21. Sitzung

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Erneute provokative Unterhaltung mit Jacky. So aus reiner Langeweile. „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass deine Augen die Farbe von Saphiren haben?" „Meine Augen sind braun, Wichser." Ich weiß. Da liegt doch der Witz, Spears-Imitat. „Wie eine Pfütze voller Dreck", kontere ich und lasse mir die Möglichkeit überheblich zu grinsen nicht entgehen. Mein hübsches Gesicht hab ich mit den Händen auf dem Tresen abgestützt. Das ist die selbe gelangweilte Haltung, die man bei Schülern im Religions-Unterricht findet – wenn die da nicht schon bereits weggepennt sind.

„Unfassbar, dass es Frauen gibt die mit dir schlafen."

„Unfassbar, dass wir beide es auf der Toilette getrieben haben."

Sie schnauft verächtlich. Ich hoffe sie weiß, dass sie dabei völlig lächerlich aussieht.

„Ich hab jetzt übrigens einen Freund."

„Interessiert mich nicht, Babe."

Jacqueline möchte etwas erwidern, wird aber von dem Ex-Supermodel unterbrochen. Die ist wie aus dem Nichts aufgetaucht und zieht aus einem Aktenschrank irgendwelche Unterlagen – vermutlich meine.

„Jack, hören Sie auf meine Empfangsdame zu belästigen und folgen Sie mir in den Behandlungsraum."

Spielverderber. Dabei wollten ich und Spears grade zur Sache kommen und 'Ich hasse dich'-Sex haben – der gehört nämlich zu den Besten.

Mittlerweile habe ich mich an die fehlende Uhr und die kahlen weißen Wände gewöhnt. Im Empfang hängt übrigens 'moderne Kunst'. Sieht aber eher aus, als hätte da eine Aggressionstherapie bei einem Vergewaltiger stattgefunden.

„Dann erzählen Sie mir mal was."

Interessierte Haltung, Psychologen-Blick und den Kugelschreiber bereit. So verhalten sich die Streber im Physik-Unterricht – wenn sie so tun als hätten sie den totalen Plan von Atomkraftwerken und dem ganzen anderen Mist.

„Hatte am Dienstag meinen ersten Versuch bei der Army, meine Veganer-Nachbarn glauben dass Little Jack ihre dumme 'Ich hab keine Haare, weil meine Besitzer allergisch gegen jeden Scheiß sind'-Katze geschwängert hat – was soll ich sagen; die Katze heißt nicht umsonst 'Little Jack' und außerdem finde ich es seltsam eine Beziehung zu haben. Hab mich noch nicht dran gewöhnt nicht Single zu sein. Ach und ich bin nicht der einzige Freak in New York."

„Freak?"

„Typ mit 'Superkräften'."

Jetzt mal schön die Reaktion abwarten. Ich war nämlich doch etwas geschockt, als ich die anderen kennengelernt habe. Und dann haben die auch nur halb so viel Coolness wie ich.

„Es gibt noch andere Unsterbliche?"

Wow, die klingt nicht unbedingt geschockt. Eher verzweifelt. Hat wohl Angst noch mehr Jacks als Patienten zu bekommen.

„Keine Angst, Babe. Ich bin einzig in meiner Art. Die Anderen können dafür so anderes krasses Zeug."

„Jack, das müssen Sie mir jetzt genauer erklären", bittet Elisabeth mich und ich nicke zustimmend. Hast Recht – hast eine Erklärung verdient. Aber nur weil es eigentlich ziemlich cool ist und ich mich dann etwas mehr wie Iron Man fühle, als er den Avengers beitritt. Obwohl wir eher wie die X-Men sind. 'Wir' vor allem. So dicke bin ich mit den Losern da auch noch nicht.

„Also, ich hatte ja diesen ersten Versuch. Wobei irgendwie nicht auf mich geschossen wurde oder die eine Atombombe neben mir hochgejagt haben. Stattdessen hat Renee mich einfach abgeholt, ist mit mir zum Stützpunkt und dann musste ich als erstes zum Arzt. Drei verdammte Stunden!"

Elisabeth runzelt die Stirn.

„Drei Stunden?"

„Ich bin unsterblich, hab blaues Blut und eine 'interessante Zellenstruktur'. Da lässt man sich anscheinend ausgiebig Zeit mit den Untersuchungen. Als erstes durfte ich dann einen Fragebogen ausfüllen. Musste so ganz normales Zeug angeben; Familie, Wohnort und Beruf."

Jack Carter Ist UnsterblichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt