23 - [Gefühle so hoch wie die Berge]

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"Hey, Scarlett."

Ich lief rot an und fühlte mich von allen Seiten angestaart. Es war so als wüsste jeder hier über den Abend mit Drew, dem Sohn unseres Bergführers, Bescheid. Ich war doch eigentlich ein braves Mädchen. Ich hatte noch nie zuvor so viel getrunken.

Am liebsten hätte ich alle angeschruen, sie seien selbst nicht besser, als mir auffiel, dass mich weder jemand anstaarte noch überhaupt noch hier stand. Alle liefen Drew und seinem Vater hinterher.

Schnellen Schrittes schloss ich mich ihnen an, blieb jedoch an letzter Stelle um keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Ich hatte Angst, dass Drew, der mit ein paar Jungs plauderte, diesen von Dienstag Abend erzählen könnte.

Obwohl ich nichts Schlimmes daran fand einmal betrunken zu sein, wollte ich nicht, dass jemand, der mich nicht kannte, so einschätzte wie die Tussis, von denen es in meiner Klasse nur so wimmelte. Wie oft schwörte ich mir nie so zu werden wie sie, wenn sie sich wieder einmal mit den Jungs darüber unterhielten wie sehr sie sich doch am letzten Wochenende besoffen hatten. Schlecht wurde mir bei dem Gedanken auch nur ansatzweise so zu sein wie diese rauchenden, mit jedem schlafenden Zicken.

Als Drew sich umsah, um nach etwas oder jemamdem zu suchen, wurden meine Befürchtungen nur noch verstärkt. Ich rechnete jeden Moment damit Drews tiefe Stimme durch die Menge hallen zu hören und somit jeden auf mich aufmerksam zu machen.

Doch das geschah nicht. Außer den üblichen Unterhaltungen, hörte man nur die Geräusche des Waldes und das Rauschen des Bachs, der in den See mündete. Aber auch die wenigen Gespräche verstummten später als der Berg plötzlich steil anstieg.

Wir stiegen nun über einen schmalen Steig zwischen den Bäumen hindurch Richtung Licht. Denn obwohl der Himmel aufgezogen war und die Sonne fröhlich schien, kam durch das dichte Kleid der Tannen kaum Licht hindurch. Den ganzen Weg über wurden wir daher, wie die Motten, die bei der Lampe herumschwirrten, von der hell erleuchteten Lichtung am Ende des Steigs angezogen.

Tatsächlich verlief der erste Teil der Wanderung ohne jegliche Vorkommnisse. Drew schien außer seinem Hey Scarlett! wohl nichts zu sagen zu haben. Konnte mir auch recht sein, so hatte ich wenigstens für diese eine Stunde meine Ruhe.

Als wir den steilen Teil hinter uns hatten, wurde beschlossen, dass wir ein kleine Pause machen würden. Ich setzte mich etwas abseits der anderen auf einen Stein in der Sonne und trank ein paar Schlucke Wasser.

Ich beugte mich gerade runter um einen Schockoriegel auszupacken, sodass ich nicht bemerkte, dass jemand auf mich zu kam. Als sich diese Person jedoch mir ins Licht stellte, sah ich irritiert auf. Durch den anstrengenden Aufstieg hatte ich beinahe schon vergessen, dass Drew einer der Bergführer war. Um so überraschter war ich daher als er sich neben mich hinsetzte.

Sofort began mein Herz wie wild zu schlagen, doch nicht wie in den kitschigen Liebesfilmen, sondern so wie in einem angsteinflösenden Horrorfilm. Wahrscheinlich wollte er mich auslachen, weil ich so betrunken war oder er wollte mich verspotten und mir danken, dass ich so schnell abgezischt bin.

"Was gibt's?"fragte er jedoch nur, wie immer mit einem neckischen Lächeln im Gesicht.

"Nichts."antwortete ich knapp und blickte nervös auf meine Füße. Warum bin ich nur manchmal so mega schüchtern? dachte ich genervt. Bitte sprich nicht Dienstag an. Bitte sprich nicht Dienstag an.

Drew schien jedoch nicht gut im Gedanken lesen zu sein und grinste "Ich hab' dich am Dienstag gar nicht mehr gesehen. War echt schade. Ich hätte gedacht du würdest mir noch ein paar Tänze schenken."

"Ich musste leider wirklich dringend gehen. Es war ein Norfall...so zu sagen."sagte ich und rang mir ein nervöses Lächeln ab.

"Das tut mir echt Leid. Ich hatte auf jeden Fall noch viel Spaß und auch wenn der Abend gemeinsam nicht lang war, wäre es echt cool ihn zu wiederholen."

Meine Augen wurden groß. Drew lud mich doch tatsächlich auf ein Date ein. Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht damit, dass Drew sich für mich interessierte. Am liebsten hätte ich losgeschrien. Es gab also doch noch Hoffnung für mich.

"Was sagst du? Diesmal zahl auch ich." Er warf mir einen schelmischen Blick zu und kam etwas näher.

Ich wollte schon bejahen, als plötzlich Drews Vater ankündigte, dass wir weiter gingen bevor es wieder regnete.

"Du weißt ja wo du mich findest."lachte Drew, zwinkerte mir zu und eilte zu seinem Vater um die Gruppe weiter den Berg hinauf zu führen.

Die Wanderung schien doch kürzer auszufallen wie von unserem Bergführer gedacht, denn nach einer weiteren halben Stunde kamen wir bei den Wasserfällen an.

Ein Teil der Gruppe, darunter auch Drew, Mercedes und Jake sprangen von Felserhöhungen in der Mitte des Wasserfalls herunter, zum Ärger der restlichen Gruppe, da wir alle angespritzt wurden.

Schließlich schloss ich mich einer Gruppe unbekannter Mädchen an und folgte ihnen zu einem Platz ein Stück entfernt von den Wasserfällen.

Auch wenn ich mich nicht an den Gesprächen der kleinen Gruppe beteiligte, erfuhr ich einige interessante Dinge. Ich hatte recht gehabt was die Beziehung zwischen Drew und dem anderen Bergführer, Nick, betraf. Sie waren wirklich Vater und Sohn. Außerdem hatten die Mädchen darüber gesprochen, dass Drew die Ausbildung zum Bergführer neben der Schule machte und deshalb seinen Vater oft auf Führungen begleitete.

Das und noch ein paar andere unwichtigere Dinge hatte ich mitbekommen. Die restliche Zeit und auch den ganzen Abstieg über war ich in meine Gedanken versunken. Das Hauptthema war natürlich Drews Einladung auf ein Date und ob ich ja sagen würde. Am Anfang meiner Überlegungen war ich noch voll davon überzeugt, die Begeisterung sank jedoch zu und zu bis ich mir schließlich gar nicht mehr sicher war.

Einerseits wäre es mein erstes Date, jedenfalls wenn man die mit Kate nicht dazu zählte. Logisch gesehen sollte ich das auch nicht, aber irgendwie fand ich es schade die Dates mit Kate einfach nur als Treffen anzusehen. Der Fakt, dass ich im Prinzip Kate datete, verwirrte mich schließlich so sehr, dass ich nicht mehr wusste ob ich Drew auch daten wollte.

Da er mich nicht mehr darauf ansprach beziehungsweise es sich keine Gelegenheit mehr zum Reden ergab, ging ich davon aus, dass Drew erwartete, ich käme bei der Bushalte vorbei wenn ich mit ihm ausgehen wolle.

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