Kapitel 8

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Finsternis, nichts außer Finsternis. Nicht mal die Sterne waren zu sehen. Es regnete in Strömen und die Bäume wogen sich im Rhythmus des Windes. Der Wind heulte und peitschte an meiner Haut. Mir war kalt und die Dunkelheit verschluckte mich. Ich hatte Angst. Mein Brustkorb hob und senkte sich hektisch. Ich bekam keine Luft mehr.

 Wo war ich? 

Etwas raschelte im Unterholz. Verdammt. 

Nichts außer dem Unwetter und der Finsternis. Warum konnte ich nichts sehen? Ich konnte nur hören und fühlen.

Plötzlich stolperte ich über meine Füße und fiel zu Boden. Matsch, überall Matsch. Ich versuchte nach irgendetwas Greifbarem zu greifen, ein Fels oder sowas in der Art, um mich wieder aufzurichten. Vergeblich. Nichts außer Matsch und Schlamm.

 Ich hörte meinen Namen. 

Woher kam dieses Flüstern? 

Panisch drehte ich meinen Kopf in alle Richtungen. 

Lichtblitze zuckten am Himmel und für einen Bruchteil der Sekunde konnte ich wieder sehen. Da war eine Gestalt, die direkt auf mich zukam und im Einklang des Windes meinen Namen rief.

 ,,Scarlett, Scarlett." 

,,Scarlett, Scarlett, wach auf!"

Als ich schlagartig meine Augen öffnete, blickte mir Victoria entgegen. 

,,Du bist eingeschlafen, Scarlett." Victoria flüsterte immernoch. ,,Man, ich fasse es einfach nicht. Du, die Streberin der Klasse bist mitten im Philosophieunterricht eingeschlafen. Einfach so, ich kann es immernoch nicht glauben. Warum machst du so ein mürrisches Gesicht?"

Ich musste blinzeln und mich erstmal an das grelle Licht gewöhnen, ehe ich etwas sehen konnte. 

Oh nein, ich saß tatsächlich im Philosophiekurs von Mr Donut. Mein Kopf brummte und ich massierte mir die Schläfen.

,,Sehr witzig. Ich bin auch nur ein Mensch," brummte ich und und verkniff mir ein Gähnen.

 Victoria musste lachen.

,,Mach dir keine Sorgen. Wir interpretieren gerade das Höhlengleichnis von...eh..wie hieß dieser Philosoph nochmal? Polta, Palto?"

,,Platon," verbesserte ich sie mit schläfriger Stimme.

Plötzlich wurde Mr Donut auf uns aufmerksam.

,,He, was gibt es da hinten zu tuscheln? Aufhören!"

 Er näherte sich unserem Tisch und kam zu uns herüber. ,,Wenn wir schon dabei sind, vielleicht kann mir ja eine von euch sagen, wie Platons Erkenntnistheorie lautet."

Jetzt stand Mr Donut direkt vor unserem Tisch und durchbohrte uns von oben mit seinem finsteren Blick. Ich räusperte mich und er sah mich erwartungsvoll an. Ich deutete auf die Tafel.

,,Die ersten zwei Ebenen sind wir bereits durchgegangen," fing ich an. ,,Der Gefangene kennt nur Schatten und hält diese für die Realität. Platon möchte uns damit vermitteln, dass wir unsere Wahrnehmungen für real halten, sie es aber nicht sind." 

Sämtliche Augenpaare waren auf mich gerichtet.

,,Der Gefangene durchläuft die nächste Ebene." Ich deutete wieder auf die Tafel. ,,Und sieht das Feuer als Schattenerzeuger und schattenwerfende Gegenstände. Platon möchte uns damit sagen, dass wir durch Bildung über Ursachen lernen."

,,Zeig's ihm," flüsterte mir Victoria zu, sodass nur ich es hörte. ,,Mach ihn platt und zeig ihm, was du drauf hast." Ich musste mir ein Lachen verkneifen.

The mysterious oneWhere stories live. Discover now