in den Stall zu einer Box im hinteren Teil. Dort erblicke ich eine pechschwarze Stute mit weißem Keilstern. "Das ist meine Stute Dark Shining. Aber ich nenne sie eigentlich immer nur Shine. Hast du auch ein Pferd hier?" Ich klopfe der Stute kurz den Hals und nicke. Gleich drei Boxen weiter, entdecke ich den Kopf meines schwarzen Hengstes und daneben den viel kleineren Kopf meiner dunkelbraunen Stute. Ich zeige auf die Beiden und laufe zu der Box meines Hengstes. Schnell hole ich mir Strick und Halfter und führe mein Pferd aus der Box.

"Darf ich fragen, was du jetzt machst?"
"Na was wohl? Ich gehe ausreiten. Kommst du mit?" lache ich und schwinge mich auf den Rücken von Black Champion. Finn lässt sich das nicht zweimal sagen und schwingt sich kurz darauf ebenfalls auf seine Stute. Wir reiten nur mit Halfter und zwei zu provisorischen Zügel zusammengeknoteten Stricken vom Hof.

Aber genau das ist doch das Schönste am Reiten, oder? Die Zeit mit deinem Pferd. Der Wind in deinem Haar, wenn ihr galoppiert und das Gefühl von Freiheit, wenn dein Pferd über Hindernisse springt.

Und nicht die strickte, korrwkte Haltung in der Dressur, wo du deinem Pferd ungewollt gezwungenermaßen Sporen in den Bauch rammst oder beim Galopprennen die Gerte solange auf das Hinterteil des Pferdes schlägst, bis es blutet, oder zumindest Narben bleiben.

Reiten ist Freiheit. Leben. Frieden.

Reitinternat Sunshine 2-Pferde fliegen ohne FlügelМесто, где живут истории. Откройте их для себя