*II

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Am nächsten Morgen freute er sich ausnahmsweise auf die Schule, da er hoffte, mehr über das Projekt zu erfahren. Und zu erfahren, was es überhaupt für ein Projekt war. Ansonsten war er einfach nur froh, von Daheim weg zu sein. Gestern Abend hörte er noch, wie sein Vater heimkam und ein Streit zwischen seinen Eltern ausbrach. Vater war anscheinend betrunken und sein Hemd schief geknöpft. Er wusste natürlich von nichts und sie dachte, dass er sie mit einer anderen betrog. Die Wahrheit würde wohl nie ans Licht kommen. Eric war mit dem Gekreische und den Schreien in den Ohren eingeschlafen.

Und jetzt, am Morgen, wunderte er sich über die Stille im Haus. Leise zog er sich an und schlich in die Küche. Normalerweise sass seine Mutter hier und trank ihren Kaffee. Heute nicht. Er beschloss, nach dem Frühstück im Elternschlafzimmer nachzusehen.

Gerade stellte er seinen Teller in den Geschirrspüler, als er ein Geräusch aus dem offenen Küchenfenster vernahm. So lief er schnell und auf Zehenspitzen an das Fenster und sah gerade noch, wie sein Vater mit dem Auto davon fuhr. Wohin, blieb nur dem Vater bekannt. Mit Vorsicht lief er nach oben ins Elternschlafzimmer. War Mam noch da? Vorsichtig klopfte er an die Tür und öffnete diese langsam. Seine Mutter sass auf dem Bett und starrte die Wand an. "Mam, was ist los?", fragte Eric sie sanft. Mit geröteten Augen sah sie ihn an. "Es ist wahr." Sie holte tief Luft für den nächsten Satz. "All meine Befürchtungen und Vermutungen." Er sah sie fragend an. War es dass, weshalb sie sich immer gestritten hatten? "Er hatte die ganze Zeit eine andere Freundin und wir waren nur seine Alibifamilie für die Firma, die Freunde und seine Verwandten. Und jetzt will er zu ihr ziehen und mit ihr auf glückliche Familie machen." Sie liess nach dem ganzen Schwall Wörter einen tiefen Seufzer folgen, welchen Eric nur zu gut verstand. Sein Vater war somit für ihn gestorben. Einen solchen Vater wollte er nicht haben. Auch wenn er dachte, dass seine Eltern viel stritten, so dachte er nie, dass sein Vater fremdginge. Da wunderte es ihn auch nicht, Mutter so aufgelöst zu sehen. Sie holte erneut tief Luft für die nächste Ladung. "Ich habe es geahnt und ihn darauf angesprochen. Aber er hatte immer gesagt, dass da nichts sei. Und ich habe ihm geglaubt. Wie blöd und naiv ich war!" Eric ging auf das Bett zu und setzte sich neben seine Mam. Sie sah wie ein Häufchen Elend aus und so fühlte sie sich auch. Verarscht vom eigenen Ehemann, mit welchem man einen gemeinsamen Sohn hat. Sie lehnte sich an ihren Sohn und genannter nahm sie in den Arm. "Wir werden das gemeinsam durchstehen. Ich werde dich nicht verlassen. Das einzige ist das Schulprojekt, bei welchem ich keine Ahnung habe, was wir machen."

Seine Mutter sah in erschrocken an. "Musst du nicht in die Schule? Nur weil es mir im Moment nicht so gut geht, ist das kein Grund, nicht in die Schule zu gehen. Los, ab in die Schule." Seine Mutter scheuchte ihn regelrecht aus dem Zimmer. Er machte sich missbilligend auf den Schulweg. Viel lieber wäre er bei ihr geblieben und hätte geholfen, alles für die Scheidung in die Wege zu leiten. Auf dem Schulweg verblödete er Zeit durch extra langsames gehen. Richard hatte ihm eine Nachricht geschickt, in welcher stand, dass im Unterricht das einzige Thema der Schüler das bevorstehende Projekt war und wo Eric bliebe. Dieser antwortete nicht mehr, da er es den beiden selbst sagen wollte, was gestern und heute bei ihm abgegangen war. Als er endlich an der Schule ankam, waren die ersten beidem Stunden schon vorbei und gleich begann die dritte Schulstunde. Im Schulzimmer angekommen, konnte er gerade noch vor dem Lehrer ins Zimmer schlüpfen. In der hintersten Reihe sassen Nick und Richard. "Bist wohl doch noch erschienen. Was war den los? So spät kommst du sonst nie!", wollte Nick ohne Begrüssung gleich wissen. Eric sagte nichts auf die Frage hin. Er musste sich zuerst die Worte zu Recht legen. Auch wenn es seine besten Freunde waren, mussten sie nicht sein Gefühlschaos im Inneren mitbekommen. Er wusste, dass sie ihn in Ruhe liessen bis am Mittag und dann würden sie ihn mit Fragen bombardieren, auf die er selbst noch keine Antwort hatte.

Trotzdem versuchte er dem Unterricht zu folgen, musste aber schlussendlich aufgeben, da er nicht einmal verstand, ob es Geschichte oder Mathe war. Richard, welcher neben ihm sass, reichten ihm Wortlos seine Notizen der vorherigen Stunden. Endlich Mittag, dachte Eric zwei Stunden später.

Titania I - Die EntdeckungWhere stories live. Discover now