Kapitel 32

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Falls es irgendwie verwirrend sein sollte, aber im Schloss gibt es immer zwischen halb und um 6 Uhr Abendbrot, weil danach meistens alle zu den News  gehen.
Bei Jessabelle Zuhause gibt es ungefähr um 10 Uhr ein verspätetes Abendessen :) ♡♡♡

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Wir fuhren nicht nach New Polins. Nicht in unser geliebtes Apartment mit der riesigen Fensterfront und den super Donutladen. Nein, sondern zu unseren Anwesen, welches eine halbe Stunde von New Polins entfernt war.

Es war riesig. So groß wie das Schloss. Mit einen riesigen Garten und einem doppelt so riesigen Golfplatz. Mein Vater bestand darauf, einen Golfplatz zu besitzen. Ebenso wie einen eigenen Wald, ein eigenes Schwimmbad und ein eigenes Kino.

Ich fragte mich, wozu wir das alles brauchten. Trotzdem störte es mich nicht. Ich mochte den Wald -natürlich nur bei Tag- da Owen und ich uns dort ein Geheimversteck gebaut hatten. Es lag direkt an einem kleinen Fluss und war gar nicht weit von unserem Zuhause entfernt. Als wir jünger waren, sind wir jeden Tag dort gewesen. Nun aber musste sich Owen um das Familienunternehmen kümmern, welches er eine Tages übernehmen würde, wenn unser Vater es nicht mehr will.

Allerdings waren wir beide auch Schauspieler, doch das ist nur eine Nebensache. Als wir klein waren, hatten wir viele Auftritte im Theater, aber nun ist es eher eine Art Hobby geworden.

"Aufgeregt, Kleine?", fragte Owen, als wir von weitem schon unser Anwesen ausfindig machen konnten.

"Wieso sollte ich? Es ist schließlich unser Zuhause", sagte ich leise. Ich hatte die ganze Zeit über keinen Ton gesagt und hatte traurig aus dem Fenster gestarrt.

"Naja, aber wir werden Vater wiedersehen", argumentierte er.

Doch ich gab nur einen abfälligen Laut von mir und sagte: "Und deswegen soll ich aufgeregt sein? Er hat sich doch sonst auch nie um ums gekümmert oder hast du etwa vergessen, was damals passiert ist?"

Daraufhin blieb er eine Weile still. Erst als wir in die Garage fuhren und Henry auf uns zugelaufen kam, guckte Owen mich an.

"Ich hab es nicht vergessen", flüsterte er und schaute mich mit einem so schmerzverzerrten Ausdruck in den Augen an, weshalb ich den Blick abwenden musste.

Unschöne Bilder schlichen sich in meinen Kopf und verursachten in mir eine starke Übelkeit. Doch in diesem Moment öffnete unser Chauffeur Schrägstrich Mann für alles die Tür.

"Einen wunderschönen guten Abend, Miss Morgenstern. Ihr Anruf hat uns und Ihren werten Herrn Vater sehr überrascht. Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Autofahrt", sagte Henry und deutete eine Verbeugung an.

"Natürlich, danke Henry. Ist mein Vater etwa Zuhause?", fragte ich, da unser Vater um diese Zeit in der Firma sein musste. Nach dem Tod von meiner Mutter ist er immer öfter sehr spät abends nach Hause gekommen.

"Ja, das ist er. Ob Sie es glauben oder nicht, aber er war sehr besorgt, als Sie und Ihr Bruder nicht zurück gekommen sind. Der Brief von dem Prinzen, welcher Ihre längere Abwesenheit erklärte, hatte wohl eine Verspätung. Er war zudem sehr stolz, als er Sie beide in den News. gesehen hat. Das können Sie mir glauben", meinte er und nickte, um seine Aussage zu bekräftigen.

Auch Owen hatte das gehört und zog nur erstaunt und zum Teil auch ungläubig die Augenbrauen nach oben. Ich sagte dazu nichts und folgte einfach Henry, der meinen Tasche schon aus dem Kofferraum geholt hat, ins Haus.

Wir traten durch das riesige Portal, als uns schon der köstliche Duft aus der Küche entgegen kam. "Oh Nelson hat wieder gekocht! Gott, riecht das gut!", rief ich und wollte gerade den Gang entlang zum Esszimmer laufen, als eine laute, dröhnende Stimme durch die Einganghalle schallte. Unwillkürlich zuckte ich zurück und kniff die Augen zusammen.

"Da sind ja meine zwei Kinder!", rief unser Vater lachend aus. Ich entspannte mich augenblicklich und schaute nach oben. Er trug ein dunkelblauen Anzug und hatte sein schwarzes Haar ordentlich aus dem Gesicht gekämmt. Seine blauen Augen blitzten belustigt zu uns runter.

Ich drehte mich um und blickte in Owens ebenso verwirrtes Gesicht. Offenbar ist er auch überrascht. Dad verhielt sich sonst nie so. Meist tat er so, als wären wir nicht da oder er verschanzte sich in sein Arbeitszimmer. Sollten allerdings einmal seine alten Freunde vorbei schauen, gingen sie auf dem Golfplatz und wenn sie gemeinsam mit uns zu Abend aßen, prallte Dad immer damit, wie sehr Owen im doch ähnlich sei, körperlich wie auch geistlich. Die Männer erkundigten sich zudem, ob ich schon vergeben war, da ich eine perfekte Schwiegertochter abgeben würde. Doch mein Vater sagte darauf immer, dass seine hüsche, kleine Tochter jemand ganz besonderen bekommen würde. Daraufhin fingen die Männer nur an zu lachen.

Es kam auch schon vor, dass ein paar Männer ihre Söhne mitgebracht haben. Diese zeigten auch Interesse, aber Owen hatte immer ein Augen auf die Jungs und wich mir nicht von der Seite. Ausserdem hatte er sich nicht immer von seiner besten Seite gezeigt und ich war mir sicher, dass er sich den ein oder anderen auch schon vorgeknöpft hatte.

Vaters Stimme war immer voller Stolz, wenn er von uns sprach, aber sonst fühlte ich wenig von diesem.

"Wollen wir nicht zuerst etwas essen? Währenddessen können wir uns ein wenig unterhalten", sagte er und kam die Treppen herunter zu uns. Es schien als würde er sich wirklich freuen, uns zu sehen. Sein Lächeln wirkte ehrlich und seine Augen funkelten liebenswürdig.

"Gern. Nelson hat sicherlich wieder für eine ganze Armee gekocht, so wie wir ihn kennen", scherzte mein Bruder, aber ich bemerkte die leichte Nervosität in seiner Stimme.

Vater hatte den Fuß der Treppe bereits erreicht und kam vor uns zum Stehen. Seine Mundwinkel zogen sich nach oben und er deutete uns, ihm zu folgen.

"Ich war sehr überrascht, als ich euch in den News gesehen habe. Es hat mich sehr mit Stolz erfüllt", sagte Dad und öffnete die Tür zum Speisesaal.

Als wir Platz genommen hatten, kamen sogleich Nelson, der Koch, sowie eine andere Haushaltshilfe herbeigeeilt und deckten den Tisch. Danach wurde das Essen angerichtet und der Wein eingeschenkt.

In unserem Apartment in New Polins hatten wir lediglich einen Koch, welcher aber nur von meinen Vater gebraucht wurde. Sonst kochten ich und Owen  gemeinsam oder wir bestellten etwas. Dad allerdings verlangte immer einen teuren Wein von Angestellten serviert, teures Essen von einem Sternekoch zubereitet und das alles in einem riesigen Speisesaal mit hochwertigem Geschirr und den feinsten Gläsern des Landes verspeist wird. Man könnte meinen, er selbst wäre ein König.

Und somit dachte ich wieder an Alexander. Den zukünftigen König...

"Mich wundert es, dass ihr beide schon zurück seid. Hat es euch im Palast denn nicht gefallen?", fragte mein Vater interessiert und stützte sein Kinn auf seine ineinander verschrenkten Hände.

"Doch. Das schon. Nur unser Wohltätigkeitsprojekt   nahm immer mehr Zeit in Anspruch und da dachten wir, dass wir das genauso gut auch von Zuhause aus machen können. Schließlich wissen sie ja, was wir uns vorgestellt hatten und sollten sie Fragen haben, können sie diese uns auch übers Telefon oder per Online-Meeting mitteilen. Ausserdem wolltest du mir doch noch etwas wegen der Firma zeigen. Du möchtest ja, dass sie eines Tages übernehme...", meinte mein Bruder und lenkte somit erfolgreich vom Thema ab. Er wusste, dass ich im Moment nicht dazu im Stande war, darüber zu reden.

Die ganze Zeit über saß ich mit ausdrucksloser Miene am Tisch und stocherte in meinem Essen herum. Ich hatte keinen Appetit mehr und ich war müde. Also verabschiedete ich mich von den beiden und sagte ich würde schlafen gehen.

In meinem Zimmer angekommen, machte ich mich Bettfertig und ging dazu ins Bad. Mein Koffer war schon hochgebracht worden und die einzelnen Kleidungsstücke waren auf dem kleinen Sofa in ordentlichen Stapeln zurechtgelegt worden. Doch da fiel mir ein grauer Stickpullover mit weiß-schwarzen Mustern darauf auf.

Langsam ging ich durchs Zimmer und hob ihn hoch. Danach ging ich ins Bett und legte mich hin, wobei ich den Pulli fest an mich drückten.

Nach kurzer Zeit schlief ich mit Alexanders Geruch, welcher immer noch an dem Kleidungsstück haftete, in der Nase ein.

My Beauty -Abgeschlossen-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt