Lüge nicht

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Die Stunden vergingen, niemand sprach mit dem anderen. Marvel verliess seinen Platz in der Wiese nur dann, wenn Clove ihn dazu zwang etwas zu sich zu nehmen. Cato hatte es sich zur Beschäftigung gemacht, alle Vorräte auf einen Haufen zu stellen und diesen mit Mienen zu umkreisen.
"Da ist Rauch", sagte Cato plötzlich an einem Nachmittag.
Clove sah auf und erblickte ihn ebenfalls.
Sie lächelte schweigend vor sich hin.
Marvel hatte sich nun auch erhoben und griff nach einem Speer.
"Wenn es das Mädchen ist, lasst es mich tun." Er fletschte die Zähne wie ein Wolf der seit Tagen nichts gefressen hatte.
Ohne auch nur zu zögern teilten sie sich in verschiedene Richtungen auf um den Tribut, der das Feuer gemacht hatte, zu umzingeln. Clove hatte schweigend angenommen was Marvel gesagt hatte. Doch so weit kommen lassen würde sie es nicht. Das Mädchen gehörte ihr allein.
"Wenn wir wieder kommen ist alles noch genau so wie es war", fauchte Cato dem Jungen aus 4 entgegen und nahm sich sein Schwert.

Cato schlich behutsam über Wurzeln und Moos, die den Erdboden bedeckten.
Der Rauch wurde immer dichter und langsam erweckte dies einen Verdacht, der sich nur wenig später bestätigte. Er und Clove hatten den Ursprung des Feuer gleichzeitig erreicht.
Ein Haufen Blätter und Äste, von einem Tribut keine Spur.
"Sie hat uns reingelegt." Clove warf wütend ein Stein in die Gluten des Feuers, das unter lautem knarren und knacksen das Holz zerfrass.
"Wo ist Marvel?", fragte Cato.
Im nächsten Moment vernahmen sie einen Ohrenbetäubenden Knall.
Aber es war nicht jener einer Kanone. Es waren die Mienen die explodiert waren. Und mit ihnen alle Vorräte und Waffen die sie hatten.
Ohne zu zögern rannten sie los.
Doch auf der Lichtung angekommen sahen sie genau das was sie auch erwartet hatten.
Ihre Vorräte waren zu Asche geworden.
Cato stürmte auf den Jungen aus 4 zu, der gerade ahnungslos aus dem Wald kam.
"Du solltest aufpassen habe ich gesagt!"
"Das...ich wollte... aber dann... es tut mir leid..."
"Es tut dir leid?! Ich will deine Entschuldigung nicht haben! Wir wissen beide was jetzt kommt!", schrie Cato.
Er packte den Kopf des Jungen grinste ihm triumphierend ins Gesicht und flüsterte:
"Lass uns den Leuten zeigen was mit kleinen Jungs passiert, die ihre Versprechen nicht halten"
Clove stand wortlos daneben und wusste nicht ob es Furcht war, die ihre Knie weich und zitternd wirken liess.
Und auch wenn Töten wie das einzige schien was ihrem Leben jemals Sinn gegeben hatte, sah sie nicht hin als Cato das Genick des Jungen brach.
Ein Kanonenschuss ertönte. Ein zweiter folgte. Dann ein dritter.
"Das waren drei", sagte Cato.
"Meinst du er hat sie...?"
"Ich hoffe es schwer", antwortete Cato.
Sie setzten sich, natürlich mit Abstand, in den Schatten den das Füllhorn auf den Boden warf und warteten. Keiner von beiden schien zu wissen worauf. Dennoch taten sie es.
Als Marvel auch nach einbrechen der Dunkelheit nicht aufgetaucht war wussten sie zu wem der zweite Kanonenschuss gehört haben musste.
"Wir können hier nicht mehr bleiben, es ist nicht sicher genug", sagte Cato schliesslich.
Clove nickte zustimmend.
Sie packten sich Messer, ein Schwert und die letzte Wasserflasche die die Explosion überstanden hatte und machten sich noch in der selben Nacht auf den Weg.
Die Stille zwischen den beiden hatte bisher nicht peinlich gewirkt, da sie nie ganz alleine gwesen waren. Doch jetzt, in der Dunkelheit wo es so ruhig war, dass es erdrückend geworden war musste Cato etwas sagen.
"Ich weiss wieso du nicht wolltest das ich dir so nahe komme"
"Achja?", sagte Clove mit einem ironischen Unterton.
"Es lag an Marvel", stellte Cato sicher fest.
"Marvel?" Clove lachte.
"Du bist das furchtloseste Wesen das ich jemals gesehen habe. Niemand ist so kaltblütig wie du. Du hättest jeden getötet. Aber ihm hast du geholfen"
"Das ist lächerlich Cato. Mir lag nichts an ihm", erwiderte Clove.
"Nein ist es nicht. Wenn es nicht ich gewesen wäre sondern er, der es versucht hätte in jener Nacht, hättest du ihn auch von dir weggeschoben?" Cato blieb stehen und sah in Cloves Augen, die im Mondschimmer leuchteten.
Sie lachte bloss und schüttelte ungläubig den Kopf.
"Ich hatte auch mehr als genug die Möglichkeit dich zu töten. Das habe ich auch nicht getan. Bedeutet das nun mir liegt auch an dir etwas?", fragte Clove zurück.
"Ich versuche dich zu verstehen und du legst mir nur noch mehr Rätsel auf", antwortete Cato.
Sie blickte ihn an. Etwas in ihr wusste das es falsch war ihn so Nahe an sich heranzulassen aber ein anderer Teil war so angezogen von dem Gefühl das Cato in ihr auslöste, dass es ihr schwer fiel dagegen anzukämpfen. Sie konnte vielleicht gnadenlos töten aber in einem Kampf gegen sich selbst konnte man nur verlieren.
Cato machte ein Schritt auf sie zu. Doch Clove war sogleich wieder aus ihrer Trance erwacht. Sie wollte nicht vergessen warum sie hier war. Wo sie hier war.
"Du sollst mir nicht Nahe kommen, Cato"
Er legte seine Hand auf ihre Taille.
"Cato, ich sagte nein."
Sie spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht.
Diesmal stiess sie ihn so unsanft von sich weg das er einige Schritte nach hinten stolperte.
"Hör auf damit!", rief sie.
Cato ging wieder auf sie zu mit erhobenen Händen.
"Clove ich wollte nicht..."
Sie packte ein Messer und rammte es beinahe in seine Brust, doch Catos Griff hielt sie auf. Er hatte ihr Handgelenk so fest umklammert, dass sie es nicht schaffte sich zu lösen. Cato war erschrocken. Sie hätte ihn tatsächlich einfach so erstochen. 
"Lass mich los!", schrie sie.
"Ich wusste es. Es liegt an ihm." Cato liess sie los und begann nun selbst um sich zu schlagen.
Sie könnte es tun. Sie könnte ihn töten. Hier und jetzt. Aber sie tat es nicht.
"Es liegt nicht an ihm. Marvel ist mir genau so egal wie all die anderen hier. Aber du bist es nicht Cato. Und das geht nicht, es funktioniert nicht. Ich habe es dir schon einmal gesagt das ich es nicht will. Du tust etwas mit mir, dass ich nicht steuern kann. Ich möchte dich wirklich nicht töten. Deshalb bitte ich dich zu gehen." Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
"Ich werde nicht gehen", sagte Cato.
"Ich möchte das du gehst."
"Lüge nicht. Das ist es nicht was du willst"
"Dann werde ich gehen", wisperte sie.
Sie sah ihm ein letztesmal in die Augen, bevor sie in die entgegengesetzte Richtung davon lief. Sie rannte, als würde sie fürchten, er würde sie verfolgen. Aber das tat er nicht. Er sah ihr bloss nach. Minuten lange starrte er dort hin wo er sie verschwinden sehen konnte. Clove blieb stehen. Sie war allein. So allein wie sie es ihr Leben lange noch nicht gewesen war. Es fühlte sich an als hätte sie etwas bei Cato vergessen. Doch sie hatte ihre Waffen so wie die Flasche mit sich genommen. Dennoch fühlte es sich an als hätte sie etwas bei ihm gelassen. Als würde ein Teil von ihr fort sein.
Cato hingegen war auf der Jagd nach einem Opfer, dass seine Wut spüren sollte. Doch er schaffte es nicht einen klaren Gedanken zu fassen. Schliesslich hörte er ein Pfeifen, eher ein Piepsen in regelmässigen Abständen. Ein Fallschirm segelte hinunter.
Er öffnete die Kapsel. Doch es war nicht das Laib Brot, das ihn überraschte. Es war die Botschaft die mitgeschickt wurde.
Du hast das Schneekönigin verärgert. Willkommen in der Eiszeit. -E.

Clove und Cato - Töten ist meine BestimmungDove le storie prendono vita. Scoprilo ora