(7) Hunter und Joline Parker

520 25 5
                                    

,,Er war doch selber Schuld!" ,,Ja aber trotzdem kannst du ihm nicht einfach eine Kugel ins Bein jagen." War doch klar. Wir saßen noch nicht mal zehn Minuten im Auto, da kam auch schon dieses Thema. ,,Hast du mich nur abgeholt um mit mir darüber zu reden oder was? Hast du nicht irgendwas von Urlaub gefaselt? Da hätte ich gerne meine Ruhe." Er seufzte genervt. ,,Aura, irgendwann müssen wir doch darüber reden." ,,Sicher, wenn du willst, dass ich mich mit 200 km/h auf der Autobahn rausschmeiße weil mir das Gespräch zu blöd wird, dann gerne sofort. Denn darauf läuft es hinaus." Er weiß das ich nur rum Spinne um meine Gefühle zum Ausdruck zu bringen aber er hält trotzdem die Klappe und fährt einfach Kopfschüttelnd weiter. Ich drehe die Musik lauter und beobachte die vorbeiziehenden Häuser, die zu einem einzigem verschwommene, Regenbogenklecks werden, als Thomas auf die Autobahn abbiegt und beschleunigt. Ich meine hey, wozu hat man einen Sportwagen? Mit dem Teil könnten normale Leute nur leider außer auf einer Rennstrecke nie die maximale Geschwindigkeit erreichen. Denn Amerika ist was die Geschwindigkeitsbegrenzung angeht, recht streng. Doch Thomas ist nunmal Thomas. Das stört ihn herzlich wenig vor allem, weil der Wagen schneller ist als die der Polizei. Falls kein Stau kommen sollte, wären wir also sicher. Normalerweise wäre mir das trotzdem zu riskant. Wenn wir wirklich mal stehen bleiben sollten, weil vor uns ein Unfall wäre, dann wären wir richtig am Arsch. Aber momentan war mir alles egal. Ich ließ in machen. Abgesehen davon wusste ich, dass das jetzt das Beste für ihn war, sich abzureagieren. Einfach drauf los.

,,Wo geht's eigentlich hin?" Ja die Neugier hat mich die vierzigminütige Stillphase brechen lassen. Ich meine verdammte vierzig Minuten nichts zu sagen, kann auch echt schwer sein ok? ,,Wirst du schon sehen." ,,Ach komm schon Tommy", quengelt ich. Keine Reaktion. Bloß ein dämliches Grinsen. Na schön, dann müsste eine andere Taktik her. Meine Fingerspitzen fingen an, leicht seinen Nacken zu kraulen. Sofort wurden wir etwas langsamer. Jetzt lag seine Konzentration also doch bei mir. Innerlich lachte ich mir ins Fäustchen, dass ich ihn so unter Kontrolle hatte. ,,Komm, sag mir wo du mich hinbringst...Hunter", hängte ich noch säuselnd hinten dran. Er fing an leicht zu lachen. ,,Ich sag's dir. Dylan bekommt noch seine Strafe dafür...Jolien." Gespielt beleidigt setzte ich mich wieder richtig hin und verschränkte die Arme vor der Brust. ,,Na wenigstens haben wir den gleichen Nachnamen", lächelte er. Und in diesem Lachen lag keine höhnische oder witzige Geste. Und das machte mir verdammt Angst. Ich schluckte einmal und widmete mich dann steif der Straße vor uns. Warum reagierte ich so? Besser warum tat er es? Ich mach mir doch um sonst solche dämlichen Gedanken. Völlig unbegründet.
,,Wir sind übrigens mitten in Jersey, falls du das wirklich wissen willst." Sofort flog mein Kopf zu ihm rum. ,,Wir machen jetzt aber nicht hier halt oder?" Meine Stimme klang flehend und drohend zu gleich. Ein Außenstehender könnte das einfach nicht verstehen. New York und New Jersey, dass war wie ich und Jackson. Das passte einfach nicht. New Yorker hatten generell eine Abneigung gegen unseren kleineren Nachbarstaat. Und wir befanden uns soeben auf feindlichem Boden. Instinktiv griff ich an meinen Gürtel. Natürlich hätte ich meine Waffe nicht rausgezogen aber es war nunmal der Feind und ach ich weiß doch auch nicht. Thomas bemerkte meine Bewegung und starrte mich etwas verwirrt an. ,,Was hast du denn vor?" ,,Keine Sorge. Ich benehme mich. Bin halt so erzogen worden." Mein Vater kam noch aus der alten Generation, wenn ich das so sagen darf und hat mich und Jakob regelrecht gegen Jersey aufgewiegelt. Ich bin damit groß geworden. ,,Weißt du was?", fragte er. ,,Du hast mir noch nie von deinen Eltern erzählt. Schon damals nicht." Oh ganz schlechtes Thema mein lieber. ,,Vergiss es. Sie sind tot. Mehr musst du nicht wissen." Er wusste ganz genau wann er lieber ruhig blieb. Auch wenn er es nicht immer einhielt - sehr, sehr oft. Aber jetzt tat er es. Und dafür war ich auch echt froh, denn bei diesem Thema wäre ich wirklich aus dem fahrendem Auto gesprungen. Vielleicht wäre ich sogar nicht gestorben, denn dank meiner Kraul-Aktion von vorhin führen wir nicht mehr ganz so schnell. Doch das holte er jetzt wieder raus und drückte noch mal richtig auf's Gas.

Nach knappen drei Stunden hatten wir endlich unser Ziel erreicht. Ich hatte nicht aufgepasst und hatte nun keine Ahnung wo wir uns befanden aber das war mir auch ziemlich egal, als ich das Hotel sah. ,,Wow", war das einzige was ich heraus brachte als wir die Lobbi betraten. Die riesigen Tür mit Glaseinkerbungen schwenkte von alleine auf und gab nun den Blick auf von Marmor gesäumte Empfangshalle frei. Ein schwarze Teppich führte direkt an die ebenfalls mit Glas und schwarzem Marmor gravierten Theke hinter dem eine freundliche Frau mit hochgesteckten Haaren wartete. ,,Mhm, ist etwas anders als unsere Halle." ,,Kannst du laut sagen." ,,Dann werden wir gefasst." ,,Oh du bist so lustig." Er zwinkerte mir einmal zu, was ich nur sah, weil seine Augenbraue unter der dunkeln Sonnenbrille hervor sprang. ,,Weiß ich doch." Er zog die beiden gefälschten Pässe und eine EC Karte heraus. ,,Na dann. Wünsch uns Glück Miss Parker." Dann verschwand er auch schon zu der Blondine. Ich hatte echt bangel das etwas schief gehen könnte, doch nach fünf Minuten kam er ganz entspannt wieder. ,,Ich glaube die mag mich nicht besonders." Ich verdrehte gestresst die Augen. ,,Was hast du nun schon wieder angestellt?" Er grinste. ,,Sie hat's nicht gesagt aber sie fand es nicht besonders angenehm mit einer Sonnenbrille zu reden. Die Etikette halt. Ich hätte ihr auch gerne sagen können, dass meine Freundin mich dazu zwingt." ,,Ohne wärst du nicht rausgekommen mein lieber." ,,Ich weiß. Na komm. Wie haben Zimmer 27."

Ohne ihn würde ich mich hier hoffnungslos verlaufen. Schon alleine um den Fahrstuhl zu finden war ich zu blöd. Zu meiner Verteidigung. Er bestand aus Glas und war damit für mich praktisch unsichtbar. Thomas lachte nur darüber was ich mit schmollen quittierte. Er gab mir als Entschuldigung aber einen Kuss. Damit war das Thema dann auch erledigt und wir betraten unser Zimmer. Und ich wusste jetzt schon, dass es einfach nur unglaublich werden würde.

Die Angst der Schattengeister Where stories live. Discover now