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Von dem eben geführten Gespräch inspiriert lief ich nach Hause.
Jetzt war ich überzeugt, Miss Taylor hatte recht. Mit all ihren Aussagen.
Die Menschen distanzierten sich, waren ständige Konsumenten, hatten nichts für Reales übrig.

Die Tür fiel laut ins Schloss und klapperte noch eine Weile, da sie mittlerweile nicht mehr zu den Neusten zählte.
Rasch stieg ich die endlos erscheinenden Stufen hinauf und verschnaufte kurz am obersten Stockwerk.
Da lag sie vor mir, meine neue Wohnung, im 6. Stock eines Hochhauses im Herzen der Stadt. Zugegeben, das Herz der Stadt war nicht sonderlich schön oder berühmt wie das von London oder Paris, aber immerhin war es das Zentrum und damit genau passend für mich als Suchende.
›Suchende‹. In diesem Begriff schwang ein Hauch von Diskriminierung mit oder zumindest des Verachtens, aber nichts passte mehr zu mir als diese Bezeichnung.
Ich suchte feste Arbeit, Freunde, Liebe, das Glück in meinen Leben, Erkenntnis, Familie, ja sogar manchmal den Sinn der Existenz. Wenn man sich diese Liste voller Wünsche ansah, konnte man meinen, ich habe es zu nichts gebracht, doch so ganz konnte man das nicht sagen, denn auch ich hatte, wie so viele andere, eine rosige Vorgeschichte.

Damals hatte auch ich Arbeit, war Angestellte bei einem relativ bekannten und auf jeden Fall guten, Koch in der Nähe von Paris, dem wunderschönen, nach süßen Croissants duftenden Herzen Frankreichs.
Meine Kochkünste wurden immer besser und perfektionieren sich sogar ein wenig. Das Ganze ging so lange gut, bis sie gemerkt haben, dass ich nicht der berüchtigte Koch bin, für den sie mich gehalten hatten.
Damals hatte ich, wie heute, Arbeit dringend nötig und sah keinen anderen Ausweg als mich in den zu verwandeln, den alle haben wollten. Einen netten, rücksichtsvollen, gelehrten, erfahrenen Koch. Die Schwierigkeit lag genau in den letzten drei Worten.
›Gelehrt‹, ›Erfahren‹ und ›Koch‹. Die ersten beiden Begriffe erklärten sich praktisch von allein. Natürlich war ich gelehrt worden, nur eben in anderen Dingen und die Erfahrung bestand aus dem Aufwärmen von Konservendosen und dem Kochen von Spaghetti.
Viel schlimmer war aber, dass ich Koch sein sollte. Keine Köchin. Es mag nun absurd klingen, aber ich habe mich tatsächlich jeden Tag zur Arbeit verkleidet.

Nun ja, eines Tages jedoch schien mich jemand, den ich damals unüberlegt als Freund bezeichnet hatte, mich verraten zu haben. Ich hatte ihm mein Geheimnis anvertraut, das Geheimnis, was mich gerade noch über Wasser hielt, ehe ich keine Kraft mehr hatte und unterging. Das alles nur, weil er sauer war. Auf mich, meine Naivität und meine Antwort.


Traue niemandem.

Kampfbereit.Where stories live. Discover now