38. Sitzung

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Ich wünschte, ich hätte eine eigene Fernsehserie. So eine Talkshow wie die The Ellen DeGeneres Show. Allerdings hätten meine letzten Tage auch für eine lahme Folge Keeping up with the Kardashians gereicht. Nur halt ohne Kardashians.

Man würde Keeping up with Jack Carter Show allerdings schon schnell wieder absetzen – ist einfach zu berechenbar und jeder wüsste, dass das Serienfinale entweder den Tod des Hauptdarstellers beinhalten würde oder wie eine schlechte Liebeskomödie laufen würde; Regen, Brooklyn Bridge und mein verboten gut aussehendes Gesicht in einer Nahaufnahme. Dann ein Blick der aussagt 'Ich gebe meine Fehler zu und werde dich auf ewig lieben' und dann? Weiß nicht. Da hätte ich umgeschaltet.

„Ein fröhlichen achtzehnten März, Jack", begrüßt mich Elisabeth enthusiastisch. Gott, geh dich vergraben. Nicht nur das gestern St. Patricks Day war, nein, heute vor acht Jahren bin ich unsterblich geworden. Der achtzehnte März ist demnach also ein ziemlich geschichtsträchtiger Tag. Und dank meiner unnötig vorhandenen Promi-Tratsch-App weiß ich auch das heute unter anderem der Geburtstag von Rebekka Lukijanova ist – Oscar-Preisträgerin oder so.

„Sie haben sich also endlich mal durch meine Krankengeschichte gequält?"

„Nein, die kannte ich schon vor unserem ersten Treffen. Also, wie geht es Ihnen so an diesem besonderen Tag?"

So gut, dass ich mich bei deinem Lächeln einfach nur abstechen will.

„Muss ja eine ziemlich gute Nacht gewesen sein." Ich schnalze mit der Zunge und Elisabeth runzelt die Stirn. „Wie kommen Sie denn darauf?" Es lässt sich schlecht erkennen ob das Sarkasmus ist oder wirkliche Unwissenheit. „Meine kleine Schwester ist letzte Woche fast gestorben, Lizzy. Sie müssten jetzt eigentlich ganz ernst durch die Gegend starren und fragen wie es mir geht."

„Wozu? Damit Sie sich selbst belügen können und mich gleich mit?"

Sie lächelt immer noch. Das ist dieses komische Lächeln das Annabeth mir immer zuwirft wenn ich mir im Starbucks einen Kaffee hole – da arbeitet die nämlich. Interessanterweise ist sie allerdings nie die Person die mich bedient, sondern es ist dieser extrem unfähige Typ mit den Locken, der mit mir dann noch gefühlte drei Stunden darüber diskutiert wieso ich denn unbedingt einen ganz gewöhnlichen Kaffee mit Milch will und keinen mit einer Sahne-Kakao-Schokosoßen-Explosion drin. Außerdem ist das Theater gleich viel größer, wenn es dann darum geht Wade einen Kaffee mitzubringen – der ist nämlich laktoseintolerant und will aber einen Kaffee mit Milchschaum oder keine Ahnung was. Ich versteh echt nicht wieso ich immer wieder dahin gehe, anstatt nicht einfach mal in dieses türkische Künstler-Hipster-Schriftsteller-Dings wo man sich seinen Kaffee sogar selbst macht. Ach ja; es hebt jedes Mal mein Ego wenn Annabeth mich anhimmelt.

„Ist dieses Verliebtes-Schulmädchen-Grinsen für mich bestimmt oder gilt das Lächeln Ihrem imaginären Freund?", frage ich und beuge mich anschließend vor – gespielt einfühlsam. „Ist er gerade hier, Lizzy?"

„Oh, wie schön. Ein sarkastischer Kommentar von Jack Carter – wie unvorhersehbar."

Sie klingt nicht bissig und nach Humor klingt das auch nicht wirklich. Es ist wegen diesem Lächeln, das nimmt all ihren Worten irgendwie die Gefühlsstärke. Es klingt einfach alles nach einem 'Oh mein Gott, ist er toll' – wenn das wenigstens für mich gelten würde.

„Wollen Sie mal was wirklich unvorhersehbares wissen?"

Elisabeth nickt.

„Die Bullen waren letzte Woche bei uns und haben mich und Wade befragt – nicht weil wir in der Küche Gras anbauen, unsere Couch geklaut ist oder man uns wegen diversen Raubkopien verhaften wollte. Nein; als Zeugen. Weil die Öko-Freaks von Gegenüber wohl gar nicht so öko waren, stattdessen anscheinend Geschwister sind – hier mal angemerkt; dass ich die mehr als nur einmal auf dem Flur knutschen gesehen habe – und gemeinsam in Chicago ihre Eltern zerstückelt haben. Und ich dachte immer, ich hätte Dreck am Stecken."

Jack Carter Ist UnsterblichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt