4.Kapitel

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-Am nächsten Tag-


                 

Wieder machte ich mich auf dem Weg zur Uni.

Er war mir so bekannt, dass ich mit verbundenen Augen den Weg hätte entlang gehen können.

Ich weiß zum Beispiel, dass Mrs. Norais jeden morgen um zwanzig vor neun die Haustür abschließt, sie dann bis zum ende ihres kleinen Weges, der vor ihrem Haus ist, geht und dann wie immer sich umdreht und wieder zur Tür schreitet um sicher zu gehen, dass sie wirklich abgeschlossen hat.

Ich wusste, dass jeden morgen, genau um 08:46 ein Mann, der ein Mustache hat, mit seinen Schreibutensilien bewaffnet, einen Kaffee schlurft und ein belegtes Brötchen isst und im Café "Bon'Áppettit" sitzt.

Es waren meine normalen morgen Routinen. Sie waren etwas alltägliches, ein Teil meines Lebens.

Aber seit Samstag ist alles anders geworden.

Ich hatte die Welt immer in Farben gesehen.

Fröhliche, unschuldige und so warme Farben.

Ich liebte es die Landschaften hier mir anzusehen. Die Kirschbäume, die am Rande des Weges waren und der Fluss, der nicht weit entfernt davon, man friedlich fließen sehen konnte.

Alles war Farbenfroh, alles war besser. Bis dahin.

Ab dem Tag an, fing ich an zu denken mich würde jemand verfolgen, ich blickte öfters hinter mir, doch sah niemanden. Selbst in meinem eigenen zu hause tat ich es.

Einmal habe ich einen Schatten vorbeihuschen sehen, doch es stellte sich nur als einen herumschlendernder Kater heraus.

Meine Welt war nun eintönig, keine wärme mehr, alles kalte Farben, die so schienen, als hätte man einen Eimer Wasser über ein Blatt mit getönter Farbe geschmissen. So sah ich meine Welt. Verschwommen, weil ich nichts mehr verstand. Kalt, weil ich fürchtete jeden Moment jemanden hinter mir sehen zu können.

Ich wurde langsam Paranoid.

Die CD befand sich in meiner Tasche, die ich fest um mir geschlungen hatte. Ich wollte sie nicht mehr, ich wollte weg von der CD.

Auf einmal überkam mich eine derartige Wut, wieso taten Claire und Timmothy mir so etwas an.

Das war unter aller Sau, sie wussten, dass ich nach solchen Horrorfilmen immer Angst hatte und Anzeichen darauf deuteten Paranoid zu werden und ich meine das Ernst!

Einmal, als ich noch klein war, ist etwas passiert.

Ich war wie fast jedes Wochenende mit meinem Bruder bei meinen Großeltern, es war immer wunderschön dort.

Meine Granny, die jeden morgen für uns Spiegelei mit Bacon gemacht hatte und mein Grandpa, der immer in seinem Ledersessel im Wohnzimmer am liebsten saß und seine alt geliebten Zigarren genüsslich rauchte. Beide waren so wundervolle Menschen, doch wie das altgeliebte Sprichwort sagt, die Guten gehen immer zuerst. Es war Unfair und Gemein. Doch so ist es nun mal. So ist das Leben.

Und einmal sind Jack und ich im Fernseher auf eine Dokumentation gestoßen, ich war damals vielleicht gerade mal elf Jahre alt. In der Dokumentation ging es um die Psyche des menschlichen Wesen. Es war eine Dokumentation, die einen fesselte, doch man eigentlich nicht zuhören wollte, da sie einen mit diversesten Gedanken enden ließ.

An einer Stelle konnte ich mich noch sehr gut erinnern:

- „Da auf das Menschliche Auge kein verlass ist, wollen wir es Ihnen beweisen. Schauen sie ganz genau auf ihren Bildschirm. Sie werden gleich ein Bild, für eine gewisse zeit, eingeblendet bekommen. Schauen Sie einfach nur mit leeren Gedanken hin."

Das Bild wechselte damals zu schwarz und es kam kein Ton mehr heraus. Ich dachte das der Fernseher kaputt gegangen wäre, doch als ich nichts fand setzte ich mich wieder vor dem Bildschirm und starrte gebannt darauf.

Doch es passierte nichts.

Nach ein bis zwei Minuten wurde mir langweilig und gerade als ich den Kanal wechseln wollte, konnte ich eine Bewegung auf den schwarzen Bildschirm erhaschen, doch da war nichts mehr. Ich drehte mich nach hinten, zur gegenüberliegenden Wand, doch da war auch niemand. Als mein Blick wieder zum Fernseher huschte, konnte ich kleine Bewegungen entdecken. Ich fand diese natürlich sehr interessant und starrte gebannt weiter. Wobei ein grinsen immer wieder über meine Lippen huschte.

Als das Bild vor mir sich wieder änderte, ärgerte ich mich, doch der Mann im Fernseher sprach etwas aus, was mich bis heute, nach jedem Psychospiel, verfolgte.

Und zwar:

„ Dass was sie gerade eben gesehen haben, war reine Schwärze, nichts anderes. Sie haben sich nach nur ein paar Sekunden oder Minuten gelangweilt und hier", dabei zeigte er mit seinem Zeigefinger auf sein Kopf, „ hat sich alles abgespielt. Nichts von dem, was Sie vorhin gesehen oder empfunden haben, hat sich wirklich vor Ihnen abgespielt.

Es war alles in Ihrem Kopf. Das ganze Spiel über und wer weiß, vielleicht spielt sich Ihr eigenes Leben gerade selbst auch nur in Ihrem Kopf ab. Vielleicht Träumen Sie auch nur, dass Sie gerade Fern sehen. Vielleicht gibt es diese Sendung auch gar nicht und nur Sie stellen sie sich aus lauter Langweile, auf einem eigentlich schwarzen Fernseher da. Wer weiß, was sich alles in einem menschlichen Verstand abspielen kann." -

Das wars. Nichts mehr hatte dieser Mann gesagt gehabt, doch diese Worte hatten sich in mein Gehirn gebrannt und sie kamen immer und immer wieder. Ich hasste es.

Ich wollte das alles nicht.

Ich war an der Uni angekommen und dabei waren meine Gedanken nicht mal ein einziges mal auf dem Weg gewesen. Ich sagte doch, dass ich den Weg mit verbundenen Augen hätte gehen können.

Ich atmete einmal tief durch, streichte mir durch die Haare, festigte meinen Griff um meine Tasche und machte einen entschlossenen Schritt in die Uni hinein.

Doch meine Gedanken waren immer noch an die letzten beiden Tage gebunden.

Unreal     *Pausiert*Where stories live. Discover now