Kapitel 15: Fast perfekt

14 0 1
                                    


Wörter: 1030

"Hi"

Vor Schreck hätte sich Dan fast die Tür seines Spinds gegen den Kopf geschlagen.

"Hi Carrie"

"Oh, tut mir leid. Hab ich dich erschreckt? Das wollte ich nicht"

"Naja, ein bisschen bin ich schon erschrocken, aber nicht weiter schlimm. Keine Sorge"

"Okay, dann ist ja gut. Was hast du jetzt in der ersten Stunde?"

"Mathe. Du?"

"Oh, du armer! Montagmorgen und die erste Stunde gleich Mathe... Das muss echt der Horror sein..."

"Ähm... Eigentlich mag ich Mathe, für mich ist es kein Horror. Also, welches Fach hast du?"

"Oh, ich wusste nicht, dass du Mathe magst... Sorry. Ich muss jetzt auch los zu Geschichte, also bis irgendwann"

"Bis irgendwann"

Was hatten eigentlich alle Leute gegen Mathe? Wenn man sich genug anstrengte, konnte es sogar richtig Spaß machen. (A/N: Wow, hab ich das grad wirklich geschrieben? Hilfe. Mathe ist und bleibt der Horror. Grr)
Aber nichts desto trotz musste er sich nun ein wenig beeilen, wenn er zur Abwechslung mal pünktlich sein wollte.

Eigentlich hatte er sich ja auf Mathe gefreut. Allerdings, als er dann den Klassenraum betreten hatte, war seine Freude wie weggeblasen: Er hatte total vergessen, dass Phil auch in diesem Kurs war. Verdammt. Hoffentlich war er nicht mehr sauer...

"Guten Morgen, Klasse. Aufgrund aktueller Ereignisse möchte ich, da ich neben Mathematik auch Psychologie unterrichte, über das Verlangen nach Kontrolle sprechen. Dan, möchtest du den Anfang machen und uns erzählen, was du schon für Erfahrungen du mit Kontrollverlangen hast?"

Mr. Bennington sah Dan durchdringend an. Dieser schüttelte nur langsam den Kopf. Und dann merkte er, wie Phils Arm in die Höhe schoss:

"Mr. Bennington, ich möchte etwas erzählen. Daniel Howell ist verdammt schwul und in mich verknallt. Dadurch ist er ein totaler Kontrollfreak geworden!"

Die gesamte Klasse verfiel in Gelächter und Dan wäre am liebsten gestorben. Doch bevor es noch schlimmer werden konnte, wachte er auf. Es war nur ein Traum gewesen, was ein Glück...

Der Junge setzte sich auf und rieb sich die Augen. Natürlich war es gut, dass das nur ein Traum gewesen war, aber der Inhalt brachte ihn doch zu Grübeln. War er tatsächlich schwul? Und noch viel wichtiger: War er tatsächlich in Phil Lester verliebt? Es war immerhin mehr oder weniger sein Stiefbruder, da würde es sich nicht gerade gut machen, wenn er in ihn verknallt wäre. Außerdem: Woher sollte er wissen, ob Phil ihn überhaupt ansatzweise mochte? So, wie er sich ständig benahm...

Und wieso zur Hölle träumte er jetzt schon zum zweiten Mal in Folge von Phil? Anscheinend musste dessen Traumversion wohl Recht haben... Doch Dan wollte sich nicht zu sehr in die Sache hineinsteigern, er wusste ja, wie schnell immer unbeantwortbare Fragen auftauchen würden. Also beschloss er, sich wieder hinzulegen und weiterzuschlafen. Das war ja inzwischen zu seiner mehr oder weniger erfolgreichen Taktik gegen seine Gedanken geworden.

