Kapitel 33

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POV Tim
Bielefeld, jetzt
Natürlich wusste ich, dass sobald er von meinem Unfall erfahren würde, Lukas sich in eine besorgte Mutter verwandelte und aufgebracht um mich herumschwirren würde. Er meinte es ja nur gut, aber er ging mir jetzt schon gewaltig auf den Zeiger. Deshalb war ich umso glücklicher, als er sich dann ziemlich schnell in die Küche verpisste und ich mit meinen Schmerzen alleine sein konnte. Und so lag ich dann auf der Couch und starrte die weiße Wand vor mir an. Eigentlich sollte ich mal wieder etwas malen, irgendetwas großes, farbenfrohes. Weiterhin in Gedanken merkte ich fast gar nicht, wie Heisenberg auf meinen Schoß sprang und auf meinem Bauch herumtapste.
„Na, du?" Ich streichelte ihm über den Kopf, woraufhin er seine Pfoten ausstreckte, gähnte und es sich auf meiner Brust gemütlich machte. Ich strich ihm über den Kopf, zupfte leicht an seinen weichen Ohren und stupste seine nasse Schnauze mit meiner Nase an.
„Du bist der einzige, der mich so duldet, wie ich bin."
„Ich muss doch aber sehr bitten! Ich hoffe wirklich für dich, dass ich mich gerade verhört habe." Lukas war plötzlich wieder ins Wohnzimmer gekommen und stand nun mit überkreuzten Armen vor mir. Ich warf ihm einen dunklen Blick zu und widmete mich dann wieder meinem Hund.
„Ist doch wahr."
„Tim, ich bin doch hier hergefahren, für dich, weil du mir wichtig bist. Ist das nicht Beweis genug, dass ich mir Sorgen mache? Dass du mir am Herzen liegst?" Ich sah nicht auf, sah nur auf meinen Hund, über dessen Fell ich wieder und wieder strich.

„Tim, bitte sag was." Doch ich konnte nicht. Ich hatte wortwörtlich einen Kloß im Hals und ich wusste, dass ich heulen würde sobald ich den Mund aufmachte. Mir wurden immer gewisse Sache schnell zu viel, wenn ich mich mal in so einer verletzlichen Situation befand: das Gefühl, dass ich wertlos war, nicht genug arbeitete, zu viele Drogen nahm, dann die Rückenschmerzen, dass Lukas traurig oder sauer oder beides gleichzeitig war, dass er und Marcel sich ständig um mich kümmern mussten – all das machte mich wahnsinnig traurig. Heisenberg hatte seine Augen geschlossen und schien meine Streicheleinheiten sehr zu genießen. Vielleicht war er zu oft alleine zuhause, wenn ich im Studio oder auf Tour, oder Lukas besuchen war.

POV Lukas
Ich beobachtete meinen Freund und war mir nicht sicher, ob er das, was ich gesagt hatte, überhaupt wahrnahm. Tim streichelte gedankenverloren seinen Hund – ob die Drogen, die er konsumiert hatte, immer noch wirkten, wusste ich nicht – und ignorierte mich. Ich rollte die Augen und kniete mich dann vor die Couch, bevor ich meinem Freund vorsichtig über den Arm streichelte.
„Ich mach mir doch nur Sorgen." In dem Moment kullerte die erste Träne über Tims Gesicht. Normalerweise war er nie so emotional, normalerweise weinte er nicht, und ihn jetzt so zu sehen, brach mir das Herz.
„Ach, Timi, Schatz..." Dann kam die nächste Träne, es folgten immer wieder welche. Ich beugte mich zu ihm und küsste seine Wange, die salzig von den Tränen schmeckte.
„Ich will aber nicht, dass du dir Sorgen machst."
„Dann mach halt sowas nicht."

„Ich konnte ja nichts dafür. Ich bin ausgerutscht."
„Du bist auf Drogen ausgerutscht, deshalb liegst du jetzt hier." Tims Gesichtsausdruck änderte sich plötzlich von traurig zu wütend und ich bereute meine Worte sofort. Obwohl – er wusste ja, wie ich zu Drogen stand, da konnte er echt nicht wütend auf mich sein.
„Dann geh ich eben woanders hin." Perplex beobachtete ich, wie er versuchte, aufzustehen und Heisenberg empört wegsprang. Ein schmerzverzerrtes Stöhnen ließ Tim wieder ins Kissen sinken. Ich sah mich verzweifelt im Zimmer um, wahrscheinlich um zu sehen, ob Marcel mir irgendwie helfen konnte, doch der war mal wieder in der Küche und zu nichts zu gebrauchen.

„Geh."
„Was?"
„Ich will alleine sein. Geh weg, Lukas."
„Tim, ich will doch nur..."
„GEH!" Nicht nur der Hund, sondern auch ich zuckten zusammen. Heisenberg warfTim einen beleidigten Blick zu, ehe er von seiner Brust sprang und sich dannmit mir verzog – der einzige Unterschied zwischen uns beiden war, dassHeisenberg den Schwanz eingezogen und ich den Kopf hängen hatte.    

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