Die fette Zicke die mit Steinen wirft

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Dienstag, 12.01.2016

Mit schnellen Schritten gehe ich den Weg entlang, meine Jacke bis ganz oben zu und meine Hände in meinen Jackentaschen versteckt. Warum muss es denn so verdammt kalt sein? Dauert bestimmt nicht mehr lang, dann watscheln hier Pinguine rum, weil sie denken hier ist der Südpol. Dann kommen die Eisbären, weil sie denken hier wäre der Nordpol. Irgendwann gibt es keine Pinguine mehr, denn die Eisbären haben alle aufgefressen.
Auf einmal wurde ich, durch das klingeln meines Handys, aus meinen naturkatastrophischen Gedanken gerissen.

„Annabelle, wo bleibst du denn?", fragte meine Mutter gestresst, sobald ich ran ging, „Du weißt doch, dass wir heute Besuch bekommen!"
„Mama, komm runter! Ich bin schon unterwegs.", antwortete ich und ging noch etwas schneller, da ich keinen Ärger von meiner Mutter bekommen wollte, falls ich zu spät sein sollte.
„Wie sieht das denn aus, wenn wir sie nach über 10 Jahren endlich mal wieder sehen und du kommst zu spät.", babbelt sie einfach weiter, ohne das, was ich gesagt habe zu beachten.
„Ja, ich beeil mich.", erwiderte ich und versuchte nicht so genervt zu klingen, wie ich es eigentlich war. Immerhin erinnere ich mich nicht mal an diese Leute und bekomme wegen denen auch noch Ärger.

Ich bin schon kurz vor unserem Haus, als ein Auto davor hält und die Leute, die ich für unseren Besuch halte, aussteigen. Eine Frau, mit kurzen blonden Haaren, die ziemlich freundlich wirkt. Ein kleines Mädchen, das ebenfalls blonde Haare hat, die zu zwei süßen Zöpfen geflochten sind und ihre Wangen sind voll mit Sommersprossen. Allerdings sieht sie ziemlich genervt, und nicht süß, aus und knallt ihre Autotür, zur Verdeutlichung davon, gewaltsam zu. Als letztes steigt ein ebenfalls genervter Junge in meinem Alter aus, der genau wie der Rest seiner Familie blonde Haare und wie seine kleine Schwester Sommersprossen hat.
Alle würdigen mich keines Blickes und da sehe ich die Chance, mich hinter der Hecke unserer Nachbarn zu verstecken und sie noch etwas länger zu beobachten. Immerhin bin ich eh schon zu spät.

„Ich kenne diese Leute doch nicht mal! Warum muss ich zu diesem bescheuerten Essen?", regte sich das kleine Mädchen auf, und obwohl sie erst etwa zehn Jahre alt ist, hätte sie meine Gedanken nicht genauer auf den Punkt bringen können. Mama hat zwar gesagt, dass ich damals öfter mal mit dem Jungen gespielt habe, aber man kann mir wohl kaum verübeln, dass ich mich nicht daran erinnere. Es ist schließlich schon eine Ewigkeit her.
„Maddy, ich habe es dir doch schon ganz oft gesagt, ihre Mutter heißt Sarah und das Mädchen heißt Annabelle, obwohl mittlerweile ist sie wohl eher eine junge Frau.", erwiderte die Frau und schaute das kleine Mädchen, das wohl Maddy heißt, etwas genervt an. Eine junge Frau. Irgendwie brachten mich ihre Worte zum Grinsen.
„Diese fette Zicke, die mich immer mit Steinen beworfen hat?", holte mich die Stimme des Jungen wieder aus meinen Gedanken. Das hat er jetzt nicht gesagt! Ich weiß, dass ich im Kindergarten und in der Grundschule mehr gewogen habe, als andere Kinder und ich bin manchmal immer noch eine Zicke, aber er muss es ja nicht so deutlich ausdrücken!

Ohne wirklich darüber nachzudenken, trat ich aus meinem Versteck und ging auf die drei Leute zu, die mich etwas verwirrt anschauten. „Jap, genau die.", antwortete ich auf die Frage des Jungen und lächelte ihn an. Er schaute mich geschockt an, seine Mutter lächelte etwas nervös und Maddy schaute mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Würdest du mich bitte durchlassen, dann kann ich aufschließen.", bat ich freundlich und hielt kurz meinen Haustürschlüssel in die Luft, bis der Junge zur Seite trat und ich ihn bloß dankend anlächelte. Dann schloss ich die Tür auf und wir wurden sofort von meiner Mutter empfangen.

„Annabelle, da bist du ja endlich! Kathrin, ihr seid auch schon da!", freute sie sich, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie kurz davor war mich anzumotzen bevor sie unseren Besuch, der mir jetzt schon echt unsympathisch ist, gesehen hat.
„Sarah, du siehst immer noch so jung aus, wie vor zehn Jahren!", sagte die Frau, die wohl Kathrin heißt, zu Mama und die beiden schlossen sich in eine feste Umarmung. Allerdings musste ich ihr widersprechen. Mama sieht für ihr Alter zwar gut aus, aber trotzdem sieht sie nicht aus wie vor zehn Jahren. Sie müsste ein Vampir sein, um das zu können.
„Los, setzt euch doch ins Wohnzimmer. Oh Gott, Tim bist du groß geworden!", babbelte meine Mutter weiter und der Satz, den eigentlich die Großmutter die man zwei Jahre lang nicht gesehen hat sagt, war natürlich auch dabei. Fehlt nur noch, dass sie ihm in die Wangen kneift.

Ein paar Minuten später saßen wir alle im Wohnzimmer und Mama und Kathrin waren ununterbrochen am reden. Das kleine Mädchen heißt übrigens Maddison und ist tatsächlich zehn. Sie hat allerdings eine Laune, wie ein 15-jähriges Mädchen, dass ihre Tage und Hausarrest hat. Der Junge heißt Tim und ist 17, wird aber in einem Monat 18 und ich persönlich kann noch hinzufügen, dass er ein Arschloch ist und dass er für die Sachen die er gesagt hat, bezahlen wird.

Annabelle [PAUSIERT]Onde histórias criam vida. Descubra agora