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»Manchmal kann die Begegnung mit einem besonderen Menschen mehr wert sein, als alles andere auf der Welt.«

»Haben Sie diesen Menschen schon gefunden?«

Für einen Moment herrschte unerträgliche Stille. Miss Taylor schien nicht zu wissen, wie sie antworten sollte. Stattdessen tippte sie nervös mit ihren langen, hellblau lackierten Fingernägeln auf der Tischplatte herum, hinter der ich Platz genommen hatte.

»Man kann sich nie sicher sein«, begann sie plötzlich nach einem tiefen Atemzug und nahm ihre Hände von dem Tisch,»ob man den Menschen gefunden hat, den man wirklich braucht.«
Verträumt sah sie aus dem Fenster, hinter dem sich der übliche Trubel der Stadt abspielte. Sämtliche Leute passierten die Straße mit Tüten von hoch angesehenen Marken, sie redeten oder sahen auf ihre Smartphones.
»Das Problem dieser Welt ist nur, dass sie kaum noch wahrgenommen wird. Konsum und Geld regieren die Menschenmassen.«

Ich folgte ihrem Blick und nickte langsam, während ich die Menschen beobachtete.

»Damit distanzieren sich auch die Leute voneinander.«

Stumm nickte ich erneut, schaute aber immer noch angespannt nach draußen. Wahrscheinlich hatte Miss Taylor recht. Geschminkte Mädchen mit hochwertiger Kleidung und etlichen Einkaufstüten, gefolgt von Jungen mit neuen Smartphones in den Händen. Erwachsene, Kinder, Jugendliche. Im Prinzip waren sie alle gleich aufgebaut. Hatten das gleiche Schicksal, machten die Welt zu einer schlechteren, hatten kein richtiges Leben mehr.

Auf ein Mal klatschte Miss Taylor in ihre Hände, richtete sich auf, strich ihren Rock glatt und beendete unser Gespräch damit.
Erschrocken stand ich auf und nahm ihre Hand.

»Danke.«

Lächelnd drückte sie meine und zog ein Taschentuch aus ihrer Tasche. Sie reichte es mir und nickte freundlich.

»Bis dann, Madeleine.«

Ich schloss meine Augen und roch ein letztes Mal ihr Parfüm, bevor sie den Raum verließ.

»Bis dann ...«

Weil die Welt sich dauernd verändert.

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