Kapitel 10: Neuanfang

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Wörter: 1096


"... und daraufhin hat sie nur 'wer weiß' geantwortet. Was zur Hölle soll das denn bedeuten?!"

Dan saß mit seinen Freunden wieder einmal in der Mittagspause zusammen und erzählte ihnen gerade, was gestern Abend mit seiner Mutter los gewesen war.

"Ich versteh' das aber auch nich' ", nuschelte Chris zwischen zwei Bissen, "wieso kann sie nicht einfach sagen, ob sie jemanden kennengelernt hat oder nicht?"

"Vielleicht fühlt sie sich einfach schlecht dabei, so kurz nach.. naja, dem Ereignis gleich jemanden Neues zu treffen", mutmaßte PJ.

"Ja, ich glaub PJ hat Recht. Wer weiß, wie sie sich fühlt", stellte Phil zustimmend fest.

"Kann sein... Vielleicht sollte ich einfach mal mit ihr reden", überlegte Dan.

Und schon klingelte wieder die Schulglocke und verkündete damit, dass die Pause vorüber war.

"Ugh, schon wieder Unterrichtszeit? Naja, viel Glück jedenfalls mit deiner Mutter"

"Ja, das wird schon wieder"

Damit standen Chris und PJ auf, räumten ihre Tabletts weg und gingen in ihre Klasse.

"Falls du Ablenkung brauchst, wir können gerne wieder an unseren Lieblingsplatz", bot Phil an.

Irgendwie war es schon seltsam. 'Unser Lieblingsplatz'. Die Art, wie sehr sich Phil um ihn kümmerte. Wie er immer für ihn da war.

Dan wusste nicht, ob es daran lag, dass er - von Louise mal abgesehen - noch nie wirklich mit jemandem befreundet war, aber das Verhältnis zu Phil war irgendwie... sonderbar. Vor allem, jetzt wo er darüber nachdachte: Sie sahen sich jeden Tag, außer vielleicht mal am Wochenende nicht, sie vertrauten einander, sie waren für einander da, hatten sogar ihren eigenen geheimen Platz, an den sie sich oft genug zurückzogen und Stunden dort verbrachten.

"Dan?"

"Was? Äh ja, klar. Ich glaube, das ist mal wieder nötig. So eine kleine Auszeit...", sagte Dan schnell.

"Okay, dann mal auf in den Unterricht"

"Juhu", murmelte Dan ironisch und trottete seinem Kumpel hinterher. Wenigstens konnte er seinen Gedanken nachhängen, Geschichtsunterricht hatte ihn ohnehin nie wirklich interessiert.


"Hey, warte auf mich!"

"Was? Oh, ich dachte, du wärst schon draußen", lachte der Schwarzhaarige, als Dan ihm hinterher rannte.

"Nee, Mr. Smith hat mal wieder überzogen, wie so ziemlich immer", erwiderte Dan, inzwischen bei seinem Kumpel angekommen.

"Ach der. Ja, seine Stunden ziehen sich immer dermaßen in die Länge.. Aber hey, du hast's geschafft und kannst dich gleich entspannen"

"Stimmt auch wieder. Na dann mal los"


"Ganz schön warm heute", stellte Dan fest und ließ seinen Rucksack neben einen der Steine fallen.

"Stimmt. Denkst du, es ist schon warm genug zum Baden?"

"Keine Ahnung... Kann man hier überhaupt baden?"

Und noch bevor Dan ihn aufhalten konnte, hatte Phil sich sein T-Shirt über den Kopf gezogen und war ins Wasser gelaufen.

"Bist du noch ganz dicht?! Wer weiß, was alles da drin ist? Komm sofort wieder raus!", schrie Dan panisch.

Doch Phil lachte nur.

"Hab dich nicht so, ich war schon oft hier im Wasser und es ist noch nie etwas passiert"

Mit noch immer weit aufgerissenen Augen starrte Dan seinen Kumpel an.

"Was ist? Das Wasser ist herrlich warm! Jetzt komm endlich!", drängte der Schwarzhaarige.

Mit einem Seufzer gab sich sein Kumpel geschlagen, zog sich ebenfalls sein T-Shirt über den Kopf und lief ins Wasser.

"Wow, ist ja wirklich schon recht warm", stellte er fest.

"Sag ich doch!"

Phil lachte und es war das schönste, was Dan je gehört hatte. Doch bevor er noch länger darüber nachdenken konnte, wuschelte der Schwarzhaarige ihm plötzlich neckend durch die Haare.

"Hey, was zum-"

Das ließ Dan natürlich nicht auf sich sitzen und so rangelten sie lachend im See.
Es war kein bisschen schlimm, im Gegenteil: Dan genoss es. Irgendwie fühlte es sich so... gut an, Phil so nah zu sein.

Kaum hatte Dan realisiert, was er da dachte und fühlte, hielt er inne.

"Was ist los?", wollte Phil sofort wissen.

"Ich, äh... ich musste nur an meine Mutter denken. Sorry", stammelte Dan und biss sich auf die Lippe. Verdammt, hoffentlich merkte Phil ihm nichts an.

"Ach quatsch, du musst dich doch nicht dafür entschuldigen! Das ist doch normal. Komm, am besten setzen wir uns ans Ufer und dann kannst du mal deinen Gedanken freien Lauf lassen"

"Gute Idee, aber ich glaub, ich geh mal nach Hause. Vielleicht seh ich ja diesen mysteriösen Typen."

"Ja, das wär gar nicht mal so schlecht glaub ich. Vielleicht weißt du dann auch gleich, wie es mit den beiden steht", überlegte der Schwarzhaarige.

"Mhm"

Langsam begaben sich die beiden Jungs wieder zu ihren Sachen am Ufer.

"Allerdings wir uns doch noch kurz ins Gras legen, damit wir trocknen und nicht klatschnass durch die Gegend laufen", meinte Dan.

"Klar, nur die Ruhe", stimmte ihm Phil zu und sie legten sich gemeinsam ins Gras. So verweilten sie dann, bis sie wieder halbwegs trocken waren. Dann zogen sie sich wieder ihre Oberteile über, verabschiedeten sich und gingen jeweils nach Hause.


"Mom, ich bin wie-"

Mitten im Satz brach er ab. Er hatte gerade erst das Haus betreten und hörte Stimmen aus dem Wohnzimmer. Ohne weiter nachzudenken ging er schnurstracks in die Richtung, aus der die Stimmen kamen. Glücklicherweise stand die Tür einen Spalt weit offen und so konnte er einen Blick in den Raum werfen.

"... das wird für uns alle ein Neuanfang - genau das was wir brauchen"

"Ja, du hast Recht. Langsam sollten wir beide loslassen, glaube ich"

Das waren eindeutig seine Mutter und deren Liebhaber. Aber was meinten sie bitte mit 'Neuanfang'? Mal wieder einmal hatte Dan nur Fragen im Kopf. Diesmal hatte er aber Phil, der ihm bestimmt helfen würde. Also huschte der Braunhaarige schnell in sein Zimmer, um dort mit seinem Kumpel zu schreiben.

17:43 Uhr: hey phil, der typ ist noch da und als ich eben am wozi vorbei bin, haben sie iwas von neuanfang geredet...

17:45 Uhr: hey dan, klingt ja seltsam... die beiden können sich doch gar nich allzu lange kennen

17:45 Uhr: ja genau das ist ja mein problem iwas kann da doch nich stimmen...

Für ein paar Minuten schrieb keiner mehr etwas, schließlich kam dann aber doch wieder eine Nachricht.

17:58 Uhr: versuch mal ein foto von dem typ zu machen vielleicht kenn ich ihn ja

17:59 Uhr: ich kanns ja mal versuchen...

So vorsichtig er konnte schlich Dan wieder nach unten an die Wohnzimmertür. Rasch ging er noch einmal sicher, dass Ton und Blitz der Kamera seines Handys ausgeschaltet waren, dann machte er ein Foto. Noch während er wieder zurück in sein Zimmer schlich, schickte er seinem Kumpel das Bild. Dieser antwortete allerdings wieder lange Zeit nicht.

Gerade als Dan ihm noch eine Nachricht schreiben wollte, bekam er eine von Phil.

18:32 Uhr: Dan... ich kenne diesen typen...

...und vielleicht ist es ja doch ganz andersWhere stories live. Discover now