Als er wenig später aufwachte, war sein erster Gedanke ausnahmsweise mal nicht der Traum. Mit guter Laune stieg  er aus seinem Bett und trottete schlaftrunken in die Küche. Dort angekommen wurde er von den Sonnenstrahlen begrüßt, die seine Nase kitzelten, was ihm ein Lächeln auf seine Lippen zauberte. Es wäre wie eine perfekte Filmszene gewesen, wenn er nicht plötzlich Schritte hinter sich gehört hätte. Und auch wenn er wusste, dass es nur Phil sein konnte, drehte er sich dennoch und sah direkt in die meeresblauen Augen.

Nach ein paar peinlichen Sekunden öffnete Dan den Mund, um etwas zu sagen, wurde aber sofort von dem Schwarzhaarigen unterbrochen: "Versuch's gar nicht erst. Lass mich einfach in Ruhe."

"Wärst du so nett und würdest mir verdammt nochmal endlich verraten, was dein Problem ist? Ständig bist du wegen irgendetwas angepisst und wenn man mit dir reden will, blockst du nur ab! Ich hab's wirklich auf die normale Art versucht, aber das bringt ja wohl anscheinend nichts bei dir. Also, was ist jetzt?"

Dan hatte keine Ahnung, warum das gerade alles aus ihm herausgekommen war, schließlich hatte er einen perfekten Morgen gehabt - auch wenn dieser sehr kurz gewesen war. Wahrscheinlich war es einfach nur der ganze Ärger, den er schon seit Tagen mit sich herumtrug. Phil hingegen starrte ihn völlig emotionslos an und machte nicht die geringsten Anstalten, auch nur ein Wort zu sagen. Also schauten die beiden eine Weile lang an, bis der Schwarzhaarige sich auf dem Absatz umdrehte und wieder von dannen zog.

Dan stand fassungslos da und fragte sich, was nur mit diesem Jungen los war. Wieso war er nur ständig so unbeschreiblich seltsam? Nicht mal ein einziges vernünftiges Wort war aus ihm herauszubekommen. Kopfschüttelnd wandte er sich dann aber doch der Vorbereitung seines Frühstücks zu. Denn egal wie viele Gedanken er sich auch machen würde, ändern würde sich ohnehin nichts. Da konnte er sich auch auf etwas anderes konzentrieren.

Mit der Müslischüssel in der Hand stieg er wieder die Treppen hinauf und machte es sich in seinem Zimmer bequem. Während er aß schaute er ein bisschen fern, um das Thema komplett für ein paar Minuten zu vergessen. Es lief zwar nicht wirklich etwas interessantes, aber immerhin war er abgelenkt.

Schließlich stand er auf, schaltete den Fernseher aus, sammelte seine Klamotten zusammen, während er noch die Müslischüssel trug, und wollte gerade seine Zimmertür öffnen, als er hörte, wie Phil aus seinem eigenen Zimmer kam. Also blieb der Braunhaarige stehen und lauschte durch die geschlossene Tür. Viel zu hören gab es allerdings nicht, denn der Schwarzhaarige lief einfach nur die Treppen hinunter und verließ das Haus. Zögernd drückte er die Türklinke mit seinem Ellbogen nach unten, brachte das Geschirr in die Küche und machte sich anschließend im Bad fertig. Nur hatte er keine Ahnung, was er mit diesem Tag anfangen sollte. Er wollte definitiv nichts raus gehen, denn draußen war es ziemlich warm. Sich drinnen aber vor den Laptop verkrümeln wollte er aber auch nicht so wirklich. Also beschloss er, sich mal wieder eine Panic! At The Disco CD anzuhören und dabei wie klischeehafter Teenager auf dem Bett zu liegen. So lag er also da, das Gesicht in Richtung Decke und die Beine überkreuzt. Und egal wie dumm es klang, aber es tat auf eine seltsame Weise richtig gut, einfach mal nur dazuliegen und Musik zu hören. Auch wenn dadurch seine Gedanken freien Lauf hatten...

...und vielleicht ist es ja doch ganz andersWhere stories live. Discover now