~ 9. Kapitel ~

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»Kids (OneRepublic)«

Wie vereinbart stehe ich Sonntag am Abend vor Serafinas Haustür.

Meine Eltern waren sofort begeistert, dass ich mal bei einer anderen Freundin als Elena übernachten möchte, selbst dass es in der Schulzeit ist. Mit dem Argument, wir würden an dem Projekt für die Schule weiterarbeiten habe ich sie dann schlussendlich leicht überreden können mir die Erlaubnis zu geben.

In letzter Zeit bin ich wirklich oft hier bei Serafina gewesen. Für meine Geschmack vielleicht sogar schon zu oft.

Aber die Shopping- Aktion war wirklich eine gut gemeinte Sache, das habe ich gestern festgestellt, als ich meine neuen Klamotten noch einmal anprobiert habe.

Alle passen gut und sind auch irgendwo modern, soweit ich das einschätzen kann. Aber am wichtigsten ist, dass sie selbst mir gefallen und das will schon was heißen.

Quälend langsam öffnet sich die Haustür, vor der ich immer noch warte. "Hallo?", begrüßt mich ein kleines Mädchen fragend und lunst durch den Türspalt. Ich beuge mich ein wenig hinunter, um mit ihr auf der selben Höhe zu sein und versuche sie so freundlich wie möglich anzulächeln. "Hey, ich wollte zu Serafina."

Die kleine scheint Vertrauen gefasst zu haben, denn sie öffnet die Tür noch weiter, sodass ich einen besseren Blick auf sie habe. Ihre blonden Locken wippen süß hoch und runter, als sie einen Schritt zur Seite tritt und mich hereinlässt.

"Wer bist denn du?", frage ich, neugierig wie immer und betrachte das kleine Mädchen genauer. Sie trägt ein kurzes Shirt mit einem pinken Hasen darauf abgebildet und ihre haselnussbraunen Augen blicken schüchtern zu mir hoch. "Luna.", antwortet sie und legt ihren Kopf schief. "Und du?"

"Mein Name ist Rosa.", lächele ich wieder.
"Wie der Hase.", stellt Luna fest und ich brauche einen Moment, ehe ich realisiere, dass sie den rosafarbenen Hasen auf ihrer Kleidung meint.

Mit einem kleinen Nicken gebe ich ihr Recht und schaue mich dann um.

Gerade will ich sie fragen, wo Serafina steckt, da kommt diese auch schon die Treppe herunter und bleibt neben Luna stehen. "Hey.", begrüßt sie mich und zieht Luna zu sich. "Wie ich sehe hat dir meine kleine Schwester schon aufgemacht."

"Eine süße Schwester hast du da.", stelle ich fest und meine es auch so. Normalerweise habe ich für jüngere Kinder nicht viel übrig, ich verstehe auch nicht, warum die meisten Mädchen beim Anblick kleiner Kinder immer ganz verrückt werden und schreien wie 'knuffig' sie doch sind. Meiner Meinung nach sind sie einfach nervig, quengelig und laut.

Doch dieses Mädchen, mit den Engelslocken, hat sogar mein Herz erwärmt.

"Ich weiß.", meint Serafina glücklich und gibt der Kleinen einen Schmatzer auf die Stirn. "So, jetzt lass uns in mein Zimmer gehen.", bestimmt sie und dreht sich genau in dem Moment weg, als Luna sich ihre Stirn leicht angewidert an ihrem Shirt abwischt. Anscheinend ist das für sie schon zu viel Zuneigung gewesen.

Mit einem Grinsen folge ich Serafina in ihr Zimmer, in dem sie mich schon erwartet. "Ich würde sagen, wir fangen gleich an. Hast du alles dabei?", fragt sie mich ganz hibbelig und lässt sich auf ihren Teppich fallen.
Anscheinend kann sie es gar nicht erwarten, mich zu quälen.

Ich nicke und stelle meinen Rucksack auf der Erde ab. "Alles da drin.", meine ich kurz angebunden und schiebe ihn zu Serafina. Diese schaut hinein und dreht ihn, ohne mit der Wimper zu zucken um, sodass der gesamte Inhalt auf den Boden kullert.

Achtlos stellt sie den Rucksack beiseite und widmet sich dessen Inhalt. "Was haben wir denn da?", fragt sie mehr zu sich selber und beginnt alles genau in Augenschein zu nehmen.

Sie hat mir aufgetragen mein gesamtes Schminkzeug mitzubringen, um mich probehalber mal zu schminken. 'Was nützt es dir, wenn ich dich mit meinen Sachen schminke, und du es zu Hause nicht nachmachen kannst, weil du nicht die selben Utensilien hast?', hat sie mich gefragt und mir ist darauf mal wieder nichts besseres eingefallen, als zustimmend zu nicken.

Deshalb sitzt sie nun in einem, zugegebenermaßen, kleinem Haufen Schminkutensilien und wirkt nicht gerade glücklich. Ich zucke bedauernd mit meinen Schultern. "Sorry, aber mehr habe ich nicht.", versuche ich zu begründen, doch sie winkt mit einer Handbewegung ab. "Macht nichts. Das bekomme ich schon hin."

Mit in Falten gelegter Stirn beginnt sie meine Sachen in mehrere Haufen zu sortieren. Sie sieht dabei so angestrengt konzentriert aus, dass ich sie nicht unterbreche und mich einfach schweigend auf den Boden setze. Wahrscheinlich hätte sie mich eh nur schnell wieder vom reden abgebracht.

Nach einer Weile sieht sie auf und schiebt mir einen Teil der Schminksachen vor die Füße. "So, jetzt zeig ich dir mal, wie man sowas macht.", kündigt sie mit einem zufriedenem Lächeln an und ich setze mich bequemer hin, als sie aufsteht und einen kleinen Handspiegel holt.
Mit einem "festhalten.", drückt sie ihn mir in die Hand und öffnet eine der Schminkpaletten.
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Ihr scheint diese ganze schminkerei ziemlich viel Spaß zu machen, denn sie quasselt mich die ganze Zeit zu, wo genau ich welchen Strich hinzusetzen habe, welche Farbe mir am besten steht und welches Produkt ich mir unbedingt noch zulegen muss.

Gleichzeitig setzt sie ihre Tipps um und pinselt mir mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck das Gesicht ein. Immer wieder tritt sie einen Schritt von mir weg, um ihr Werk zu betrachten und murmelt vor sich hin, wie eine besessene.

Gerade als es mir zu bunt wird und ich fragen will, ob sie noch alle Tassen im Schrank hat- oder in dem Fall eher alle Schminkpinsel- tritt sie einen endgültigen Schritt von mir weg und schnalzt mit der Zunge. "Fertig.", stellt sie fest und bedeutet mir, mich ruhig auch mal im Spiegel zu betrachten.

Vorsichtig schaue ich in den Spiegel und bin erstmal geschockt. Ich hatte wahnsinnig viel Angst vor dem Ergebnis, habe mir schon tausendmal ausgemalt, was ich tun würde, wenn sie mir so viel Make-up auf mein Gesicht klatschen würde, wie sich selber, doch anscheinend sind alle meine Ängste unbegründet.

Man sieht mir überhaupt nicht an, dass ich viel Schminke im Gesicht habe, im Gegenteil: Serafina hat es irgendwie geschafft mit dem Allerwenigsten das Allermeiste herauszuholen. Sie hat mein Gesicht konturiert, sodass meine Gesichtszüge viel besser zu erkennen sind, dabei an den richtigen Stellen Highlights gesetzt und meinen Wangen eine leichte Röte gegeben, die mein Gesicht frisch und aufgeweckt wirken lässt. Meine Augen hat sie nur mithilfe eines Brauntones hervorgehoben und meine Lippen mit einem leichten rosa bepinselt.

Ehrlich erstaunt drehe ich mich zu Serafina. "Das ist ja der Wahnsinn.", lobe ich sie und bekomme ein Lächeln. "Dankeschön. Der Look ist echt perfekt für dich."

Mit einem kurzem Nicken gebe ich ihr Recht. Schwierig scheint das ganze auch nicht zu sein, das würde ich also locker zu Hause auch hinbekommen.

Außerdem haben meine Augen die Kontaktlinsen, die Serafina mir probehalber eingesetzt hat hervorragend vertragen. Ich habe echt daran gezweifelt ob meine Augen das so mitmachen, da ich schon so oft von anderen Personen gehört habe, die rote, verquollene Augen davon bekommen haben.

Bei mir sieht man nichts davon, außer das sie ein wenig getränt haben zu Anfang.

"Aber geh dich jetzt abschminken und umziehen.", befiehlt Serafina mir wieder und ich schaue von dem Spiegel zu ihr auf. "Ich muss dich morgen schließlich auch noch fertig machen, also brauchen wir doppelt so lange." Das hieß dann wohl früh ins Bett gehen.
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Vielen Dank für über 500 reads! Ich bin jedem so dankbar, der sich Zeit nimmt und diese Story ließt. Natürlich würde ich mich wie immer über Feedback freuen :)

Mein Name ist Rosa.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt