19 - [Eine Villa voller Comics]

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Jackie stellte sich als Matts ältere Schwester heraus. Sie ging auf eine Privatschule hier in der Gegend. Das war auch der Grund warum wir erst jetzt von ihr erfuhren. Jackie war Matt wie aus dem Gesicht geschnitten. Auch sie hatte dunkelbraune Haare und die selben großen braun-grünen Augen. Auch wenn mir vorkamen, dass Jackies eher so braun waren wie die von Tonia und Matts mehr ins Grüne gingen.

Sie begleitete uns hinauf in den oberen Stock.

"Matt hat schon so viel von euch erzählt. Er muss sich ja wirklich mit euch angefreundet haben."lächelte Jackie. "Wer ist denn nochmal wer?"

Erst jetzt fiel mir auf, dass wir uns ja noch gar nicht vorgestellt hatten. Naja, jedenfalls nicht persönlich. Einen über die Sprechanlage anzuschreien war wohl kaum eine Form des Vorstellens.

"Ich bin Mag."unterbrach meine beste Freundin meine Gedanken und übernahm das Vorstellen für Tonia und mich indem sie sagte "Das sind Lucy und Scarlett."

Als Mag mit dem Finger auf mich deutete um zu erklären, wer ich war, winkte ich leicht und begrüßte sie nochmals mit einem Hi.

"Ah, wir haben ja schon miteinander gesprochen!"lachte Jackie. Ich lief leicht rot an.

Der obere Stock teilte sich in 2 Flure auf. Einer gerade aus und einer nach links. Matt zeigte in den Linken und erklärte "Dort sind die Gästezimmer und die der Angestellten."

Ich spazierte ein paar Schritte hinein und bekam sofort das Gefühl als wäre ich in einem Luxushotel. Die linke Wand war komplett verglast, sodass man einen wunderbaren Ausblick auf die Poolanlage und den Garten hatte. Ich hätte nie geahnt, dass sich hinter dem schicken Eisenzaun, so viel Luxus befand.

Als ich bemerkte, dass die anderen weitergingen, riss ich mich schließlich von dem schönen Ausblick los und folgte meinen Freunden in den anderen Flur. Hier gab es keine Fenster, stattdessen waren rechts und links Türen.

"Hier haben wir das Büro unserer Mum, das unseres Dads, der Fernsehraum, der Computerraum, die Bar, das kleine Wohnzimmer, der Raum, der zum Dachboden führt und hier..."zählten Matt und Jackie auf und ließen meine Kinnlade um einige Meter sinken "sind unsere Zimmer."

Wir waren nicht einmal die Hälfte des Ganges gegangen, der übrigens mindestens doppelt so lang war wie der andere, und schon jetzt hatten die beiden mehr Räume aufgezählt als mein Haus allein hatte.

Nun standen wir zwischen zwei eleganten weißen Türen, eine führte zu Matts und die andere zu Jackies Schlafzimmer. Jackie ging alleine in das ihre um sich umzuziehen. Währenddessen machten Mag, Tonia und ich es uns in Matts Zimmer gemütlich.

"Wow!"staunte Tonia.

"Also, ich hätte mir mehr erwartet." kommentierte ich. Das große weiß, orange gestrichene Zimmer, war wirklich unter meinen Erwartungen. Natürlich, es war teuer eingerichtet und die ganze gegenüberliegende Wand war verglast, aber es war für Matts verhältnisse einfach zu...männlich. Ich verdrehte die Augen über mich selbst, als ich das dachte. Im Grunde war es jedoch die Wahrheit.

Sieht aus als würde hier gar keiner Leben. Wie aus einem Katalog ausgeschnitten. dachte ich mir.

Für ein paar Sekunden saßen wir alle nur still auf der Couch, nahmen die neue Atmosphäre auf und begutachteten jedes kleinste Detail. Jedenfalls tat ich das.

Plötzlich fuchtelte Mag wie wild mit den Händen herum, so wie sie es immer tat, wenn ihr etwas wieder eingefallen war.

"Matt! Matt! Wo hast du deine Comics?"schrie sie und sprang auf.

Nun schien auch Matt sich wieder an etwas zu erinnern. "Stimmt! Das hätte ich fast vergessen! Gleich dort hinten in dem Schrank ist meine gesamte Comicsammlung."grinste er stolz.

Ich sah hinüber zu dem deckenhohen weißen Schrank. "Der ganze Schrank ist voll mit Comics?"stellte Mag die Frage, die mir auch gerade durch den Kopf gegangen war.

"Alles voll mit Comics."grinste Matt.

"Ich darf sie anschauen, stimmt's?" Schon war Mag vor dem Schrank und sah ihn anbetend an. Tonia blickte etwas unsicher herum, ging dann aber Mag hinterher.

"Scarlett."sagte Matt und hielt mich am Arm fest, als ich auch aufstehen wollte. Ich ließ mich zurück auf die Couch sinken. "Ja?"

"Können wir jetzt über gestern Abend reden?"flüsterte er und warf einen schnellen Blick zu Mag und Tonia hinüber. Ich tat es ihm gleich und sah, dass Mag gerade mitten in einem Trommelwirbel die Türen aufriss.

"Ich weiß, dass ich zu viel getrunken habe."seufzte ich. "Ich brauche jetzt keine Standpauke von dir."

"Über das wollte ich gar nicht mit dir reden."erklärte Matt und ignorierte das aufgeregte Gekreische von Mag.

"Über was dann?"fragte ich, hatte jedoch bereits eine Vermutung. Nervös rang ich meine Hände, als er sie bestätigte. "Was ist zwischen Kate und dir vorgefallen?"

"Sollten wir nicht lieber nach Mag schauen bevor die Arme uns noch in Ohnmacht fällt?"

"Du kannst dich jetzt hier nicht rausreden. Was ist gestern bei eurem Date passiert?" fragte er nochmals und schien das Wort Date sehr ernst zu meinen.

"Gar nichts. Sie hat abgesagt."seufzte ich und blickte zu Boden. Vor Matt hatte ich nicht das Bedürfniss meine Gefühle verstecken zu müssen. Seltsamerweise war ich mir nämlich sicher, dass er mich verstehen würde. Ich wusste nicht warum. Ich konnte mich ja nichtmal selbst verstehen.

"Das hat doch bestimmt einen guten Grund. Da bin ich mir ganz sicher." Matt streichelte mir über die Schulter und warf mir ein beruhigendes Lächeln zu.

"Ich weiß nicht."

"Aber natürlich doch. Kopf hoch, Scarlett. Du wirst doch nicht den ganzen Tag den Kopf hängen lassen, wo du keine Ahnung hast, was eigentlich los war." Er nahm mich kurz in den Arm und lächelte mich aufmunternd an. "Jetzt hast du gerade erst den Kater überwunden, da kannst du dich nicht von so einem kleinen Problem runterbringen lassen."

Fast hätte ich ihn unterbrochen und gesagt, dass ich eigentlich keinen Kater gehabt hatte, auch wenn ich das nicht direkt nachvolziehen konnte. Ich war schließlich noch nie so betrunken gewesen.

Matt sprach also lächelnd weiter "Verdirb dir nicht den Tag, indem du dir zu viele unnötige Gedanken machst."

Ich war überrascht über die aufmunternde Wirkung von Matts Worten. Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln, wurde dann jedoch wieder ernst und fragte "Willst du mir nun erklären, was es mit diesem Zimmer auf sich hat?"

"Was meinst du?" Matt sah sich verwirrt um.

"Das hier ist ein totales Jungenzimmer!"

"Ich bin ja auch ein Junge."

"Naja, schon, aber nicht so ein Junge. Wo sind die Blumen, die kitschigen Bilder, die flauschigen Decken und Polster? Wo ist das ganze Zeug? Ich kenne dich zwar noch nicht lange, Matt, aber so würdest du ganz bestimmt nicht dein Zimmer einrichten."

"Also, ich finde diese schlichte Einrichtung, mit den vielen Ecken und Kanten toll. Die leeren Wände zeugen doch einfach von unübertrefflichem Geschmack." Am Anfang versuchte er das Ganze noch mit größtmöglicher Überzeugung zu sagen, der Sarkasmus kam jedoch zum Ende hin immer mehr heraus.

Er seufzte. "Ich kann diese Seite nicht vor meinen Eltern zeigen. Sie akzeptieren nicht, dass ich anders bin, dass ich nie dem Idealbild entsprechen werde."

YellowWhere stories live. Discover now