21 | Mein Geld für den Kondensator

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Die Entscheidung hatte ich insgeheim eigentlich schon nach unserem Date am See gefällt. Als ich Roy gestanden habe, dass ich in ihn verliebt bin. Nur bewusst war mir das nicht.

Ein tiefes Einatmen ist die Reaktion des Blondschopfes auf meine Worte, während er mich gleichzeitig wieder zu sich heranzieht und an sich drückt, mir einen liebevollen Kuss auf den Kopf gibt. »Also darf ich dich endlich ›meine Freundin‹ nennen?«

Ich nicke grinsend. »Ja. Ja, darfst du.«

Dafür gibt er mir nicht nur einen Kuss auf den Kopf, sondern legt seine Lippen sanft auf meine, gibt mir einen leichten Kuss, den er viel zu schnell wieder beendet.

»Wenn ich dich jetzt länger küsse, verliere ich, glaube ich, die Beherrschung.«

»Okay«, hauche ich ihm entgegen und schmiege mich wieder an seine Brust, spüre ich wie Roy mit seinen Fingern Kreise auf meinen Rücken malt, als mir ein neuer Gedanke kommt. »Roy?«

»Mhh.«

»Jetzt, wo wir offiziell zusammen sind...« Ich stoppe, weiß nicht wie ich meine Gedanken formulieren soll.

»Ja?«

»Was passiert mit uns, wenn meine Zeit hier in Dallas rum ist?«, frage ich verunsichert. »Bis jetzt habe ich nie genauer darüber nachdenken wollen, weil wir, weil wir noch nicht zusammen waren, aber j«

»Lass uns morgen darüber nachdenken, okay?«, unterbricht er mich zärtlich und fährt mit seinen Fingern meinen nackten Arm herunter, was mir eine Gänsehaut bereitet.

»Okay.«

Die nächsten Wochen vergehen wie die davor. In der Woche arbeite ich bei Roy in derTankstelle und am Wochenende in der Kletterhalle. Bei beiden kündige ich einen Monat bevor ich mein Geld für den Kondensator zusammen habe.

Eins ist jedoch anders. Roy und ich scheuen uns nicht mehr, uns gegenseitig unsere Zuneigung zu zeigen. Von den anderen scheint das aber keinen zustören.

Im Gegenteil. Eddies und Hillarys Reaktion auf unsere Beziehung fiel wie erwartet aus. Beide gaben ein ›Na endlich!‹ von sich, was mich zum Schmunzeln brachte. Sie haben ja recht. Wir haben uns wirklich viel Zeit gelassen. Und tun es noch.

Trotzdem bringe ich irgendwann den Mut auf und frage Roy nach dem Grund seiner plötzlichen Abreise, als er schnell zu seiner Familie nach Portland musste.

»Mein Bruder hatte zwei Tage zuvor einen Motorradunfall gehabt und als Mum und Dad schließlich anriefen, ging es ihm nicht gut. Es stand zwar nicht in Lebensgefahr, aber als ich ankam, war er auch nicht außer Gefahr. Zum Glück verbesserte sich die Lage vier Tage später und ich blieb noch zwei Tage dort. Dann war meine Sehnsucht nach dir zu groß«, war seine im Nachhinein doch recht unspektakuläre Antwort darauf. Trotzdem kann ich verstehen, dass ihn die Nachricht fertig gemacht hat und ich bin froh, dass sein Bruder noch lebt.

Viereinhalb Wochen später bringe ich das Wohnmobil zusammen mit Roy, der in seinem Auto vorausfährt, schließlich in eine Werkstatt, in der man mir sagt, dass ich es in fünf Tagen wieder abholen könne, was ich ebenfalls gemeinsam mit Roy tue.

Als ich auf dem Raststättenparkplatz zu ihm umsteige, blickt er mich für einen kurzen Moment wehmütig an. Bis jetzt haben wir jegliche Konversation darüber, wie es mit uns weitergeht, wenn mein Womo wieder repariert ist, vermieden. Nun ist sie unausweichlich geworden.

»Ich weiß, woran du denkst.« Und Roys Reaktion zeigt mir, dass er weiß, wovon ich rede. Unbehaglich setzt er sich gerader hin und versucht den Blick auf die Straße gerichtet zu halten. Ich merke, dass er diese Unterhaltung immer noch nicht führen möchte. »Die letzten Wochen sind wir beide ziemlich gut im Todschweigen gewesen.«

Linkshänder küssen besser ✔Where stories live. Discover now