Kapitel 1 ✔

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Nun sind schon 12 Jahre vergangen, in denen ich noch nicht frei war. Meine Narben waren inzwischen auf dem ganzen Körper verteilt. Ich hatte keine Freunde.

Ich ging zwar zur Schule, schrieb aber nur durchschnittliche Noten, dass meinem Vater sehr missfiel.

Morgen wäre mein 16. Geburtstag und so hatte ich schon etwas geplant, wie ich es hier heraus schaffen könnte. Ich wohnte immernoch in diesem düsteren, einsamen Keller.     Es war schon immer kalt und verlassen hier. Doch ich ertrage es ja schließlich schon, seitdem ich 4 Jahre alt war.

Aber ab morgen sollte sich alles ändern. Frei von den unsichtbaren Ketten, die mich noch weiter festgehalten hätten. Diese riesige Last wäre morgen vorbei. Wenn ich es schaffen würde hier zu entkommen.

Warum ich geschlagen und verletzt wurde all die Jahre? Meine Mutter ist nach meinem dritten Geburtstag geflohen. Mein Vater hatte sie misshandelt und sie ertrug es nicht mehr bei uns zu sein. Sie hatte versucht, mich mit sich zu nehmen, aber sie scheiterte.
Sie hatte mich zurückgelassen- bei diesem Monster. Doch ich würde fliehen.
Ich schaue auf die Uhr und seufze erleichtert auf. Nicht ganz eine Stunde bis Mitternacht.
Ich würde dann schnell durch das Fenster klettern und weglaufen.

Meine Tasche lag gepackt neben mir. Obendrauf lag mein Teddybär, den mir meine Mutter zu meinem zweiten Geburtstag geschenkt hatte. Er war braun und hatte zwei große, schwarze Knopfaugen. Tränen sammelten sich in meinen Augen. Wieso musste sie gehen?

Die Zeit verging rasend schnell-nur noch drei Minuten bis Mitternacht. Vater ist bestimmt schon in irgendeiner Bar und ertränkt seine Probleme. So also perfekt für mich.

Ich zog die gelbe Haarspange aus meinen Haaren, die ich von meinen Großeltern bekommen hatte. Ich versuchte das Fenster mit ihr aufzubrechen.
Auf einmal hörte ich Schritte.
Große schwere Schritte, die sich schneller dem Keller näherten. Wenn mein Vater mitbekäme, dass ich fliehen wollte, war alles vorbei, nicht einmal in die Schule würde er mich gehen lassen. Ich beeilte mich umso mehr, das Fenster aufzubrechen. Ich wollte hier weg- es für immer hinter mir lassen. Die Ketten, die mich erdrückt hatten, abschütteln.

Das Fenster klemmte, so stieß ich einen leisen Fluch aus, doch dann klappte es endlich, dass Fenster sprang auf und ich schlüpfte hindurch. Verzweifelt griff ich nach meiner Tasche, doch im selben Augenblick schlug mein Vater die Türe auf. Er wollte mich wieder in den Keller ziehen. Seine riesigen Händen griffen nach mir. Wie oft sie mich schon geschlagen hatten.
Mir blieb nichts anderes übrig, als die Tasche zurück zulassen. Ich drehte mich um, schlug das Fenster zu und rappelte mich auf. Ein kleines Grinsen konnte ich mir selbst nicht verkneifen- Die Freiheit fühlte sich unglaublich toll an. Die kühle Nachtluft schlug mir ins Gesicht und wehte mir durch die Haare. Der Mond schien hell und klar über mir und sah aus, als würde er immer näher auf mich zukommen. Doch zurück in der Realität begriff ich, dass Vater mir direkt auf den Fersen war.

Er eilte die Treppe hoch, die in den Keller führte und brüllte wütend „Bleib stehen, du gehörst in den Keller! Eingesperrt. Bleib stehen!"

Er war nur noch ein paar Schritte entfernt. So rannte ich los. In die endlose Dunkelheit. Die Gassen schienen nicht zu Enden. Ich wollte nicht mehr in diesem Keller bleiben! „Nein ich will nicht mehr mein Leben im Dunkeln und alleine verbringen!" schrie ich über meine Schulter und erblickte das wutverzerrte Gesicht meines Vaters. So beschleunigte ich meine Schritte. Bis zu einer Sackgasse. Ich schaute mich verzweifelt um. Kein Ausweg und er war schon fast bei mir.

Als würde jemand meinen Schrei der Verzweiflung hören-griff jemand nach mir. Meinen Blick weiterhin auf den Mann geheftet, der mir das Leben zur Hölle gemacht hatte, wurde ich in einen kleinen dunklen Raum gezogen. Die Tür glitt sofort in sein Schloss. Es war kein lautes Geräusch, jetzt konnte ich sicher sein, das er nichts bemerkt hatte.
Man hörte draußen seine schweren Schritte auf dem Asphalt. Doch ich wusste, es war zu dunkel, um draußen etwas zu erkennen. Er könnte mich niemals entdecken. So kehrte er der Gasse den Rücken zu und verschwand.

Zuerst war ich glücklich, da ich es geschafft hatte- doch dann beschlich mich ein seltsames Gefühl. Es breitete sich unvermeidlich aus. Wer hatte mich mitgezogen? Es lief mir eiskalt den Rücken hinunter und auf meiner Stirn sammelten sich Schweißtropfen. Ich hatte solche Angst, wollte mich aus dem festen Griff der Person winden, losschreien, aber da presste mir dieser jemand die Hand auf den Mund. „Scht, sei still. Sonst findet er uns womöglich noch! "

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Loving can hurt sometimesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt