Kapitel 6

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So wurde der Plan in die Tat umgesetzt. Marco war zur Unterstützung mit nach Brasilien gekommen und Mats hatte sich sofort an die Arbeit gemacht. Er ignorierte mich ebenfalls, lachte mit Marco über mich und verkaufte sich allgemein als Marcos neuer bester Freund.

Gerade haben wir das Halbfinale gegen Brasilien gewonnen, als ich am nächsten Morgen auf dem Weg zum Frühstück alleine im Aufzug mit Marco und Mats lande. Schnell drucke ich mich in eine Ecke des Aufzugs und halte möglichst viel Abstand zu den beiden. Marco stand zum Glück mit dem Rücken zu mir und hatte mich noch nicht registriert. Mats hingegen schon und seine Miene hatte sich verdüstert.
"Was ist denn los Mats? Du schaust so böse." Fragte Marco in diesem Moment. Mats nickte nur in meine Richtung und als Marco sich zu mir umdreht, verdunkelt sich auch sein Blick: "Hatte ich dir nicht gesagt, dass du dich von mir fernhalten sollst Schwuchtel? Wie kannst du es wagen, dich mit uns in diesen Aufzug zu stellen?" Es tut weh. Schrecklich weh. Natürlich war es schlimm gewesen, als er mich ignorierte, aber direkt von ihm beleidigt zu werden, ist noch schlimmer. Die Tränen steigen mir in die Augen und ich kann mich nur mühsam beherrschen. Zum Glück hält der Aufzug in diesem Moment mit einem leisen Pling an und als die Aufzugtüren sich öffnen, renne ich ganz schnell raus. Ich verkrieche mich auf dem Behinderten WC, denn dort würde so schnell niemand hinkommen, kauerte mich in eine Ecke und weinte. Ich weiß nicht, wie lange ich hier so sitze, aber irgendwann schlafe ich frierend und trocken weinend ein.

Das erste mal, als ich erwache spüre ich, wie ich getragen werde und irgendjemand aufgeregt spricht. Viel zu müde gleite ich zurück in den Schlaf. Wenigstens dort habe ich meinen Frieden und bin glücklich.
Als ich dann wieder aufwache, weiß ich erst nicht wo ich bin. Doch dann dämmert mit, was heute passiert ist und ich vermute, dass ich in meinem Bett liegen was. Aus dem Augenwinkel nehme ich eine Bewegung wahr und höre gleich darauf Philipps sagen: "Schön, dass du wieder wach bist. Du hast uns einen ordentlichen Schrecken eingejagt."
"Was ist passiert?"Die Frage kommt schwach über meine Lippen und es ist Mats der antwortet: "Nach dem Zwischenfall im Aufzug hast du dich im Behinderten WC versteckt. Wir haben den ganzen Tag nach dir gesucht, bis wir dich dann durch Zufall am späten Nachmittag gefunden haben. Du hast geschlafen, warst aber ziemlich kühl. Also haben wir Dr. Mü-Wo geholt und dich auf dein Zimmer gebracht. Naja, und als rauskam, dass Marco schuld ist, hat Jogi ihm nahegelegt sofort nach Deutschland zurückzufliegen." Oh nein, Marco musste wegen mir weg? Jetzt wird er mich bestimmt noch mehr hassen. Warum hat Jogi das getan? Und das ist alles mal wieder meine Schuld. Ich bin schuld an all dem, was Marco schlechtes widerfährt. Scheinbar erahnen die beiden meine Gedanken, denn Philipp sagt: "Du solltest dich nochmal ausruhen. Wir brauchen dich beim Spiel fit. Ach und Mario, es ist nicht deine Schuld. Also hör auf sowas zu denken. Ich komme gleich wieder, muss nur noch kurz mit Jogi reden." Damit verschwinden beide aus meinem Zimmer und ich bleibe alleine in der Stille und im Dunkeln zurück. Nur schlafen konnte ich nicht. Irgendwann kam Philipp dann zurück. Schnell stelle ich mich schlafend. Ich höre, wie er sich im Zimmer bemerkt und dann streicht seine Hand über meinen Kopf und ich höre ihn flüstern: "Hoffentlich bist du wenigstens im Schlaf glücklich. Du bist noch so jung und unschuldig. Du hast sowas nicht verdient. Marco hat dich bei seinem Verhalten nicht verdient. Aber versteh mal einer die Liebe. Es wird alles gut. Wir bekommen das schon hin. Versprochen kleiner. Du bekommst deinen Marco." Dann höre ich ihn wieder laufen und sich ebenfalls schlafen legen. Eigentlich will ich über seine Worte nachdenken. Aber bevor ich das schaffen kann, schlafe ich schon ein.

Wie konnte es so weit kommen?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt