35. Sitzung

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Ist komisch so wirklich ernsthaft umzuziehen. Zum Einen, weil es eigenartig ist sich in eine komplett neue Umgebung zu etablieren und zum Anderen, weil ich nicht weiß ob es jetzt 'wir brauchen neue Lampen' oder 'ich brauche neue Lampen' heißt. Auf jeden Fall finde ich die Deckenlampen von Renee scheiße. Ich weiß leider auch keine gelungene Alternative. Vielleicht welche im Urban-Stil? Oder LED's? Und wo liegt der Unterschied zwischen einer Energie-Sparlampe und einer normalen Glühbirne? Außerdem ist die Sache mit den Hanfpflanzen noch nicht geklärt. Umziehen ist so scheiße.

„Hallo, Jack."

Ich nicke Elisabeth zu und sitze kurz darauf schon auf dem Stuhl vor ihrem Schreibtisch. „Was geht?", gebe ich zurück. Die Augen hinter der Ray-Ban sind kaum zu erkennen und so bemerkt das Ex-Supermodel auch nicht den abfälligen Blick, den ich ihr zu werfe. „Gute Laune sieht anders aus", kommentiert sie und zückt sofort ihren Kugelschreiber.

„Hätte vermutlich kiffen sollen."

„Wie war Ihre Woche, Jack?"

„Bin nicht gestorben, wurde nicht verhaftet und mein persönliches Highlight bestand in einer heldenhaften Prügelei in einem Strip-Club. Ich fühl mich ziemlich langweilig."

Vielleicht sollte ich jetzt Pullunder tragen und mich in Gerard Whiteman umbenennen. Meine Freunde würden mich liebevoll 'Gerry' rufen und ich würde gemeinsam mit Mrs. Whiteman nach New Jersey in einen beschissenen Vorort ziehen – dabei aber die ganze Zeit behaupten, dass ich Newyorker wäre. Außerdem gäbe es das Gerücht, dass der liebe Gerry gay ist.Vielleicht probiere ich das mal in fünfzig Jahren aus? Obwohl ich in diesem Szenario Mitte Vierzig bin und nicht Mitte Zwanzig.

„Heldenhafte Prügelei?"

Bloomfield runzelt die Stirn. Ob die nach der Scheidung überhaupt ihren Nachnamen behält? Oder hat diese Pfeife namens John ihren Nachnamen angenommen? Zutrauen würde ich der Hamsterbacke das allemal.

„Also, so wurde es mir erzählt."

Tatsache ist nämlich, dass der werte Herr Carter sich an die Nacht nur in Bruchstücken erinnern kann. Angefangen mit Renee und einer von ihm fiesen Bemerkung über Bettwäsche. Daraufhin ein Streit, das Verlassen der Wohnung und die Ankunft im Strip-Club. Ach halt doch die Fresse, Gewissen.

„Möchten Sie von der Nacht erzählen, Jack?"

Wenn ich was zu erzählen hätte – dann bestimmt nicht.

„Ich gebe mir Mühe sie zu vergessen."

Haha, Carter. So lustig warst du lange nicht mehr.

„Irgendetwas was Sie bereuen, Jack?"

Seit dem Beginn der Affäre mit Kerry scheint Ex-Supermodel-Psycho-Doc aufgefallen zu sein, dass ich wirklich nur die krass-hart-schlimmen Sachen bereue – was alles gleich natürlich viel dramatischer und nervenaufreibender für sie macht. Von letzter Nacht gibt es nicht wirklich viel zu bereuen, verwirrend war eher die Tatsache wo ich am nächsten Morgen aufgewacht bin. Denn das war weder bei Kerry, Renee oder gar bei Wade.

Es roch nach einer Mischung aus Parfum, Zigaretten und Tomatensoße. Und dann war da dieses Geräusch von jemandem, der direkt vor meinem Ohr schmatzte. 'Oh, gut. Du lebst', bemerkte eine Frauenstimme abfällig. Das Geräusch kam aus ihrem Mund und der Tomatensoßen-Geruch von der Lasagne auf ihrem Schoß.

'Hab ich mit dir geschlafen?', waren die ersten Worte, die ich heiser zustande brachte.

'Du hast aber ein üblen Schlag gegen den Kopf bekommen.'

'Ist das ein Ja oder ein Nein?'

'Ein Nein, du Spast.' Daraufhin schnalzte sie mit der Zunge und fuhr dann fort. 'Wie geht's deinem Kopf eigentlich?'

Jack Carter Ist UnsterblichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt