Kapitel 18: ...und vielleicht ist es ja doch ganz anders

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Wörter: 1073

"Dan, jetzt iss doch endlich!"

"Hab kein Hunger"

Er stand auf und ging wieder in sein Zimmer. Seit dem Vorfall am gestrigen Tag konnte Dan nicht aufhören, über seine Situation nachzudenken und gegessen hatte er auch nichts mehr seitdem. Und auch wenn er sich durchaus bewusst war, wie wichtig Frühstück war, brachte er nichts hinunter. Stattdessen zog er sich schon einmal für die Schule um. 

Kaum hatte er das Schulgebäude betreten, sah er sich nach Phil um. Doch keine Spur. 

Auch wenn er ein seltsames Gefühl hatte, versuchte er sich keine Gedanken zu machen. Die machte er sich ohnehin schon genug. Es war sowie so zu bezweifeln, dass er überhaupt etwas vom Unterricht mitbekam. Ständig musste er an Phil denken. Und er hatte nicht den blassesten Schimmer, was er tun sollte. 

In der ersten Stunde hatte er Geschichte, da machte es also nichts aus in Gedanken versunken zu sein. Während er abwesend aus dem Fenster starrte, erinnerte er sich an all die gemeinsamen Ausflüge mit Phil an den See oder ins Kino. Ja, auch für ihn war es  eine verdammt schöne Zeit gewesen. Dazu kamen noch die Träume, die er immer wieder gehabt hatte. Besonders der eine, als der Schwarzhaarige in geküsst hatte...

"Daniel?"

"W-Was?"

"Möchtest du nicht auch am Unterricht teilnehmen?"

"Ich, ja, entschuldigiung"

"Das nächste mal, wenn du vor dich hin träumst, bekommst du eine mündliche sechs"

"Äh, okay"

Der Lehrer wandte sich wieder dem Unterricht zu und Dan biss die Zähne zusammen. So viel zum Thema 'in Geschichte braucht man nicht aufpassen'. 

So verging der Tag; Dan war immer wieder in Gedanken versunken und der ein oder andere Lehrer ermahnte ihn deswegen. Doch irgendwann war die Schule aus und Dan hatte Phil noch immer nicht gesehen. Nicht dass er irgendeine Ahnung hatte, was er ihm sagen wollte, aber dennoch wollte er sehen, dass Phil wenigstens okay war. 

Plötzlich riss ihn sein Handy aus seinen Gedanken. Sobald er die Straße überquert hatte, schaute er auf das Display und hoffte, dass es Phil war. Damit lag er jedoch falsch, es war seine Mutter, die anrief.

"Hi Mom, was gibt's?"

"Hallo Dan. Bist du schon auf dem Heimweg?"

"Ja, wieso?"

"Gut. Ich wollte nur sichergehen, dass du nicht umgekippt bist. Wenn du Zuhause bist, dann iss etwas, ja?"

"Von mir aus"

"Gut. Übrigens komme ich heute ein bisschen später nach Hause, nur dass du Bescheid weißt."

"Ist gut. Bis heute Abend"

"Bis heute Abend"

Und schon hatten sie wieder aufgelegt. Er seufzte. Noch immer hatte er keinen Hunger, er machte sich weiterhin zu viele Gedanken. Besonders jetzt, wo der Schwarzhaarige nicht in der Schule gewesen war. 

Ein wenig später betrat er sein Zimmer und ließ seine Tasche mitten auf den Boden fallen. Dann schleppte er sich in die Küche, wo seine Mutter ihm schon etwas zu essen bereitgestellt hatte. Eigentlich liebte er chinesische Nudeln, aber sein Magen sträubte sich gegen Nahrung. Ein Seufzer entglitt ihm und ging zurück in sein Zimmer. Dort legte er sich wieder einmal hin, während er eine Twenty One Pilots CD hörte. 

Und wieder einmal wanderten seine Gedanken zu Phil. Zu dessen tiefschwarzen Haaren, meeresblauen Augen. Das herzhafte Lachen, wenn er einen schlechten Witz machte. Einfach seine lebensfrohe Art. Und genau diesen Jungen hatte Dan in Tränen aufgelöst gesehen, völlig verzweifelt. Dieser Junge, der ihm seine Liebe gestanden hatte und er selbst war einfach gegangen. Nein, das konnte es einfach nicht gewesen sein. Fest entschlossen stand er auf, schaltete die Musik aus und machte sich auf den Weg nach draußen. 

Während er unterwegs war, verkrampfte sich sein Magen. Angst hatte er definitiv, aber er wollte nun selbst für Klarheit sorgen, für Phil da sein, egal ob als Freund oder fester Freund. Nur hoffte er, dass dessen Vater nicht Zuhause war. Beziehungsweise, dass Phil überhaupt Zuhause war. 

Doch wie es das Schicksal nun einmal so wollte, war Mr Lester Zuhause. Daher traute Dan sich nicht zu klingeln, nachdem seine Mutter und Robert nicht gerade im Guten auseinander gegangen waren. Also lief er wieder langsam zur Bushaltestelle und wählte dabei die Nummer des Jungen. Wie erwartet hob dieser aber nicht ab. Also wartete Dan auf den nächsten Bus und stieg wenige Haltestellen später wieder in seiner Straße aus. Doch anstatt sich wieder in sein Zimmer zu verkriechen, lief er zum See. Irgendetwas in ihm sagte ihm, dass Phil dort war. Seine Schritte wurden immer schneller und es dauerte nicht lange, bis er sein Ziel erreicht hatte. Dort sah er sich um und entdeckte die tiefschwarzen Haare. Schnell hastete er zu Phil, der erschrocken zusammenfuhr, als Dan nur noch wenige Schritte von ihm entfernt war. 

"Was machst du hier?"

Seine Augen waren verquollen und rot unterlaufen; man konnte sehen, dass er geweint hatte. Zudem zitterte er am ganzen Körper. 

"Hör zu, Phil. Es tut mir wirklich leid wegen gestern, das war völlig dumm von mir. Ich war selbst ziemlich verwirrt wegen all dem. Aber ich hab nachgedacht. Weißt du, ich fand die Zeit, die wir zusammen verbracht haben, auch verdammt schön und um ganz ehrlich zu sein: Ich habe auch von dir geträumt. Ich habe gemerkt, dass es mir ohne dich schlecht geht und ich hab mir ernsthaft Sorgen gemacht, als du heute nicht in der Schule warst. Wirklich, es tut mir so leid"

Die Worte flossen nur so aus Dan heraus und als er fertig war, musste er erst einmal tief Luft holen. 

Phil hingegen schaute ihn nur mit seinen blauen Augen an und sagte einen Moment lang nichts. 

Irgendwann flüsterte er: "Was hast du von mir geträumt?"

Zuerst wollte Dan es ihm sagen, doch dann zögerte er. Stattdessen nährte er sich dem Schwarzhaarigen langsam und kurz vor seinem Gesicht zögerte er. Für ein paar Sekunden sahen sie sich einfach nur an, schließlich murmelte Dan "Ach, scheiß drauf" und küsste Phil. 

Es fühlte sich so viel besser an als im Traum. Sanft schlang der Braunhaarige seine Arme um ihn und genoss jede Millisekunde dieses Moments. In seinem Bauch tobten die Schmetterlinge nur so umher. Als sie sich nach einer gefühlten wundervollen Ewigkeit voneinander lösten, war es Dan, dem die Tränen in den Augen standen. 

"Ich liebe dich, Phil"

"Das hast du geträumt?", fragte Phil etwas unsicher. 

"Ja. Und glaub mir, auch wenn ich die ganze Zeit über unsicher war, ich meine es ernst. Ich liebe dich. Und es tut mir unendlich leid"

"Ist schon gut", erwiderte Phil und zog den inzwischen weinenden Dan in seine Arme, "ich liebe dich auch"

...und vielleicht ist es ja doch ganz andersWhere stories live. Discover now