Kapitel 27

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Alexanders Perspektive

Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, trat ich aus dem völlig verwüsteten Speisesaal. Auf dem Weg zu meinem Zimmer, hielt ich eine Zofe an und wies sie an, zusammen mit ein paar anderen den Raum wieder herzurichten, den ich in meiner Wut komplett zerstört hatte.

Bestimmt würde sie sich fragen, was um alles in der Welt ich mit besagten Raum angestellt hatte. Doch mir war es egal, was Diener, Dienstboten, Zofen, Kindermädchen oder was weiß ich von mir dachten. Im Moment interessierte mich nur Jessabelle.

In meinem Zimmer angekommen, setzte ich mich erstmal auf das Bett und zog mir meine Jackett sowie die Krawatte aus.

Ich musste das alles wieder geradebiegen. Nur wie sollte ich das anstellen. Schließlich konnte ich ja nicht einfach in ihr Zimmer herreinschneien und sagen "Das war nicht so, wie du denkst. Sie hat es einfach getan!"
Nein... immerhin hätte ich Nora wegdrücken und zurechtweisen können.

Warum habe ich es nicht einfach gemacht? Ich stand auf. Egal, ich musste zu ihr. Ich musste versuchen, mich bei ihr zu entschuldigen.

Voller Tatendrang stand ich auf und lief zur Tür. Vielleicht verzeiht sie mir ja doch, wenn sie mich einfach alles erklären lassen würde. Sie kennt mich schließlich. Da wird sie mir auch verzeihen können. Müssen.

Von weitem konnte ich ihre Tür sehen und ging nervös darauf zu. Ich klopfte nicht an. Warum auch? Es war mein Schloss und es war meine Belle.

Als ich leise die Tür öffnete, flüsterte ich: "Jessabelle? Ich muss mit dir reden. Was du vorhin gesehen hast..."

Doch weiter kam ich nicht. Ich suchte den Raum nach ihrer zierlichen Figur ab. Vergeblich. Sie war nämlich nicht da.

Wut machte sich in mir breit. Ich hasste es, wenn ich nicht wusste, wo sie war.

Ich ging aus dem Zimmer und suchte den Gang nach einem Wachmann ab. "Sie! Kommen Sie her", sagte ich zu einem, der keine zehn Meter von mir entfernt stand.

Sofort reagierte er und kam schnurstracks auf mich zu. Vor mir blieb er stehen, nahm seine Officiers Mütze ab und verbeugte sich leicht. „Eure Hoheit."

"Jessabelle Morgenstern. Wo ist sie? Ich hatten Ihnen doch gesagt, Sie sollen ein Auge auf sie haben", sagte ich kühl. Meine Wut hatte ich gekonnt hinter einer perfekten Fassade versteckt. Für jeden wirkte ich wie die Ruhe selbst. Niemand käme dahinter, was sich wirklich in meinem Inneren abspielte.

"Natürlich, Eure Hoheit. Ich habe einen anderen Wachmann aufgetragen, ihr zu folgen. Er war eben hier und sagte mir, sie sei bei Eurer werten Schwester. Selbstverständlich habe ich ihn wieder zur ihr geschickt, damit er auf sie aufpassen kann", sagte er mit voller Respekt in der Stimme.

Das sollte er auch, wenn ihm sein Leben lieb ist. Ich erduldete es nicht, wenn sich jemand mir wiedersetzte, einen Befehl nicht direkt ausführte oder mein Wort in Frage stellte. Vor dem zukünftigen König sollte man Achtung haben. Das hat mir mein Vater beigebracht: Bewahre Haltung! In jedlicher Situation. Lass niemanden sich dir widersetzen. Zeig ihnen, wo ihr Platz ist mit Strenge, aber trotzdem mit Liebe.

Zwar habe ich immernoch nicht verstanden, wie das gehen soll, aber er hat es mir auch nicht näher erklärt. Das solle ich selbst herausfinden, wenn die Zeit reif ist, hatte er gesagt. Aber wie solle ich zu jemanden streng sein und gleichzeitig liebvoll klingen? Oder meinte er liebevolle Strenge? Ich hatte mich auch nicht lange damit beschäftigt, da ich mir nicht den Kopf über unnötige Dinge zerbrechen wollte. Ich hatte besseres zutun.

Nun nickte ich zustimmend auf die Worte des Offiziers. "Gut. Sollte Ihnen irgendetwas an ihr auffallen oder etwas verdächtig wirken, so lassen Sie mich augenblicklich darüber in Kenntnis setzen."

My Beauty -Abgeschlossen-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt