Hanna

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"Also mein Angebot steht noch, es sei denn du willst lieber im Dreck sitzen."

Erschrocken fahre ich hoch und blicke in zwei eisblaue Augen, die mich vom Sitz eines roten Porsche anblitzen. Natürlich. Der Typ aus dem Zug. Wer sonst würde so einen Satz bringen? Richtig, niemand. 

Schnell wiege ich die Möglichkeiten ab, entweder ich bleibe hier am dunklen Bahnhof sitzen, oder ich steige zu diesem verdammt heißen Typen ein, den ich aber nicht im geringsten kenne und komme heute noch nach New York. Die Entscheidung fällt mir zu meiner Verwunderung nicht schwer und ich hole resigniert Luft.

"Ich muss nach New York."

"Genau wie ich."

"Okay, könntest du mir dann vielleicht helfen..." Gestikulierend deute ich auf meinen vollen Koffer und er steigt aus dem Wagen. Mit erstaunlicher Leichtigkeit hebt er den braunen Koffer hoch, als würde er nichts wiegen und als hätte ich mich damit nicht abgeschleppt. Als er ihn verstaut, spannen sich seine Armmuskeln an und ich starre ihn an. Armmuskeln sind meine Schwäche, ich kann einfach nicht anders. Leider hat er einen unsichtbaren Sensor, der ihn immer warnt, wenn ich ihn anstarre und er ertappt mich wie immer beim Anschmachten. Spöttisch hebt er eine Augenbraue und deutet auf den Beifahrersitz. 

"Wenn du mich die ganze Zeit anstarren willst, kann ich auch wieder fahren, nachdem du ein Foto gemacht hast!"

Ich laufe rot an und steige hastig aus der anderen Seite des Wagens ein. Andächtig setze ich mich auf die schwarzen Ledersitze und streiche vorsichtig über das Armaturenbrett. Als er den Motor startet leuchten viele Symbole auf und es beginnt eine leise Musik zu spielen. Überrascht erkenne ich die vertrauten Klänge des Liedes.

"Ist das How to Save a Life?

"Du kennst The Fray?"

"Ja, meine Freundin Bethany hat mich einmal zu einem ihrer Konzerte geschleppt und seit dem bin ich eine Art The Fray-Freak."

"Das ist ... überraschend."

Fragend sehe ich von der Seite an, doch als mir einfällt, dass er das nicht sehen kann, da seine Augen auf die Straße gerichtet sind, frage ich nach.

"Was ist daran überraschend?"

"Bis jetzt gab es nicht viele, die ich kenne, die das Lied überhaupt schon einmal gehört haben haben."

"Na und? Dann bin ich halt eine der wenigen!"

"Also das waren alles Jungs, die das hören und naja, du bist ein Mädchen..."

Dieser verdammte Mistkerl!

"Also denkst du, nur weil ich ein Mädchen bin, kann ich keine gute Musik hören?! Das ist echt das letzte! Nur weil du..." 

Mir fällt ein, dass ich nicht einmal weiß, wie er heißt.

"...heiß bist?" Er lacht, was mich noch mehr aufregt.

"Nur weil du, wie auch immer du heißt, heißt und einen Porsche fährst, glaubst du natürlich du bist etwas besseres! Warum bin ich eigentlich in dieses Auto gestiegen? Ich weiß ja nicht einmal wie du heißt, verdammt noch mal! Lass mich bitte hier raus!"

Er schweigt, doch ich sehe wie seine Hände das Lenkrad etwas fester umfassen.

"Ryan."

"Was?"

"Ich heiße Ryan und tut mir leid, du kannst hier nicht raus, wir sind mitten auf der Straße, Prinzessin!"

Empört schnappe ich nach Luft. Prinzessin?! Bevor ich ihn mit einem neuen Schwall Schimpfwörter überschütten kann, unterbricht er mich.

"Wir fahren jetzt noch ziemlich lange, also solltest du dich, sollten wir uns ein bisschen zusammenreißen, um überhaupt heil am Ziel anzukommen."

Da ich weiß, dass er recht hat, schlucke ich die bösen Worte hinunter und nicke. 

"Okay. Aber nur unter einer unter einer Bedingung!"

Ryan, sogar sein Name klingt attraktiv, lacht.

"Du hast Bedingungen?"

"Ja. Erstens hör verdammt noch mal auf, mich durch den Spiegel anzuglotzen, zweitens keine Witze über Blondinen und drittens-"

Und drittens hör auf so verrucht heiß auszusehen!

"...-auf eine Antwort auf deine Fragen bekomme ich ebenfalls eine."

"Okay, Blondie, damit wir uns nett unterhalten können", er grinst bei dem Wort nett, "musst du mir deinen Namen verraten!"

"Hanna."

"Also, Hanna, warum willst du um neun am Abend nach New York?"

"Wir sind umgezogen."

"Wir?" 

"Meine Mom und ich. Übrigens war das schon deine zweite Frage, also bin ich jetzt dran!"

Ich überlege schnell, dann stelle ich die erste Frage, die mir in den Sinn kommt. 

"Machst du Sport oder so?"

Für einen kurzen Augenblick wendet mir Ryan seinen unglaublichen Blick zu, eisblau wie immer, dann beginnt er schallend zu lachen. Seine Schultern beben und ich meine Lachtränen in seinen Augenwinkeln ausmachen zu können. Beleidigt verschränke ich die Arme und warte, bis er sich wieder beruhigt hat. Er wischt sich über die Augen und sagt dann etwas ruhiger, aber immer noch amüsiert: 

"Ich spiele Basketball in der Schulmannschaft."

"Lass mich raten, du bist Mannschaftskapitän, oder?" 

"Warum glaubst du das?"

"Weil ... weil in den Filmen der Junge, den das Mädchen trifft, immer Kapitän ist, so wie zum Beispiel in High School Musical."

Wie immer grinst er dämlich.

"Du meinst die heißen Typen sind immer die Mannschaftskapitäne?"

Ja verdammt!

"Nein! Ich meine, die Typen, die sagen, dass sie Basketball spielen sind es meisten und du hast immer noch nicht meine Frage beantwortet!"

"Wenn das so ist, dann beantworte ich diese Frage lieber nicht, sonst würdest du dich wahrscheinlich entweder auf mich stürzen und mit mir singen, wie mit Troy Bolton, oder du wärest enttäuscht."

Seufzend schüttle ich den Kopf über ihn. Sein Ego ist größer als Amerika. Viel zu groß. 

"Okay, andere Frage. Wie heißen deine Eltern?" 

Sein Gesicht verzieht sich. 

Oh nein. 


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Hey, was meint ihr hat er? 

Das oben auf dem Bild ist sein Auto :) 


Black and WhiteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt