Kapitel 6

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>>Du bist das Mathegenie aus meinem Kurs.<< sagte er dann und starrte mich weiter an. Ich würde jetzt natürlich protestieren, sagen, dass ich kein Mathegenie war, doch ich sagte nichts, war zu schüchtern, nickte nur. Dann sagten wir beide nichts mehr, starrten uns nur weiter an.

Sein Blick haftete an meinen Augen und ich konnte nicht anders, als genauso zurück zu gucken. Als es mir aber dann irgendwann unangenehm wurde, senkte ich meinen Blick und sah zu Boden. Ich hörte ein Räuspern und weil wir hier alleine waren, wusste ich, dass es von ihm gewesen sein musste.

>>Wie heißt du?<< fragte er mich dann. Seine Stimme war leise, aber weil es im ganzen Korridor leise war, wirkte sie laut und ließ mich wieder zusammenzucken.

>>Luke.<< murmelte ich dann leise und fing an, auf meiner Unterlippe zu kauen.

>>Ich bin Calum.<< sagte der Junge und als ich aufsah, sah ich, dass er leicht lächelte. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, aber es sah so aus und es war ein Traum, mein Traum, also wieso sollte mir dort jemand fremdes nicht zulächeln?

Und dann heftete sich mein Blick auch schon wieder an meine Schuhe. Es waren meine schwarzen Vans, die ich auch schon heute in der Schule getragen hatte. Sie sahen schon ein wenig gebraucht aus, waren sie auch. Ich hatte zwar noch andere Schuhe, aber das waren mit Abstand meine Lieblingsschuhe.

>>Was machst du hier?<< fragte Calum mich.

>>Weiß nicht.<< nuschelte ich. Was sollte ich denn auch antworten? Träumen? Schlafen? Viel mehr war ja wohl die Frage, was er hier machte, schließlich war das mein Traum.

Und das sagte ich ihm dann auch.

>>Dein Traum?<< er zog eine Augenbraue hoch. >>Nein, nein, du meinst wohl mein Traum.<<

Jetzt war ich derjenige der eine Augenbraue hochzog. >>Nein, mein Traum.<< sagte ich wieder.

Er schien zu überlegen. Also er zog seine Augenbrauen zusammen, sah angestrengt zu Boden also denke ich mal, dass er überlegte. Schließlich sah er wieder auf, sah mir direkt in die Augen und glaubt mir, so ein warmes Braun hab ich noch nie gesehen.

>>Okay, also wir halten fest: Eigentlich schlafe ich jetzt. Und du auch. Und ich träume von dir und in diesem Traum sagst du, dass das dein Traum ist das heißt, dass du von mir träumst und ich dir sage, dass das mein Traum ist, oder?<< versuchte er zusammenzufassen. Ich verstand leider nichts außer 'und' und 'Traum', nickte aber trotzdem.

>>Das heißt, entweder träum ich gerade totalen Mist oder... wir träumen zusammen.<< sagte er. Wieder nickte ich, war nicht in der Lage, irgendeinen produktiven Einwand zu leisten.

>>Das ist verrückt.<< murmelte er, wahrscheinlich nur zu sich selbst aber weil hier sonst niemand war und es deswegen still war, hörte ich es trotzdem. Und wieder nickte ich.

>>Gestern hab ich dich auch gesehen.<< sagte er dann wieder etwas lauter und sah mich direkt an. Mein Blick haftete sich wieder an den Boden; ich wollte nicht schon wieder starren und hoffte, dass er auch bald damit aufhören würde. >>Ja?<< fragte ich leise.

>>Ja. Letzte Nacht. Ich hab die Tür aufgemacht und dann bist du gerade um die Ecke gekommen aber im nächsten Moment, ich hab nur einmal ganz kurz geblinzelt, warst du weg. Das war unheimlich.<< erzählte er.

>>Dann warst du das? Ich hatte totale Angst.<< gestand ich und sobald ich realisierte, dass ich gerade zugegeben hatte, dass ich Angst hatte, obwohl ich ein Junge war und Jungen nicht vor allem Angst haben sollten, wurde ich leicht rot.

Ich hörte, wie er schmunzelte und sah dann auf. Ein leichtes Grinsen hatte sich auf seine Lippen gelegt und es sah so aus, als würde er sich über mich lustig machen. Das wäre auch nichts neues. Schließlich lachte mich fast jeder aus.

>>Deswegen habe ich dich heute in Mathe auch so entgeistert angeguckt.<< erzählte er.

>>Warum?<< fragte ich, zugegeben ein wenig verwirrt.

>>Weil ich dich gestern Nacht in meinem Traum schon gesehen hab und vorher noch nie. Ich meine, es war ein Traum und das hier ist auch ein Traum. Morgen, wenn ich aufwache, frage ich mich sicherlich, wie mein Unterbewusstsein so etwas zustande bekommen hat. Und dann werde ich lachen und den Traum im Laufe des Nachmittags vergessen, so, wie es normalerweise bei Träumen ist.<<

Er hatte ja recht. Das war alles nur ein Traum. Ich träumte gerade davon, wie er mir erzählte, dass ich mich in seinem Traum befand. Das mit den Türen ist vielleicht wirklich eine Störung meiner Psyche oder meine blühende Fantasie. Und jetzt hat sich dieser Traum einmal indirekt wiederholt, oder der Traum wurde weitergeführt.

>>Ja, du hast recht.<< stimmte ich ihm murmelnd zu. Danach sagte er nichts weswegen ich auch nichts sagte. Es war eine unangenehme Stille. Und ich hasste unangenehme Stillen.

Ich weiß, ich hasste viele Sachen. Zu viele fremde Leute, zum Beispiel. Oder wenn meine Brüder sich über mich lustig machten. Oder wenn ich überall Leute sah, die miteinander befreundet waren und zusammen Sachen machten während ich alleine da war weil niemand was mit mir zu tun haben wollte. Unbemerkt seufzte ich einmal.

>>Alles okay?<< wollte Calum wissen. Ich biss mir auf die Unterlippe und nickte. Es war alles 'okay' mir ging es gut, es tat nicht weh, keine richtigen Freunde zu haben, ich hatte keine körperlichen Schmerzen, es war einfach nur schade.

>>Wenn ich ehrlich bin, bin ich neugierig, was hinter den anderen Türen ist.<< gab Calum dann zu. Ich sah auf und nickte. >>Ich auch.<<

Sein Grinsen, was zuvor nur ganz leicht und ein wenig schüchtern war, wuchs und er nickte. >>Okay, dann lass uns mal gucken.<<

Ich stimmte ihm kurzerhand zu. Im realen Leben würde ich das niemals machen, aber das hier war ein Traum, also warum nicht?

So liefen Calum und ich nebeneinander her, sahen uns die ganzen Türen an und kamen dann bei einer zum stehen.

>>Die?<< fragte er und als ich nickte, nahm er die Klinke der dunkelgrünen Tür in die Hand und drückte sie herunter. Diese kurze Zeit die diese Aktion eigentlich in Anspruch nahm, kam mir wie eine halbe Ewigkeit vor. Und in dieser kurzen halben Ewigkeit hatte ich genügend Zeit mir die Tür anzusehen. Sie war dunkelgrün mit dunklen Beschlägen. Die Klinke war keine richtige Klinke, eher eine dunkle Schlange, die sich zu einer Klinke gerollt hatte und uns nun aus ihren ekeligen Schlangenaugen anstarrte. Im Allgemeinen waren viele Schlangen auf der Tür, aber es war wohl die Einzige, die sich bewegte.

Die Tür sah geheimnisvoll, nahezu mystisch und bedrohlich aus und es machte mir Angst, dass wir sie gleich öffnen würden und in etwas Unvorhersehbares gerieten. Doch als Calum die Tür nicht aufbekam, fing er an, an der Klinke zu rütteln, bis er irgendwann zurückzuckte und sich die Hand hielt. >>Au, das Vieh hat mich gebissen.<<

>>Nicht dein Ernst.<< sagte ich und sah ihn ungläubig an.

>>Doch! Mach selbst, die wird dich sicherlich auch beißen.<< er hielt sich immer noch die Hand und nickte zur Klinke. Ich schluckte einmal, nahm sie dann auch in die Hand und drückte sie vorsichtig herunter. Es klackte einmal, und die Tür schwang auf. Erstaunt blickte ich über meine Schulter zurück zu Calum der mich ebenfalls erstaunt und fassungslos ansah, doch dann wollte ich gucken, was hinter der Tür lag.

Ich wünschte, ich hätte diese Tür nie aufgemacht.





Naaa, was denkt ihr, was ist hinter der Tür? :D
Meinungen? Kritik?^^

xx_Mrs_H♥♥dings_


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