Kapitel 1

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Tag 1 Dienstag von 365

Sicht Stegi


Eine vertraute Stimme weckte mich und rüttelte leicht an meiner Schulter. Es war meine Schwester, sie lächelte mich an.

'Also fahren wir noch? Dieser Ort ist viel zu weit weg.'

"Hey, Stegi. Mama hat gesagt ich soll dich wecken. Wir sind bald da. "Ich blickte nach vorne, links mein Vater, total konzentriert, mit allen seinen sieben Sinnen Richtung Straße gerichtet und rechts meine Mutter. Mit gerunzelter Stirn schaute sie mich durch den Beifahrerspiegel an.

'Merkt sie das ich keine Lust habe. Das ich da nicht hin möchte oder besser gesagt nicht hin will?'

"Stegi!", leicht genervt drehte sie sich zu mir nach hinten um. "Jetzt ist es zu hundert Prozent zu spät 'Nein' zu sagen. Vor allen weil wir schon seit fast drei Stunden fahren und so oder so, es ist allgemein besser, wenn du dort bist und nicht immer vor deinem Computer Zuhause sitzt! Deine Noten sind ja auch nicht wirklich die Besten! Das wird sich alles ändern. Hoffentlich.", sagt sie und schnaufte aus.

'Ihr ernst? Und überhaupt, es stimmt nicht mal was sie sagt. Klar ich war nicht gerade der Beste in meiner alten Klasse aber, ich lese doch sehr viel und das ist ja der Grund warum wir gerade mit einer halben Bibliothek durch die Gegend fahren. Sorry, ich bin halt ein Junge der gern mal, ein oder auch zwei Stunden, am Computer sitzt und vielleicht, hin und wieder, die Zeit vergisst.'

"Man. Bitte. Nerv mich jetzt nicht. Du weißt doch gar nicht über was ich gerade nachdenke. Lara hat mich gerade geweckt! Vielleicht bin ich ja noch müde.", kam es nur als Ausrede aus mir herausgeplatzt. "Stegi bitte!", mit diesen Worten meldete sich jetzt auchmein Vater zu Wort. "Du kannst dich nicht immer wieder umentscheiden und, ja, wie deine Mutter schon gesagt hat, es ist zuspät! Wir zahlen viel Geld dafür. Es wird dir dort gefallen, viel Natur, Sport, große Zimmer und wenige Plätze an denen du freies WLAN hast.", beim letzten Punkt schmunzelte er leicht. "Ach danke. Papa du kannst es auch nicht verstehen, weil das einzige das ihr dazu nur sagen könnt ist 'ja du findest neue. Freunde gehen undkommen.', doch sie sind nicht gegangen, sondern ich!", mit dieser Aussage blickte ich nach rechts aus dem Fenster, auf die ganzen vorbei huschenden Bäume, ohne Hoffnung auf eine Antwort.

'Keine Häuser, nicht mal vereinzelt welche. Ja schön weit weg von der Menschheit. Wollen sie mich verarschen?'

Von vorne hört man ein leises aber doch laut genügend, so dass ich es hören konnte, ausatmen meiner Mutter, "Ach Stegi." Wollte sie wieder zu einem Kompromiss ansetzen? Nein! Sie tat es nicht. Keiner wollte noch einen Streit als Höhepunkt der kommenden Verabschiedung. Sie wussten das ich jetzt leicht reizbar war. Sie wussten das ich da nicht hin wollte. Sie wussten das ich Angst hatte vor dieser Verabschiedung.

'Ich kenne dort keinen, ich habe dort keinen. Und muss mir zudem noch mit irgendeinem anderen Typen ein Zimmer teilen. Naja, zumindest sollen die Zimmer groß sein und ein eigenes Bad haben. Zum Glück, in Gemeindeduschen, oder so, könnte ich es niemals aushalten.'

"Ja vielleicht findest du da ja mal einen der zu dir passt.", kam es als kleine Bemerkung von meiner Schwester. "Ach komm. Ich weiß nicht.", brabbelte ich. "Also ich kann's mir gut vorstellen. Es ist ja kein normales Internat, sondern ein 'Sport-Internat nur für Jungs', außer halt die circa 50 Mädchen, die es trotzdem, irgendwie, auf diese Schule geschafft haben, dort sind bestimmt ein paar süß Jungs mit guten Körpern. Und nicht irgendwelche Lauch-Jungs.", kicherte sie. "Also mit Lauch-Jungs meinst du solche wie mich? Ja danke!" Mein Vater schaute sie leicht grimmig durch den Rückspiegel an. "Lass es Lara!", versucht er es zu retten. "Sorry. War ja nicht so gemeint.", sie schmunzelt. "Jaja, passt schon. Ist ja so.", gab ich nur als Antwort und fing leicht an zu lachen. Sie natürlich mit mir. "Ich werde die Zeit mit dir vermissen, also in der wir immer über jede dumme scheiße lachten.", murmelte ich und suchte währenddessen mein Handy. "Denkst du ich nicht?", verdutzt schaute sie zu mir rüber und fügte hinzu, "Falls du dein Handy suchst ich habe es. Es ist vorhin ein paarmal vom Sitzgerutscht. Hier." Sie gab mir mein Handy zurück. "Danke", sagte ich und lächelte dabei meine Schwester freundlich an. Langsam wurden es immer weniger Bäume, rechts und links, neben der Straße und es werden immer mehr freie Wiesen. "Ist das da ganz vorne, also am Ende der Straße, Stegis neue Schule?", fragte meine Schwester. "Ja, das ist Stegis neue Schule!", betonte mein Vater. Er fuhr immer langsamer. Rechts auf meiner Seite war ein, nicht zu kleiner aber auch ein nicht zu großer, See zu sehen, der fast bis ans Gebäude reichte und um den sich wieder ein kleiner Wald bildete. "Gehört der See auch noch zum Internat?", stellt meine Schwester wieder die Frage. "Jo.", kam es dabei nur von meinem Vater. Er hielt an und wir standen vor einem großen Tor. Ein hoher Zaun rechts am Weg entlang, bis zum See und links bis zu einer großen Halle, wahrscheinlich für Basketball, schlossen das große Gebiet ab. Doch noch vor dem Weg war, so etwas wie, ein kleines Häuschen, in dem ein Pförtner oder ähnliches saß. Mein Vater kurbelte sein Fenster runter und begrüßte den Mann, dann gab er ihm eine Mappe mit Unterlagen, wahrscheinlich einige über mich. Der Mann nickte und öffnete mit einer Fernbedienung das Tor. Wir fuhren auf das große Gelände, vor die angeblichen Schule. Ganz an die Schulen konnte man nicht hin, da dort kleine Abschnitten von Blumenkästen oder Wiesen als Dekoration standen.
Wir stiegen aus. Emotionslos starrte ich auf das viel zu große Gebäude.

Stexpert | So anders bin ich nicht!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt