Kapitel 5 - Dr. Thredson

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Einige Tage später, als ich mich wieder im Aufenthaltsraum aufhielt, und mich dabei zu Tode langweilte, betrat eine neue Person den Raum. Eine Person, die nicht hierher zu gehören schien. Sie kam mir bekannt vor, keine Frage und doch wusste ich nicht, woher ich sie kannte.

Als sie den Raum betrat, spürte man quasi ihre Unsicherheit. Sie sah sich vorsichtig im Raum um und suchte einen freien Platz. Dann blieben ihre Augen auf mir hängen und sofort weiteten sie sich unmerkbar, aber doch zu sehen. Aha, dachte ich mir, sie wusste also wer ich war.

Sie scannte abermals den Raum mit ihren Augen ab und in diesem Augenblick fand sie einen. Bei Scarlett. Die Frau ging langsam auf sie zu und fragte wohl, ob dort noch frei war, da Scarlett daraufhin nickte. Sie lächelte leicht, nickte ebenfalls und setzte sich Scarlett gegenüber, die sich wieder in ihr Buch vertiefte. Ich konnte sogar einen kurzen Blick darauf werden, als sie das Buch wieder aufklappte. Es war ein Roman von Jane Austen. „Stolz und Vorurteil" – ein Klassiker also.

Die Frau sah wieder einen Moment in meine Richtung und sofort wusste ich wer das war. Lana Winters. Eine Reporterin. Sie war dabei, als man mich ins Gefängnis brachte und sie war auch dabei, als sie mich hier eingewiesen hatten.

Aber warum war sie hier? Was machte sie in Briarcliff. Sie schien nie psychisch-instabil, eher neugierig. Aber sie war Reporterin und die suchen quasi nach ihrer neuen Story. Deshalb war sie auch bei meiner Einweisung dabei. Sie hatte wohl noch zu wenige Informationen und schnüffelte rum. Schwester Jude muss sie erwischt und Panik bekommen haben, dass all die schmutzigen Details an die Öffentlichkeit kamen. Deshalb ist sie hier.

Und sie hat Angst vor mir, weil sie denkt, dass ich der echte „Bloody Face" bin, der ich nun mal nicht bin. Deshalb sitzt sie wohl auch bei Scarlett, da dieser Platz am weitesten weg von mir ist. Aber ich werde dieser Frau noch beweisen, dass ich der nicht der echte „Bloody Face" bin.

Am nächsten Morgen wurde ich in aller Herrgottsfrühe geweckt. Und dass, obwohl ich kein Morgenmensch, ein regelrechter Morgenmuffel sogar. Aber ich befinde mich hier ja auch in einer Psychiatrieanstalt und nicht in einem Luxushotel. Doch trotz allem bin ich deswegen auch sehr schlecht gelaunt.

Ich wurde aus dem Schlaf gerissen, in eine Zwangsjacke gezwängt und nun bringt mich irgendein „Pfleger" zu meinem behandelten Arzt. Pfff, als ob ich einen Arzt bräuchte. Die können mich mal.

Vor einer schweren Eisentür blieben wir stehen. Dr. Oliver Thredson las ich auf dem kleinen Schildchen neben der Tür. Der Mann klopfte an und aus dem inneren klang ein lautes „Herein!". Der Pfleger öffnete die und schubste mich in den Raum. Der Arzt stand noch mit dem Rücken zu mir bei einem Schrank und wühlte in einem Ordner, vermutlich meinem.

Der Pfleger schubste mich schlussendlich auf den Stuhl, welcher vor dem massiven Schreibtisch aus dunklem Eichenholz stand, da ich mich noch nicht von der Stelle bewegt habe. Dann verabschiedete er sich und verschwand durch die Tür. Langsam kam ich mir ziemlich dämlich vor. Ich wurde extra hierhergebracht, um mit einem Arzt zu reden und der hatte die Frechheit sich noch nicht mal umzudrehen. Nein, er las jetzt noch in der Akte.

Ich versuchte umständlich wieder aufzustehen, doch es war aufgrund der Zwangsjacke fast unmöglich. Durch meine kläglich gescheiterten Versuche aufzustehen und aufgrund des lauten Herumwackelns des Stuhls, wurde Dr. Thredson auch auf mich aufmerksam bzw. hörte, was ich versuchte und befahl ohne dabei hinzusehen. „Sitzen bleiben. Ich bin gleich bei Ihnen. Ich suche nur noch.... Ahh, da ist sie ja!"

Dann drehte er sich um und ich konnte endlich sehen, mit wem ich es zu tun hatte. Dr. Thredson war ein mittelgroßer Mann, um die vierzig, mit kurz-geschnittenen und zurückgegelten Haaren. Er hatte stechende braune Augen, die sich hinter einer Brille mit dickem Rand versteckten. Er trug eine dunkelbraune Hose, dazu ein weißes Hemd, bei dem er die Ärmel über die Ellbogen gekrempelt hatte, sowie dazu passende dunkelbraune Schuhe aus Lackleder. Das dunkelbraune Sakko hing über der Lehne seines Stuhls.

Stop crying your heart out (Evan Peters)Where stories live. Discover now