Lächelnd lief ich Edan hinterher und somit den Weg nach unten. Obwohl mich einerseits ein komisches Gefühl heimsuchte, freute ich mich darauf wieder mein altes Zimmer zu sehen und dort noch etwas zu holen und schon auf halben Weg zu Stevens Wagen, kam mir auch schon meine Mutter entgegen. Kurz schloss sie mich in die Arme. »Wir können gleich los«, gab sie mir zu verstehen. »Ich sehe, dass du schon fertig bist. Lass es uns hinter uns bringen.« Ich wusste, sie wollte endlich mit dem Ganzen abschließen und einen neuen Lebensabschnitt betreten. Auch ich.

Steven schloss ebenso zu uns auf. Natürlich kam er mit, das wusste ich. Sicher, weil meine Mutter es wollte und es störte mich auch nicht. Wir verstanden uns gut. Freundlich lächelte er mich an und nickte mir zur Begrüßung zu. »Dann lasst uns mal fahren.« Kurzerhand sah er noch Edan von der Seite aus an und lachte. Das lag allerdings sicher daran, weil es ziemlich komisch klang. Wir konnten auch laufen. Für uns war es nicht weit. Zumindest nicht für einen Vampir. Es dauerte womöglich nur ein paar Sekunden und schon wären wir dagewesen. Auch mit den Koffern, aber Edan war mal wieder übervorsichtig und er verstand genau, weshalb Steven lachte. »Warum nicht ein Auto nutzen, wenn wir eines haben«, murmelte er und hielt mir die Tür auf. 

Wie so oft verdrehte ich die Augen und zog die Braue nach oben. Sein Gesicht verschwand hinter seinen langen Haaren und der kurze Blick, der uns beide traf, war nicht einzuordnen. Als sich die anderen beiden dann auch endlich ins Auto setzten, fragte ich Edan: »Ist alles in Ordnung?« Ich wusste sofort, dass ihn etwas bedrückte. Ich fragte erneut nach. »Ich muss dich beschützen. Euch. Das macht mich verrückt, weil ich weiß, dass dieser Daniel noch hier draußen herumrennt und weil ich ihm seinen Bruder genommen habe, wird er sich an mir rächen und mir ist mehr als bewusst, dass du es und das Baby werdet, obwohl ihr nichts dafürkönnt. Es ist schwerer ihn als Vampir zu schnappen. Er hatte seine Jägerausbildung und die ist gut. Es macht mich irre, weil ich weiß, dass ihr nicht in Sicherheit seid. Vielleicht wäre es besser, wenn wir hier erst einmal komplett verschwinden und doch später wieder herkommen.«

Mehr als genug verstand ich Edan. Wenn die Sache anders herum wäre, dächte ich an seiner Stelle nicht anders, aber da war noch Henry. Wir konnten ihn nicht im Stich lassen. Er war alt und uns war allen bewusst, dass er nicht mehr viele Jahre hatte. Das war der einzige Grund. Einen alten Baum versetzte man nicht. Er entschied sich niemals dafür diesen Ort zu verlassen und da er mir so oft in meiner Kindheit half, hatte ich eine Schuld zu begleichen und das war nun einmal für ihn da zu sein. Meine Mutter und Steven verschwanden sowieso irgendwann von hier. Das war mir klar, aber in diesem Moment, war nicht der passende Zeitpunkt und das wussten alle. Wir verdankten Henry. 

Als ich meinen Mund öffnen wollte, schüttelte Edan mit dem Kopf. »Ich weiß, was du sagen willst und ich verstehe dich auch voll und ganz. Deswegen werde ich dich auch nicht zwingen hier wegzugehen.« Ich schlang meine Arme um seinen Oberkörper und drückte mich so fest an ihn, wie es mein Bauch zuließ. Das Baby war im Augenblick ruhig, aber das war sie immer, wenn ich sprach oder mich bewegte, außer wenn ich still dalag, schien sie es nicht zu mögen, denn dann trat sie häufig. Außer zuvor, als wir die Treppen heruntergingen, da war sie so mobil, als würde sie mir irgendetwas sagen wollen. Zumindest hatte ich das im Gefühl. »Wir sollten los, bevor es zu spät wird!«, sprach Steven durch die Scheibe, die zwar geschlossen war, aber wir verstanden ihn trotz dessen gut genug.

Ich schenkte Edan noch einen Blick, bevor ich mich ebenso in den Wagen setzte und er hinter mir die Tür schloss. Jeden Schritt, den er tat; beobachtete ich im Anschluss und er schien noch immer nachdenklich zu sein. Weshalb so ein Mann gerade mich wählte, verstand ich nicht. Er war anmutig, groß, muskulös und wunderbar. Daneben kam ich mir wie ein Heimchen vor, obwohl er immer wieder sagte, wie schön ich doch sei, wie toll er mich fand. Anbei legte ich meine Jacke auf den Schoß und als Edan neben mir Platz nahm und den Zündschlüssel drehte, kaute ich aufgeregt auf meiner Unterlippe herum. Ich nickte ihm zu, als er mich einen Augenblick anschaute, um ihm somit zu zeigen, dass wir losfahren konnten und lehnte den Kopf gegen die Stütze. 

Natürlich war ich innerlich darauf vorbereitet, dass wir unser altes Haus besuchten, in dem so viel geschah und als wir nach wenigen Minuten tatsächlich davor zum Stehen kamen, sah es genauso aus, als wären wir nie weggewesen. Nichts hatte sich verändert. Außer wir. Dass es so schäbig war, war mir allerdings nicht in Erinnerung geblieben, aber vielleicht lag es daran, dass Henrys viel schöner aussah und er immer jemanden fand, der ihm das Haus in Schuss hielt, was bei uns nicht der Fall war. Durch den Suff meiner Mutter damals, war das Gemäuer verfallen. Niemand kümmerte sich darum. Jetzt ebenso nicht. Aber auch wenn wir nun die Möglichkeit durch Edan besaßen, entschieden wir bisher nicht, was wir damit tun sollten. Vielleicht war ein Abriss das Beste. Es wäre günstiger, als der Aufbau und das Verkaufen dieses Häufchen Elends.

Seufzend stiegen wir schließlich alle zusammen aus. Dennoch bemerkte man, wie auch meine Mutter etwas zögerte. Nach ihrem Gesicht zu urteilen schämte sie sich enorm. Trotzdem sagte niemand etwas dazu. Lediglich Edan kam sofort zu mir und schnappte sich meine Hand, um sie fest zu drücken. Damit gab er mir natürlich Halt, aber in diesem Moment war ich ziemlich bei Sinnen. Meine Mutter hetzte jedoch im gleichen Moment an mir vorbei. Steven hingegen holte die Koffer aus dem Wagen und stellte sie an die Tür. Ich wusste nicht, ob er schon einmal hier war, aber dem Anschein nach nicht, denn sein Blick wurde mitleidig. »Wartet kurz. Ich schaue nach, ob alles in Ordnung ist« und schon war Edan verschwunden. Als er im Anschluss aus dem zerfallenen Haus kam sprach er: »Niemand war da. Es ist alles in Ordnung. Ihr könnt rein.« Ich wusste, dass ihm nicht wohl bei der Sache war, aber wir mussten es tun. 

Zuerst trat meine Mutter ein. Nachfolgend ich. Und als wir uns schließlich im Flur befanden, drehte ich mich noch einmal herum und sah, dass sich die beiden Vampire leise unterhielten, aber immer wieder in unsere Richtung schauten. Trotz meines guten Gehöres konnte ich sie kaum verstehen. Des Weiteren war es mir nicht möglich mich zu konzentrieren da meine Nervosität stetig mehr anstieg. Ungeachtet dessen war ich äußerlich vollkommen ruhig. Meine Mutter hingegen zitterte leicht. Dennoch probierte sie es sich nicht anmerken zu lassen. 

Wir ließen die Haustür offen und traten nun leicht verunsichert mit einem Koffer in die Küche. Dort war alles beim Alten, außer das Blut, was kurzzeitig vor meinen Augen aufblitzte und dann wieder verschwand. Mir war bewusst, dass Edan nach der Polizei diesen Ort säuberte. Der Geruch von Peter war längst verschwunden, aber die Bilder in meinem Gedächtnis leider nicht. »Es ist alles noch genau so wie früher.« Die Stimme meiner Mutter war leise. Wir fühlten uns, als passten wir überhaupt nicht mehr an diesen Ort. Es fühlte sich komisch an. Wie aus einer anderen Welt. »Ich werde in mein Zimmer hochgehen und sehen, was ich noch einpacken kann.«

Natürlich war das nicht viel. Trotzdem war da die ein oder andere Erinnerung, die ich wohl mitnehmen würde und ebenso Ballast, den ich abstieß. »Tue das. Ich werde unten ein wenig nachschauen. Vielleicht ist noch etwas Brauchbares dabei.« Nach diesen Worten verließ ich sie und machte mich die Stufen nach oben. Dort angekommen, stand ich erst einmal einen langen Moment vor der Tür meines ehemaligen Kinderzimmers und wollte die Klinge erst gar nicht berühren, tat es dann aber zögerlich doch. Es hatte sich tatsächlich nichts verändert. Ein Bleistift, der mir vor Monaten herunterfiel, lag immer noch in der Ecke auf dem Boden. 

Langsam schritt ich in seine Richtung und hob ihn auf. Im Anschluss lief ich ganz automatisch zum Fenster. Es war extrem stickig und ich brauchte eindeutig Luft. Zugleich entdeckte ich Edan unten vor dem Haus, der mich sofort bemerkte und nach oben schaute. Ich zog die Gardine beiseite, um mir den Griff des alten Fensters zu schnappen. Nachdem frische Luft meine Lungen füllte, hob ich die Hand und winkte ihm zögerlich zu. Er lächelte aufmunternd. Steven hingegen hielt sein Handy am Ohr. Er sprach aber so leise, dass sogar ich es nicht verstand. »Was ist los?«, fragte ich besorgt und Edan gab zurück: »Alexej hat angerufen. Er wusste nicht, dass Steven mitkommt. Ich habe ihm gesagt, dass ihr ein paar Sachen holen wolltet. Deswegen ruft er ihn an. Sie haben Daniel gesehen.«

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Someday III - Lost in youHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin