Kreuzberg war nie still, aber an manchen Tagen vibrierte die Luft anders.
Es war einer dieser Sommertage, die fast zu warm waren, zu golden, zu laut - aber trotzdem genau richtig. Die Altbauten glitzerten vor Hitze, der Asphalt glänzte weich von der Sonne, irgendwo schrie ein Kind, in der Ferne ein Moped, und aus einem offenen Fenster in der Oranienstraße wummerte ein tiefer Bass. Tupac. Oder vielleicht Mero. War egal. Es war Soundtrack.
Die Schulden waren beglichen.
RB hatte das Geld gebracht. In Scheinen, sauber gezählt, in einem schwarzen Nike-Rucksack, den sie alle kannten. Die Typen aus Neukölln hatten nur genickt. Kein Wort zu viel, kein falscher Blick.
Can hatte gesagt: „Das war's."
Und keiner von ihnen hatte geglaubt, dass es wirklich vorbei war.
Aber für den Moment... war es das.
Wir saßen im Hof, fast alle.
Abu lümmelte auf der kleinen Mauer, das pinke Cap nach hinten gedreht, Sonnenbrille auf der Nase, Beine weit ausgestreckt.
Can lag auf einer Decke, Shirt ausgezogen, Sonnenstrahlen auf seiner tätowierten Brust. Er schrieb irgendwas in sein Handy - wahrscheinlich neue Lines, wie immer.
RB stand am Zaun und rauchte, Sonnenlicht blitzte auf seiner Uhr. Er wirkte ruhig. Nicht locker, nicht fröhlich - aber ruhiger als die letzten Wochen.
Bené grillte. Natürlich. Seine tragbare Box stand daneben, Afro-Trap knallte raus, er hatte sich das Lächeln wieder angezogen, wie einen Mantel.
Ich saß auf einem alten, wackeligen Stuhl. Kopfhörer locker um den Hals, Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Meine Haare waren noch nass von der Dusche, ich trug ein altes Shirt von Abu - viel zu groß, aber weich und warm vom Tragen.
Symba kam mit zwei kalten Cola-Flaschen an, warf mir eine rüber.
„Du brauchst Zucker, Sonnenschein", sagte er, und ich grinste.
„Ich bin Zucker", gab ich zurück.
RB hörte's und drehte sich halb zu uns.
„Wallah, du bist nicht Zucker, du bist Gift. Aber ich mag's."
Ich warf ihm den Plastikdeckel meiner Cola-Flasche an den Kopf.
Er fing's mit zwei Fingern, grinste schief.
„Du wirst frech heute."
„Fühl mich frei", sagte ich, und es war nicht mal ein Spruch.
Es war echt.
Die Sorgen waren weg.
Nicht für immer. Nicht wirklich. Aber sie lagen irgendwo weit hinten im Schatten.
Jetzt war nur Sonne.
Can stand plötzlich auf, nahm sein Handy und schaltete die Musik auf laut. Ein neuer Beat. Schwer, aber groovy. Die Jungs pfiffen anerkennend.
„Frisch aufgenommen", sagte er, und dann fing er an, drüber zu rappen.
Frei. Einfach so. Kein Mic, keine Bühne, nur Stimme und Beton.
Seine Worte flogen über uns, scharfe Reime, Wahrheit in Silben verpackt.
Über Straße. Über Schmerz. Über Freundschaft. Über Familie.
Über Kreuzberg.
RB klopfte ihm danach auf die Schulter. „Das wird ein Hit, Bruder. Ich schwör."
„Noch nicht", sagte Can. „Aber bald."
Enes brachte Baklava.
Selim hatte kalten Ayran.
Jemand hatte Wassermelone aufgeschnitten, große rote Stücke, süß und kühl.
Es war wie ein kleines Fest.
Ohne Grund.
Oder vielleicht gerade deswegen.
Abends wollten wir an den Kanal. Shisha, Musik, chillen.
Aber jetzt - war einfach nur hier.
Hof, Sonne, Freunde.
Ich lehnte mich zurück, schloss kurz die Augen.
Hörte das Lachen, das Klirren von Flaschen, das Knistern vom Grill.
Das war unser Sommer.
Zwischen Beton und Hitze, Dreck und Sehnsucht, mit einem Fuß im Schatten, einem im Licht.
RB kam zu mir, blieb vor meinem Stuhl stehen.
„Alles gut jetzt?" fragte er.
Ich nickte.
„Für jetzt."
Er beugte sich runter, drückte mir seine Zigarette in die Hand.
„Dann rauch mal was echtes, Sonnenschein."
Ich nahm sie.
Zog.
Lächelte.
Und sah in seine Augen. Dunkel, müde, wachsam. Aber da war auch ein kleiner Funke - vielleicht Stolz. Vielleicht Erleichterung.
Can rief was von hinten.
Abu lachte laut.
Ich lehnte mich zurück, ließ die Sonne mein Gesicht wärmen.
Für ein paar Stunden war alles gut.
Und das reichte.
KAMU SEDANG MEMBACA
RAFIQA | abuglitsch
Fiksi Penggemar„𝗨𝗻𝗱 𝘄𝗲𝗶𝗹 𝗱𝗶𝗲 𝗪𝗮𝗵𝗿𝗵𝗲𝗶𝘁 𝗴𝗲𝗳ä𝗵𝗿𝗹𝗶𝗰𝗵 𝗶𝘀𝘁,"𝗳ü𝗴𝘁𝗲 𝗲𝗿 𝗹𝗲𝗶𝘀𝗲 𝗵𝗶𝗻𝘇𝘂,„𝗮𝗯𝗲𝗿 𝗨𝗻𝘄𝗶𝘀𝘀𝗲𝗻...𝗸𝗮𝗻𝗻 𝘁ö𝗱𝗹𝗶𝗰𝗵 𝘀𝗲𝗶𝗻." Rafiqa wächst in Kreuzberg zwischen Altbauten, Beats und bröckelnden Träumen auf...
