Kapitel 24

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„Was hältst du von einem Eisbecher?", fragte Dan. Eve musterte ihn von der Seite. Seit sie die Praxis von Dr. Apple verlassen hatten, hatte er ein Lächeln im Gesicht und sie wollte, dass es auch dort blieb, denn sie mochte den ausgelassenen, gutgelaunten Daniel, der keine Sorgen zu haben schien. „Ein Eisbecher wäre großartig", antwortete sie deshalb. Aus diesem Grund bog er wohl nicht dort ab, wo es zurück aufs Festland ging, sondern blieb auf der kleinen Insel South Beach. Geradewegs steuerte er sein Auto auf ein Parkhaus zu. Es wirkte, als kenne er sich hier ziemlich gut aus. „Bist du oft hier?", fragte sie. Er schüttelte den Kopf. Damit hatte sie eigentlich nicht gerechnet, nachdem er vollkommen ortskundig zu sein schien. Als er ihren verwirrten Gesichtsausdruck erkannte, erklärte er: „ Es ist ziemlich einfach, sich zu merken wo sich in South Beach was befindet. Wir sind jetzt nur eine Querstraße vom Strand entfernt und hier drüben befindet sich die Lincoln Road Mall. Du darfst dir aussuchen, wo du lieber deinen Eisbecher serviert hättest." Was war das für eine Frage? Natürlich am Strand! Doch eigentlich wollte sie gar keine Eiscreme. Viel mehr verspürte sie ein Gefühl, welches sie schon seit fast drei Wochen nicht mehr hatte, Hunger. „Daniel, könnten wir vielleicht irgendwo hin gehen wo es auch einen späten Lunch oder frühes Dinner gibt? Mein Magen knurrt wie verrückt."

Er nickte liebevoll, während er sie an der Hand aus dem Parkhaus zog. „Ich bin wahnsinnig froh, dass du endlich wieder aus eigenem Antrieb essen willst. Wurde auch höchste Zeit. Worauf hast du Lust?", wollte er wissen. Im Moment hätte sie wohl alles gegessen, weswegen sie einfach nur mit den Schultern zuckte. „Okay, lass uns den Ocean Drive entlang schlendern und die Speisekarten der Restaurants dort checken." Damit zog er sie noch weiter in Richtung Strand. Es war drei Uhr Nachmittags und die Sonne brannte auf ihre nackten Schultern. Doch sie liebte dieses Wetter. Schon als Kind war der Sommer ihre liebste Jahreszeit. Es konnte ihr gar nicht heiß genug sein. Sie war einfach eine Sonnenanbeterin, weswegen sie nun ihr trägerloses Top, über ihren Kopf stülpte. Seit sie in Florida war, hatte sie ohnehin die meiste Zeit einen Bikini anstatt Unterwäsche an. Denn obwohl sie sich mitten in der Tropensturmzeit befanden und es deshalb häufig regnete, wusste man hier nie, wann sich die Möglichkeit ergeben würde, schwimmen zu gehen. Bevor sie wieder zurück zu Daniels Haus fahren würden, würde sie auf jeden Fall den Atlantik noch einen Besuch abstatten und Dan hatte dieses Mal keine Ausrede, warum er nicht mitkommen konnte, denn seine Narbe durfte nun wieder nass werden. Verstohlen musterte er sie von der Seite. Für eine Sekunde konnte sie sehen wie seine Augen aufblitzten. Vielleicht gefiel sie ihm ja wirklich so sehr, wie er vorhin in der Praxis gesagt hatte, aber das schien ihr immer noch ziemlich unwahrscheinlich zu sein. Natürlich hatte sie die Frau, für die sie von ihrem Mann verlassen wurde, auf Facebook gestalkt, und sie fand die Rumänin ziemlich hässlich, mit der er jetzt zusammen war. Wenn David sie für diese Vogelscheuche verlassen hatte, wie konnte Dan sie dann sexy finden? Als könnte er ihre Gedanken lesen, blieb er stehen, drehte sie um hundertachtzig Grad und zog sie an seine Brust. Den Kopf hatte er nach unten gebeugt. Evelyn hatte nur Flip Flops an den Füßen, warum der Größenunterschied zwischen ihr und dem Basketballspieler enorm war. Sie legte den Kopf in den Nacken, damit sie im Stande war ihm in die Augen zu sehen. „Weißt du eigentlich, wie wahnsinnig sexy du bist?", fragte er mit einem anzüglichen Grinsen auf den Lippen. Entsetzt schüttelte sie den Kopf. Hatte er ihre Unsicherheit etwa schon wieder bemerkt? „Dann solltest du dich wirklich öfter in den Spiegel blicken. Wenn du so ...", er fuhr langsam mit dem Zeigefinger von ihrem Hals zu ihrem Dekolleté und hinterließ dabei ein prickelndes Gefühl auf ihrer Haut, „... hier herumläufst, rennst du wohl Gefahr einige Verkehrsunfälle zu verursachen." Sanft drückte er ihr einen kleinen Kuss auf die Lippen, bevor er Eve wieder zu sich umdrehte und weiter mit ihr an der Hand, zum Strand lief. Vollkommen perplex, versuchte sie zu verstehen, was gerade passiert war. Daniel hatte ihr ein Kompliment gemacht, sie in der Öffentlichkeit geküsst und jetzt spazierten sie auch noch händchenhaltend den Strand entlang. Natürlich hatte sie nicht vergessen, was sie in der Praxis der Psychologin gesagt hatte. Sie würde ihnen beiden die Chance geben herauszufinden, was aus ihnen werden könnte. Aber ging das hier nicht ein wenig schnell? Bedeutete das nicht, dass sie schon etwas waren? Fest drückte er ihre Hand: „Denk nicht so viel nach. Ich hab dir doch bereits gesagt, dass ich uns in kein Schema drängen werde. Lass uns einfach chillen und die Zeit genießen." Okay, das hörte sich doch ziemlich unverbindlich an, damit konnte sie leben. Zumindest im Moment, weswegen sie seine Hand auch weiterhin festhielt.

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