Kapitel 26

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Daniel hatte den Fernseher eingeschaltet, während Evelyn unter der Dusche gestanden war. Jetzt lag sie in ihrem Bademantel auf dem großen Kingsize-Bett und er benutzte das Badezimmer. Wie erhofft, hatte sie die Dusche wieder ein wenig ausgenüchtert und schon jetzt schämte sie sich für manche Dinge die sie im betrunkenen Zustand gesagt oder getan hatte. Außerdem hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie sich so von Daniel verwöhnen hat lassen. Aber wie er so schön sagte, heute war der Tag, an dem sie sich um nichts sorgen sollte, weswegen sie versuchte, die negativen Gedanken zu verdrängen.

Daran hielt sie jedoch nur so lange fest, bis sie ihr Smartphone zur Hand nahm. Ihre beste Freundin Emma hatte schon wieder eine Nachricht hinterlassen. Es war höchste Zeit sich endlich bei ihr zu melden. Schnellen Schrittes ging sie auf den Kühlschrank des Zimmers zu und zog die To-Go-Box heraus. Dann stellte sie den Styroporbehälter mit dem Burrito am Bett ab und wählte die Nummer von Emma, während sie sich ein kleines Stückchen Brokkoli in den Mund schob. Gleich beim ersten Freizeichen wurde das Gespräch entgegengenommen. „Na endlich, Eve. Weißt du eigentlich welche Ängste ich ausstehen musste, deinetwegen? Hättest du nicht hin und wieder diese kurzen Nachrichten hinterlassen, hätte ich wahrscheinlich gedacht, du seist tot."

„Es tut mir leid!", antwortete sie reuevoll und fühlte sich dabei wirklich miserabel. „Daniel und ich hatten einfach wahnsinnig viel um die Ohren. Wegen diesem blöden Attentat haben wir extrem viel Zeit mit Ärzten und Psychologen verbracht."

„Daniel?", fragte Emma und Evelyn konnte förmlich hören, wie sie ihre Brille zurechtrückte und gleichzeitig den rechten Mundwinkel nach oben zog, so wie sie es immer tat, wenn sie versuchte etwas zu verstehen. „Etwa der Kerl, der beim letzten Mal an deinem Handy war. Oh ... oh ... und dessen Hand du fotografiert hast." Ihre Freundin kreischte plötzlich: „Evelyn Janet Kramer erzähl mir auf der Stelle alles. Und mit alles meine ich ausnahmslos alles. Wie alt ist er? Hat er auf seinem ganzen Körper Tattoos? Wie groß ist sein Schwanz?"

„Emma", schrie Eve entsetzt, entschied dann aber ihr einige Fragen zu beantworten, hauptsächlich deshalb, weil sie der Peinlichkeit ihrer letzten Frage aus dem Weg gehen wollte. „Wie ich bereits gesagt habe, ist sein Name Daniel. Vielleicht kannst du dich noch an ihn erinnern. Er ist das Arschloch vom Flughafen, das sich vor mich in die Reihe gedrängt hat. Wir waren auf demselben Flug und anschließend in dem Aufzug gefangen, während des Attentats in Miami. Dabei habe ich festgestellt, dass ich ihn falsch eingeschätzt hatte. Daniel ist nicht nur äußerst zuvorkommend, sondern auch wahnsinnig liebevoll. Außerdem ist er total männlich, was mich irgendwie nervös macht." Eve kicherte leise, was sie sofort wieder dem Alkohol zuschrieb. „Ganz anders als David war. Er behandelt mich großartig und kümmert sich immer gut um mich. Wahrscheinlich sollte ich mich sogar schlecht fühlen, dafür, dass ich ihn als Arschloch bezeichnet habe, denn das ist er ganz und gar nicht. Ganz im Gegenteil, er ist perfekt", schwärmte Eve weiter und plötzlich wurde ihr klar, dass sie sich anhörte wie ein verliebter Teenager, weswegen sie versuchte zu erklären, dass ihre Verbindung zueinander noch viel mehr war, als blöde Schwärmerei. „Ich weiß es hört sich seltsam an, aber irgendwie sind wir wohl miteinander verbunden, seit wir dieses Attentat gemeinsam überlebt haben. Manchmal kann ich seine Emotionen spüren und er kann das auch mit meinen. Noch nie zuvor bin ich jemandem begegnet, der so ein Feingefühl für meine Gefühlswelt hatte. Er weiß immer genau, wie er sich benehmen muss, um mich nicht einzuengen. Manchmal bringt er mich sogar dazu festgefahrene Meinungen abzulegen und sie noch mal zu überdenken. Soll ich dir etwas sagen? Er hat mir heute zwei Kleider und ein Paar Schuhe gekauft. Es war mir schon immer unangenehm, wenn ich das Gefühl hatte, dass mich jemand aushalten musste, aber er schafft es immer wieder, es so aussehen zu lassen, als würde ich ihm damit gein Gefallen tun und nicht umgekehrt."

„Da hat es ja jemanden ziemlich erwischt", sagte ihre Freundin und bevor Eve dazu kam es abzustreiten, fragte sie ganz unverfroren: „Ist er heiß?"

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