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Jungkook rannte, als gäbe es kein Morgen, seine Lungen brannten, seine Beine zitterten, doch er hörte nicht auf. Er rannte, bis seine Kräfte versagten und er auf dem kalten, harten Asphalt zusammenbrach. Statt sich aufzurappeln, blieb er reglos liegen, sein Körper bebte, als würde ihn eine unsichtbare Kraft niederdrücken. Seine Augen füllten sich mit Tränen, die unaufhaltsam über seine Wangen liefen und auf den Boden tropften und dunkle Flecken auf dem grauen Beton hinterlassen.
Wie konnte er nur so naiv sein?
So unglaublich blind für die Realität?
So blöd.
Warum hatte er geglaubt, dass sich die Dinge ändern könnten, dass die Vergangenheit vergeben und vergessen wäre?
Es gab einen Grund, warum sie sich damals getrennt hatten – einen Grund, der so schmerzhaft war, dass er ihn fast erdrückte. Es wäre zu schön gewesen, zu perfekt, um wahr zu sein, wenn der Ältere einen Sinneswandel durchgemacht hätte. Doch das Leben war nicht perfekt.

Frustriert und voller Selbsthass schlug er immer wieder mit seinen Fäusten gegen den steinigen Boden, als wolle er seine Wut und Enttäuschung in jedem einzelnen Stein vergraben. Seine Tränen vermischten sich mit dem Schmutz auf dem Asphalt und bildeten kleine Tränenflüsse, die langsam in die Dunkelheit verschwanden.
Es schmerzte ihn so sehr so unerträglich, dass er das Gefühl hatte, zu zerbrechen.
Warum musste es ausgerechnet ihn treffen?
Warum war er es, mit dem gespielt wurde?
Hätte es nicht jemand anderes sein können? Er war doch immer freundlich und lieb gewesen, hatte immer seine Hilfe angeboten und war immer für alle da, wenn sie ihn gebraucht hatten. Doch jetzt, in diesem Moment, wurde ihm bewusst, dass er die ganze Zeit über nur ausgenutzt worden war. Er war nichts weiter als ein Spielzeug, ein Mittel zum Zweck. Kein Wunder also, dass Taemin ihm das antat.
Er war wirklich naiv.
Diese verfluchte rosarote Brille, die seine Wahrnehmung trübte und ihn in eine trügerische Welt voller Hoffnung und Schönheit eintauchte. Seine selbst geschaffenen Hoffnungen und Gefühle, die er sich selbst einredete, waren an allem schuld.
Er war selbst an allem schuld.

Immer wieder schlug er mit seinen Fäusten auf den Boden, bis seine Fingerknöchel bluteten, doch er spürte den Schmerz kaum. Er verdiente den Schmerz, ja, er sehnte sich danach, sich selbst zu bestrafen für seine Dummheit, für seine Naivität, und das war das Mindeste, was er tun konnte.
Er hatte sowieso nichts mehr zu verlieren. Sein Herz, seine Würde, sein Selbstwertgefühl – all das war gebrochen, zerstört, wie ein zerbrochenes Glas, das nicht mehr zusammengefügt werden konnte. Er verblutete innerlich, langsam, qualvoll, und doch war er machtlos, sich dagegen zu wehren.
Er wollte schreien, wollte seine Wut und seinen Frust herausschreien, bis seine Stimme versagte und seine Kehle brannte wie Feuer. Doch seine Kehle war wie zugeschnürt von unsichtbaren Händen, die ihn zum Schweigen brachten, und seine Lippen bebten unkontrolliert. Stattdessen presste er seine Augen zusammen, doch es war aussichtslos die Tränen zurückzuhalten, die sich ihren Weg über seine Wangen bahnten.

Nach einer Weile, in der Jungkook seine Fingerknöchel bis auf die Knochen aufschlug, entdeckte Taehyung den Blonden am Boden liegen. Mit einem besorgten Ausdruck auf seinem Gesicht eilte er zu ihm hinüber. Als er die blutverschmierte Hand des Jüngeren erblickte, griff er nach seinem Handgelenk, als dieser gerade dabei war, zum nächsten Schlag anzusetzen, und beendete so die schmerzhafte Tätigkeit des blonden Jungen.
Der Blonde fuhr bei der Berührung zusammen und sah über seine Schulter in das mitfühlende Gesicht von Taehyung. "Hau ab", schluchzte er. Die Tränen liefen noch immer unaufhörlich über seine Wangen und er riss seine Hand aus Taehyungs Griff, unfähig, diese Berührung länger zu ertragen.
Jungkook erhob sich, wankte ein wenig und wollte weiterrennen, weg von Taehyung, weg von allem. Er wollte nicht, dass Taehyung ihn in diesem erbärmlichen Zustand sah und ihm somit noch mehr Grund zum Spott gab. Doch Taehyung war schneller als der verletzte Jungkook und stellte sich ihm in den Weg. "Ich meine es ernst. Lass mich alleine!", schrie der Blonde ihn an. Seine Stimme brach und seine Fäuste ballten sich vor Wut. Er war so unglaublich wütend auf sich selbst, auf die Welt und diese verdammten Tränen, die einfach nicht aufhören wollten zu fließen.
Seine Augen brannten vor Schmerz und Verzweiflung, sein Herz schmerzte in seiner Brust und beides tat noch schlimmer weh als seine aufgeplatzten Handknöchel. Er wollte sich wenigstens noch die Demütigung vor Taehyung ersparen, wenn ihm schon nichts anderes erspart blieb. Die Vorstellung, dass Taehyung ihn so sah, zerbrechlich und gebrochen, war unerträglich für ihn.

Austauschschüler - one year ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWhere stories live. Discover now