49.

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Rain

Ich nutzte die darauffolgende Stille um die fertigen Nudeln aus der Mikrowelle zu nehmen, ein Büschel Basilikum abzuschneiden, um es schließlich zusammen mit Pinienkernen, Parmesan und Olivenöl zu einem Pesto zu verarbeiten.

Mit einem Schwung beförderte ich die Nüsse in den Mixer, die daraufhin mit mehreren Klackern in den Behälter fielen.

Dann die abgezupften Blätter und ein paar Brocken Parmesan und das Ganze wurde zusammen zu einer grünen Masse püriert.

In Gedanken versunken sah ich dabei zu, wie die Pinienkerne in dem Plastiktopf umhergewirbelt wurden.

„Unser Lieblingsessen, was?"

Ich zuckte zusammen und drehte mich zu Éd um. „Richtig – das einzige Gericht, das ich kann, ohne es ganz zu versauen."

„Soll ich dir helfen?"

Als ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen ansah verdrehte er nur die Augen und holte ganz gentlemenlike ein paar Teller aus dem Schrank.

Weit kam er allerdings nicht, da ich ihn zwang die schlammbedreckten Schuhe auszuziehen – seine Jacke und die Regenhose kamen in die Badewanne.

Auf die Frage hin, wo er jetzt seine Residenz hatte, zuckte er nur die Schultern.

Ich biss mir auf die Lippe.

„Éd neben der Besenkammer ist noch ein Raum – das weiß Cohen allerdings nicht..."

„Jeder arbeitet für sich, was?" Die Frage kam schroffer als beabsichtigt, denn Éd hob nur seine Hand. „Tschuldigung bin nur etwas kaputt – habe eine kleine Hütte etwa fünf Kilometer von hier, darum habe ich auch so lange gebraucht um herzukommen und das ging mitten durch ein Feld..."

„Schon gut – würde das ein Problem für dich sein?"

Er schüttelte den Kopf.

Erleichtert lächelte ich. Jetzt hatte ich wenigstens einen in der Nähe, den ich wirklich vertrauen konnte.

„Die Soße ist fertig – und jetzt komm, ich bin schon fast am Verhungern."

Ich musste lachen und haute ihm eine große Portion auf den Teller.

„Hmmmm. Saugut."

Ich lachte wieder und stopfte mir ebenfalls eine Gabel in den Mund.

Himmel auf Erden. Definitiv.

„Und jetzt zum ernsten Teil des Abends:" Wachsam sah ich ihn an, doch er grinste nur. „Wie läufts mit deinem Lover?"

Ich runzelte die Stirn. „Mit welchem...Lover?"

Éd verdrehte die Augen und schob seine Brille ein Stück höher. „Nicht lügen.", neckte er mich, als der Groschen fiel.

„Das nennt man doch nicht Lover – ein Freiwild, um das ehemals fünfunddreißig Mädels gehüpft sind!" Meine Stimme bebte vor Entrüstung.

„Wow Rain Day kann rot werden wie süß."

„Édouard!"

„Er sieht aber echt heiß aus, dieser Jem." Ja, mit Éd konnte man sehr gut über Jungs reden, weil er schwul war UND ein Mädchenkenner. Stockschwul. Allerdings war er weder tuntig noch trug er (bis auf ein mal) Lippenstift – er war nur ein Techniknerd.

Und er war insgeheim in Ian verknallt, was ich jedoch niemanden sagen würde – schon gar nicht Ian.

Aber unter der überraschenden Vielzahl an Schwulen die es in unserem Viertel gab, war er ein echter Männerheld – schlecht sah er ja nicht aus. Und er machte alles mit. Wir Mädels hatten ihn damals geschminkt – neongelber Lippgloss aus einer von Georgias Zeitschriften, die sie mal kostenlos bekommen hatte, hässlichen pinken Lidschatten dazu einen grünen Nagellack. Extra zum Haupttreffen. Cohen war ausgerastet – besonders als er mit seinem damaligen Freund Trevor kam, als „ganz normales Paar" Trevor und Éddianna. Er ist sogar auf das Mädchenklo gegangen.

A Selection Story: Die Rebellin /  #Wattys2016Where stories live. Discover now