3. Die USA ist schuld...

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...oder doch Starbucks? Wir werden es wohl nie erfahren...

Eine kurze Weile herrscht Schweigen, bis das Mädchen antwortet: "Ihr seid da drinnen vor irgendwas weggelaufen, als ob es um euer Leben ginge und das erste was euch einfällt, ist zu fragen wer ich bin?!"

"Es ging um unser Leben", murmelt Pichu sehr leise, während sie noch immer das Mädchen anschaut.

"Es ist Pichu zuerst eingefallen", berichtigt Anni das fremde Mädchen. Das muss sie jetzt wirklich mal klar stellen. Wenn man schon den Mund aufmacht und was sagt, dann doch bitte präzise.

"Was?" Das Mädchen schaut ein bisschen verwirrt. Anscheinend hat sie nicht mit Widerspruch in dieser Richtung gerechnet.

"Die Frage, wer du bist, das ist Pichu zuerst eingefallen. Nicht uns", erklärt Anni sichtlich genervt. 'Ist die wirklich so lahm im Kopf oder tut die nur so?'

"Das tut doch überhaupt nichts zur Sache! Es geht mir einfach darum, dass es da drinnen vielleicht wirklich um unser Leben ging, wäre da nicht die viel logischere Frage, was es war, vor dem ihr geflüchtet seid?!", regt sich das Mädchen auf. Für sie ist es total unverständlich, wie Anni auf so einer Nebensächlichkeit beharren kann. Wenn sie nicht entkommen wären, dann könnte sie nicht einmal mehr darauf herumreiten, also warum hält sie sich so dermaßen damit auf?!

"Wir sind vor kleinen, kannibalischen 12-Jährigen geflüchtet, die die anderen da drinnen aufgefressen oder zumindest getötet haben. Damit ist die Frage vor wem oder was wir geflüchtet sind für uns schon geklärt, du bist die einzig Unwissende hier. Und da wir das eben schon wussten, war die nächstliegende Frage eben wer du bist", erklärt Moon in einem sehr sachlichen Ton. Anscheinend ist sie noch immer voller Adrenalin, ansonsten wäre sie wohl nicht so ruhig und sachlich, sondern sehr aufgedreht.

Generell sind alle sehr ruhig. Eine fast schon gespenstige Stille liegt über der Gruppe. Keiner ist hysterisch oder panisch und voller Angst. Entweder sie sind alle Meister der Verdrängungs-Strategie oder sie sind alle so abgebrüht, dass es sie schon gar nicht mehr juckt, wenn jemand vor ihren Augen aufgefressen wird. Sie haben bei dem Anblick von Gedärmen und sonstigem vorhin in der Bibliothek auch nur ein wenig grünlich angemutet, aber nicht gekotzt. Haben sie eine so große Selbstbeherrschung?

"Und es ist sehr unhöflich eine Frage unbeantwortet im Raum stehen zu lassen!", erinnert Butter die Fremde in bester Lehrermanier. Von den vergangenen Schrecken ist nichts mehr zu spüren. Die Vorstellung von den Zombies lässt sie vollkommen kalt. Vielleicht ist es ja auch ein instinktiver Schutzmechanismus des Körpers nicht in Panik auszubrechen und einfach nur schnellstmöglich schnell wegzukommen, sondern klar zu bleiben und wirklich rational und logisch zu überlegen. Aber logisch und rational sind die allesamt irgendwie nicht.

Das Mädchen seufzt und streicht sich einmal durch die langen blonden Haare. "Ich bin Goldie. Freut mich euch kennen zu lernen. Oder auch nicht. Muss ich noch gucken. Ich versteh's einfach nicht." Resigniert seufzt sie auf und mustert die anderen Mädchen.

"Was verstehst du nicht?", fragt Cosette sofort nach. Sie hat das Bedürfnis, dem Mädchen Antworten zu liefern, warum weiß sie nicht. Da ist einfach nur dieser Drang in ihr, der sie dazu gebracht hat nachzuhaken.

"Ich versteh nicht, wie ihr alle so ruhig bleiben könnt! Ihr wärt da drinnen beinahe draufgegangen und trotzdem seid ihr gut aufgelegt und macht Witze! Es ist einfach so unglaublich, dass da drinnen Leute gestorben sein sollen, wenn ihr hier draußen euch so normal verhaltet!"

"Also dafür, dass du auch beinahe gestorben bist, machst du dir ziemlich viele Gedanken zu unserer Situation und wie wir uns verhalten. Solltest du nicht eigentlich einen Zusammenbruch erlitten haben oder wenigstens einem nahe sein? Wäre das nicht die normale Reaktion auf so etwas?" Moon ist so rational, dass es den anderen Angst macht. Was ist mit der Moon passiert, die da vorhin mit Butter durch die Gänge gehüpft ist, ohne sich darum zu scheren, was andere davon denken könnten? Und die sind wahrscheinlich tot. Was haben sie gemacht, wenn sie nicht in der Bibliothek waren? Hatten sie Familie? Sind sie regelmäßig arbeiten gegangen? Hatten sie Geldprobleme? Oder Streit mit den Schwiegereltern? Was ist mit ihrer eigenen Familie? Wenn die Fangirl-Zombies schon in die Bibliothek eingedrungen sind, leben dann ihre Angehörigen noch? Alle hängen ihren eigenen Gedanken nach, die sie alle in die mehr oder weniger gleiche Richtung führen, aber keiner spricht aus, was sie alle nicht wahrhaben wollen. Vielleicht, weil es dann real wird. So können sie sich noch vormachen, dass ihre Eltern und Geschwister noch leben. Dass sie irgendwo Zuflucht gesucht haben und nur darauf warten, dass die Lage sich stabilisiert.

Unser kleines, feines LochWhere stories live. Discover now